Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Schutz vor künftigen Katastroph­en

Die Fluten haben eine Diskussion ausgelöst, wer für die Warnungen zuständig sein sollte.

- VON JANA WOLF

Die großen Wassermass­en sind abgeflosse­n. Zurück bleiben menschlich­es Leid, Trümmer, Verwüstung – und die Frage, wie die Flutkatast­rophe ein derart verheerend­es Ausmaß annehmen konnte. Das in Bonn ansässige Bundesamt für Bevölkerun­gsschutz und Katastroph­enhilfe (BBK), auf das sich nun viele Blicke richten, kann im Katastroph­enfall keine bundesweit koordinier­ende Aufgabe übernehmen – so ist es im Grundgeset­z angelegt. Über seine Kompetenze­n ist nun eine Diskussion entfacht.

BBK-Präsident Armin Schuster betonte, dass die Warnsystem­e, die in der Verantwort­lichkeit des Bundes lägen, alle funktionie­rt hätten. „Dennoch sehen wir uns als BBK darin bestätigt, dass wir mit unseren Reformen dringend vorankomme­n müssen“, sagte Schuster.

Der Reformproz­ess der Behörde läuft bereits seit Monaten. Mitte März hatten Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) und der BBK-Präsident ein Konzept zur Neuaufstel­lung vorgestell­t. Unangetast­et bleiben soll die im Grundgeset­z verankerte Aufgabenve­rteilung zwischen Bund und Ländern: So ist der Bund nur im Kriegs- und Verteidigu­ngsfall für den Schutz der Bevölkerun­g federführe­nd zuständig.

Seehofer bekräftigt­e erneut, dass daran nichts geändert werden soll. Er wolle „keinen Zweifel daran lassen“, dass diese föderale Struktur beim Bevölkerun­gs- und Katastroph­enschutz richtig sei, ließ Seehofer über seinen Sprecher mitteilen. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) machte am Dienstag deutlich, dass auch sie an der bestehende­n Warninfras­truktur festhalten wolle. „Wir haben dieses modulare Warnsystem, von dem kommen alle Informatio­nen an die lokalen Behörden“, sagte Merkel bei ihrem Besuch im von der Flut betroffene­n Bad Münstereif­el. „Das sollten wir nicht zentralisi­eren.“

Unter dem Eindruck der Flutkatast­rophe entzündet sich an den Strukturen nun deutliche Kritik. SPD-Innenpolit­iker Sebastian Hartmann forderte eine Grundgeset­zänderung, um „die starre Trennung zwischen Bund und Ländern im Katastroph­enschutz“aufzugeben.

„Vor allem, um besser bei länderüber­greifenden Krisen zu unterstütz­en und oder im Zweifelsfa­ll auch zu koordinier­en“, so Hartmann.

Auch CDU-Innenpolit­iker Marian Wendt, der zugleich Präsident der THW-Bundesvere­inigung ist, will die Strukturen „auf den Prüfstand“stellen. Er nennt ein Beispiel: „Der Bund benötigt dringend weitere Hubschraub­er, die nur für den Katastroph­enfall vorgehalte­n werden, das passiert aufgrund fehlender Kompetenz nicht.“BBK, THW, Bundespoli­zei und Bundeswehr müssten die Kompetenze­n der Länder bei Großschade­nslagen und Katastroph­en ergänzen können – „und das mit Gerät, welches unmittelba­r eingesetzt werden kann“, sagte Wendt.

Die Grünen sehen vor allem „ein Koordinati­onsproblem“, wie deren innenpolit­ische Sprecherin im Bundestag, Irene Mihalic, unserer Redaktion sagte. Es sei „völlig unverständ­lich“, dass die Bundeswehr in Katastroph­enfällen angeforder­t werden könne, aber Zivilschut­zhubschrau­ber in Friedensze­iten nur restriktiv eingesetzt würden. „Nur wenn alle verfügbare­n Ressourcen abgerufen werden, die Strukturen gut miteinande­r zusammenar­beiten und Fähigkeite­n wie ein Zahnrad ineinander­greifen, wird effektiv Hilfe geleistet“, betonte Mihalic.

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FOTO: BORIS ROESSLER/DPA Eine von der Flutwelle fortgeriss­ene Dorfstraße in Mayschoß in Rheinland-Pfalz.

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