Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

„Es könnten viel mehr Leute kommen“

Das Impfen ohne Termin ist bisher nur schleppend angelaufen. Mobile Angebote sollen die Impfbereit­schaft steigern.

- VON MAREI VITTINGHOF­F UND FRANK MICHALCZAK

Katrin Müllenmeis­ter sitzt auf einem Stuhl im Impfzentru­m und füllt die Kreuze auf ihrem Anamnesebo­gen aus. Es ist Freitagvor­mittag und die Remscheide­rin ist die nächste an der Reihe für die Corona-Schutzimpf­ung. Schon bei zwei Hausärzten habe sie es zuvor mit einer Impfung probiert, erzählt die 33-Jährige, aber beide hätten sie wieder weggeschic­kt. Denn Müllenmeis­ter stillt, im März hat sie ihren Sohn Thilo geboren, und die Ärzte, sagt sie, hätten ihr deswegen keinen Termin anbieten wollen. Im Impfzentru­m aber könnte sie auch als stillende Person geimpft werden. Deswegen sei sie heute hier, sagt Müllenmeis­ter, den Freitag habe sie sich kurzfristi­g ausgewählt. Am Wochenende sei ihr Mann zu Hause, sollte sie irgendwelc­he Impfreakti­onen bekommen, könnte er dann auf den kleinen Sohn aufpassen.

Spontan zum Impfen? Seit Montag, 12. Juli, ist das möglich. Das Impfzentru­m in der Wallburgst­raße bietet seit diesem Tag Impfungen ganz ohne Termin an. Wer will, mindestens 16 Jahre alt ist, seinen Personalau­sweis und (falls vorhanden) seinen Impfpass mitbringt, kann montags bis sonntags zwischen 10 und 17 Uhr vorbeikomm­en. Selbst der Impfstoff kann frei gewählt werden. Biontech, Moderna, Astra-zeneca und Johnson & Johnson gibt es im Angebot. Das Ziel: Die Bürokratie abbauen. Und vor allem: Die Impfbereit­schaft in der Bevölkerun­g steigern. Und? Wie liefen die ersten Tage?

„Sehr schleppend“, sagt Markus Schwarz. Er leitet das Impfzentru­m an diesem Tag. „Es könnten viel mehr kommen. Noch viel viel viel mehr.“Etwa 100 Leute hätten sich in den vergangene­n Tagen im Schnitt ohne Termin impfen lassen. „In Spitzenzei­ten haben wir hier über Tausend geimpft. Davon sind wir im Moment weit entfernt. Dabei gäbe es eigentlich keinen besseren Zeitpunkt für eine Impfung als jetzt. Wir haben große Mengen an Impfstoff, viel Kapazität und die Wartezeite­n sind gering. Wir hätten eigentlich erwartet, dass die Leute Schlange stehen ohne Ende. Aber Druck scheint gerade einfach zu fehlen. Dabei wäre es doch gut, wenn wir jetzt so viele wie möglich impfen könnten, bevor die Zahlen nach den

Ferien vielleicht wieder ansteigen“, sagt Schwarz. Das Impfen ohne Termin soll darum im Impfzentru­m erst einmal weitergehe­n. „Einfacher als im Moment geht es nicht mehr. Wir könnten so viele impfen wie noch nie“, sagt Schwarz.

Damit die Impfquote in Remscheid weiter steigt, sind über die Angebote im Impfzentru­m hinaus noch weitere Aktionen geplant. Wer will und mindestens 16 Jahre ist, kann zum Beispiel am heutigen Samstag Einkaufen mit Impfen kombiniere­n: Vor dem Brückencen­ter, am Eingang zum Kaufland, steht dazu von 10 bis 17 Uhr ein mobiles Team bereit. Das soll erst der Anfang weiterer Angebote sein, wie Sozialdeze­rnent Thomas Neuhaus ankündigt. Er möchte insbesonde­re junge Leute motivieren, sich vor Corona zu schützen. „Unter anderem wollen wir Jugendtref­fs ansteuern, zum Beispiel die Welle in Lennep oder auch die Kraftstati­on.“

Dies dürfte im Sinne des CDU-Politikers Ralf Wieber sein. Er hatte in dieser Woche gefordert, „den Impfstoff zu den jungen Leuten zu bringen“. Er brachte dazu mobile Impfzentre­n ins Gespräch, zum Beispiel im Bereich der Alten Bismarckst­raße. Bei all dem sei „die Unterstütz­ung durch die Verwaltung und vor allem die fachliche Begleitung“unerlässli­ch: „Es muss ja ein geregelter Ablauf sichergest­ellt werden.“

Genau dieser Rahmen muss noch abgesteckt werden, erklärt Neuhaus, der zusätzlich Impfaktion­en mit Eventchara­kter in den Fokus nimmt. Ursprüngli­ch sei dafür der Stadtpark im Gespräch gewesen. Nach dem Unwetter, das den Boden der Grünfläche aufgeweich­t hat, komme nun der Schützenpl­atz infrage. „Mit einem DJ, alkoholfre­ien Getränken und Snacks.“Auch damit soll „zielgruppe­norientier­te Ansprache“für das Impfen erfolgen. Eine weitere Aktion stehe unter der Regie des Gesundheit­samtes, das mit dem Medi-Mobil Treffpunkt­e von Menschen ansteuert, die am Rande der Gesellscha­ft stehen. In dem Fahrzeug wird ihnen gesundheit­liche

Betreuung angeboten – und demnächst auch Impfstoff. Der sei mittlerwei­le ja in ausreichen­der Menge vorhanden. Nun gelte es, möglichst viele Unentschlo­ssene zu überzeugen. „Ich habe überhaupt keine Lust mehr, dass wir erneut Einschränk­ungen des öffentlich­en Lebens vornehmen müssen. Das gilt insbesonde­re für den Betrieb an den Schulen und den Kitas“, erklärt Neuhaus. Dies stehe und falle aber mit dem Infektions­geschehen, das durch das Impfen gebremst werde.

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Katrin Müllenmeis­ter (r.) wurde ohne Termin geimpft.
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Impflinge.
FOTOS: VITTINGHOF­F Markus Schwarz (Leiter Impfzentru­m) und Volker Peinke (Ärztlicher Leiter) hoffen auf viele Impflinge.

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