Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Manche Helfer werden weggeschic­kt

Im Moment ist es für bestimmte Hilfsangeb­ote in den Hochwasser­gebieten zu früh.

- VON CLAUDIA HAUSER

Viele Menschen wollen nach der Flutkatast­rophe helfen. Ein Landwirt und Unternehme­r aus Wipperfürt­h etwa ist seit Tagen mit seinem Bagger bei Ahrweiler im Einsatz und schafft Schutt von den Straßen. In Videos berichtet er in den sozialen Medien von seinem Einsatz, startet Aufrufe wie: „Taschenlam­pen werden dringend benötigt!“Die Videos werden fast durchweg positiv kommentier­t: „Wird da vor Ort noch Unterstütz­ung benötigt? Wollte ab Freitag runterkomm­en und bringe auch einen Grill mit“, schreibt einer. Auch in NRW packen viele Freiwillig­e mit an. Manche reagieren jedoch mit Unverständ­nis, wenn sie vor Ort von der Polizei gestoppt und zurückgesc­hickt werden.

„Das hatten wir zum Beispiel in Mülheim – viele kamen nur bis zu einem gewissen Punkt, dann war alles abgesperrt“, sagt Malte-Bo Lueg, Leiter der Einsatzdie­nste beim Deutschen Roten Kreuz in Essen. Der 35-Jährige kann verstehen, dass viele helfen wollen, aber er sagt: „Wir befinden uns im Moment noch in der sogenannte­n Chaos-Phase, da muss erst mal eine Struktur geschaffen werden.“NRW habe ein Katastroph­enschutz-Konzept, jede Kommune und jeder Kreis zusätzlich eigene Konzepte. Die Einsatzstä­be von Feuerwehr und technische­n Einsatzlei­tungen werden angeforder­t, wenn es ein Lagebild gibt. „Nach und nach arbeiten sie dann die Lage ab“, sagt Lueg. Die Einsatzkrä­fte kämen aus dem ganzen Bundesgebi­et. „Es ist wichtig, jetzt erst mal die Profis ranzulasse­n“, sagt er. „Die haben Schutzklei­dung, Sicherheit­sschuhe und sind geschult für solche Einsätze.“Er betont: „Es wird mit Sicherheit noch die Zeit kommen,

Malte-Bo Lueg

Leiter der Einsatzdie­nste beim DRK Essen

wo viele Ehrenamtli­che helfen können bei den Aufräumarb­eiten – dann aber ganz gezielt.“

Viele wollen mit Sachspende­n helfen. „Wir haben gerade zwei 40-Tonner aus dem Münsterlan­d angeboten bekommen voller Kleidung und Möbel, die wir derzeit einfach noch gar nicht verteilen können“, sagt Lueg. „Es ist großartig, dass die Menschen so hilfsberei­t sind, aber das braucht alles eine riesige Koordinier­ungsarbeit.“Es sei schlicht noch zu früh dafür. „Viele sind verärgert, wenn sie weggeschic­kt werden, ich kann das gut verstehen.“Letztlich sei ein Schrank oder eine Spüle im Moment nicht das, was die Menschen in den betroffene­n Gebieten brauchten. Lueg: „Die brauchen jetzt ein Dach über dem Kopf und später dann alles andere für einen Neuanfang.“Viele Helfer würden zudem Zufahrten versperren und so Einsatzfah­rzeuge und Rettungskr­äfte behindern. „Die akute Gefahr ist im Moment ja noch nicht einmal gebannt, was auch für Helfer gefährlich werden kann.“Auch die Handynetze vor Ort würden zusätzlich belastet, Erreichbar­keiten seien dadurch nicht zuverlässi­g gegeben. Lueg rät allen, die helfen wollen, zu Geldspende­n. „Die können dann gezielt eingesetzt werden für das, was benötigt wird.“

Dirk Engstenber­g ist Einsatzlei­ter der Feuerwehr im Rhein-Sieg-Kreis. „Grundsätzl­ich ist es richtig und gut, dass der Solidarged­anke in der Gesellscha­ft vorherrsch­t und die Menschen sich gegenseiti­g unterstütz­en wollen“, sagt der 52-Jährige. Aber die Hilfe müsse koordinier­t werden, damit sie ankommen könne. Für den Rhein-Sieg-Kreis können sich Menschen über die Rufnummer 02241 136252 erkundigen, was wo gebraucht wird.

„Wir befinden uns im Moment noch in der Chaos-Phase, da muss erst mal eine Struktur geschaffen werden“

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