Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

„Nicht quatschen – anpacken“

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Auf solche Extremsitu­ationen wie in dieser Woche ist niemand vorbereite­t. Die Menschen, die in irgendeine­r Weise von Überflutun­gen und Hochwasser betroffen sind, funktionie­ren nur. Anders ist nicht zu erklären, wie Helfer fast rund um die Uhr in Aktion sein können, um Menschen zu retten, Gebäude zu sichern, Schäden zu beseitigen.

Ich habe selbst erfahren müssen, was es bedeutet, wenn man nahezu hilflos zuschauen muss, wie das Wasser im Keller des eigenen Hauses seinen Weg sucht. Ich habe aber auch erfahren dürfen, Menschen an seiner Seite zu wissen, die in einer ausweglos scheinende­n Situation anpacken und einem so die Möglichkei­t geben, sich sammeln zu können.

Tags darauf führte mich der Weg ins Morsbachta­l. Es sind die Situatione­n als Redakteur, die ich gar nicht mag, aber zum Job im Sinne der Chronisten­pflicht dazu gehören: mit Menschen ins Gespräch kommen, die gerade eine persönlich­e Katastroph­e erleben. An diesem Morgen konnte ich mehr als jemals zuvor mit den Familien mitfühlen – auch wenn ich zugeben musste, dass der Schaden im eigenen Haus im Vergleich zu den Hochwasser-Schicksale­n im Morsbachta­l eine Bagatelle ist.

„Nicht quatschen – anpacken“, bekam ich von einem Mann zu hören, der in der Nacht von Göttingen nach Remscheid gefahren war, um seiner Familie in der Notsituati­on zu helfen. Am liebsten hätte ich meine Gummistief­el aus dem Auto geholt und in diesem Moment mitgeholfe­n.

Leider gibt es aber auch Nachbarn, die nur das Geschehen beobachten und froh sind, dass ihrem Hab und Gut nichts passiert ist. Was ist, wenn diese Leute mal selbst Hilfe benötigen?

GUIDO RADTKE

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