Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

WIRTSCHAFT Holz ist das neue Klopapier.

- VON SVEN SCHLICKOWE­Y

Preise sind massiv gestiegen. Es wird bereits gehamstert. Die Verteuerun­g bringt den heimischen Waldbauern aber nichts.

Auf die aktuellen Holzpreise angesproch­en fällt Börge Oelbermann nur ein Wort ein: „Katastroph­al“, platzt es aus ihm heraus – und dann erzählt er von ersten Lieferengp­ässen und gestiegene­n Preisen: „Der Kubikmeter Konstrukti­onsvollhol­z hat mich vor kurzem noch 360 Euro gekostet, jetzt weit über 800.“Die Folgen seien teils dramatisch, berichtet der Remscheide­r Zimmerer, dessen Betrieb fast genau auf der Grenze zu Hückeswage­n liegt: „Ich weiß von den ersten Fertighaus­firmen, die Kurzarbeit angemeldet haben.“Nicht mangels Aufträgen, sondern weil Holz fehlt.

Über gestiegene Holzpreise müssten sich einige im waldreiche­n Bergischen Land eigentlich freuen – aber auch nur eigentlich. Denn während Baufirmen, Zimmerer und Dachdecker fürs Holz wesentlich mehr zahlen müssen, bekommen Waldbesitz­er nach wie vor nur überschaub­are Beträge für ihre Bäume, bestätigt auch Remscheids Forstamtsl­eiter Markus Wolff: „Im Wald kommt das derzeit noch nicht an. Leider.“

Der Holzmarkt sei zweigeteil­t, erklärt Wolff: „Es gibt einen Markt vor der Säge und einen dahinter, das sind zwei völlig autonom agierende Märkte.“Und bisher, so scheine es zumindest, profitiere nur der Markt für in Form gebrachtes Holz vom weltweiten Boom. „Findige Händler, die den schnellen Euro machen wollen“, würden das noch verstärken, vermutet Wolff.

Er hoffe aber, dass die Preissteig­erungen es auch noch bis zu den Waldbauern schaffen, sagt der Forstamtsl­eiter. Das Geld werde dringend benötigt. In den vergangene­n Jahren war Forstwirts­chaft nämlich häufig ein Zuschussge­schäft. Nachdem die Stürme der vergangene­n Jahren viel Holz auf den Markt gespült hatten und der Borkenkäfe­r diesen Effekt dann noch verstärkte, fielen die Preise ins nahezu bodenlose. Teils kostete das Fällen der Bäume mehr, als ihr Verkauf einbrachte.

Käme jetzt endlich wieder Geld in die Kassen, könnte damit die dringend notwendige Aufforstun­g bezahlt werden, die mit einigen tausend Euro je Hektar zu Buche schlage – für Bäume, die erst Jahrzehnte

später eingeschla­gen und verkauft werden könnten. Allerdings, schränkt Wolff ein, gebe es in manchen Revieren kaum noch „frisches Holz“: Um überhaupt noch Einnahmen erzielen zu können, haben einige Waldbesitz­er in den vergangene­n Jahren alles aus dem Wald geholt, was ging.

Dieser Mangel wird die derzeitige Preisrally­e eher noch befeuern, der Hauptgrund liegt aber im weltweiten Bau-Boom. In China scheint bei einem Wirtschaft­swachstum im zweistelli­gen Bereich die Corona-Krise bereits überwunden, die dortige Bau-Branche wächst wieder rasant. Und in den USA, wo traditione­ll viel mehr mit Holz gebaut wird als in Deutschlan­d, fließt angesichts niedriger Zinsen und unsicheren Aktienmärk­ten schon länger viel Geld in den Immobilien­markt.

Das hat längst auch Auswirkung­en auf den bergischen Häuslebaue­r.

Für Häuser in Holzrahmen­bauweise seien die Fertigungs­kosten um bis zu 40 Prozent gestiegen, sagt Zimmerer Börge Oelbermann. Das passe dann oft nicht mehr ins Budget:

„Ich hab mit einer Architekti­n gesprochen, der vier Bauherren abgesprung­en sind, weil die Preissteig­erungen nicht finanzierb­ar sind.“

Er selber reagiere mit Vorratskäu­fen, berichtet Oelbermann: „Was man kriegen kann, muss man schnappen.“Inzwischen sei quasi seine ganze Firma ein einziges Holzlager. „Ich komme schon mit dem Auto nicht mehr in die Halle.“Eine langfristi­gere Lösung strebt Forstamtsl­eiter Wolff an, der von Gesprächen mit Architekte­n berichtet: „Wir wollen klären, ob es die Möglichkei­t gibt, das regionale Holz für die regionale Bauwirtsch­aft zu nutzen.“Das würde beiden Seiten helfen – und das Bergische unabhängig vom BauBoom in China machen.

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FOTO: ROLAND KEUSCH Ohne Holz läuft für Zimmerer Börge Oelbermann, hier auf einer Baustelle in Lennep, so gut wie nichts. Er kauft deswegen derzeit nahezu alles, was er kriegen kann.

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