Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Schutz vor künftigen Katastrophen
Die Fluten haben eine Diskussion ausgelöst, wer für die Warnungen zuständig sein sollte.
Die großen Wassermassen sind abgeflossen. Zurück bleiben menschliches Leid, Trümmer, Verwüstung – und die Frage, wie die Flutkatastrophe ein derart verheerendes Ausmaß annehmen konnte. Das in Bonn ansässige Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), auf das sich nun viele Blicke richten, kann im Katastrophenfall keine bundesweit koordinierende Aufgabe übernehmen – so ist es im Grundgesetz angelegt. Über seine Kompetenzen ist nun eine Diskussion entfacht.
BBK-Präsident Armin Schuster betonte, dass die Warnsysteme, die in der Verantwortlichkeit des Bundes lägen, alle funktioniert hätten. „Dennoch sehen wir uns als BBK darin bestätigt, dass wir mit unseren Reformen dringend vorankommen müssen“, sagte Schuster.
Der Reformprozess der Behörde läuft bereits seit Monaten. Mitte März hatten Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und der BBK-Präsident ein Konzept zur Neuaufstellung vorgestellt. Unangetastet bleiben soll die im Grundgesetz verankerte Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern: So ist der Bund nur im Kriegs- und Verteidigungsfall für den Schutz der Bevölkerung federführend zuständig.
Seehofer bekräftigte erneut, dass daran nichts geändert werden soll. Er wolle „keinen Zweifel daran lassen“, dass diese föderale Struktur beim Bevölkerungs- und Katastrophenschutz richtig sei, ließ Seehofer über seinen Sprecher mitteilen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) machte am Dienstag deutlich, dass auch sie an der bestehenden Warninfrastruktur festhalten wolle. „Wir haben dieses modulare Warnsystem, von dem kommen alle Informationen an die lokalen Behörden“, sagte Merkel bei ihrem Besuch im von der Flut betroffenen Bad Münstereifel. „Das sollten wir nicht zentralisieren.“
Unter dem Eindruck der Flutkatastrophe entzündet sich an den Strukturen nun deutliche Kritik. SPD-Innenpolitiker Sebastian Hartmann forderte eine Grundgesetzänderung, um „die starre Trennung zwischen Bund und Ländern im Katastrophenschutz“aufzugeben.
„Vor allem, um besser bei länderübergreifenden Krisen zu unterstützen und oder im Zweifelsfall auch zu koordinieren“, so Hartmann.
Auch CDU-Innenpolitiker Marian Wendt, der zugleich Präsident der THW-Bundesvereinigung ist, will die Strukturen „auf den Prüfstand“stellen. Er nennt ein Beispiel: „Der Bund benötigt dringend weitere Hubschrauber, die nur für den Katastrophenfall vorgehalten werden, das passiert aufgrund fehlender Kompetenz nicht.“BBK, THW, Bundespolizei und Bundeswehr müssten die Kompetenzen der Länder bei Großschadenslagen und Katastrophen ergänzen können – „und das mit Gerät, welches unmittelbar eingesetzt werden kann“, sagte Wendt.
Die Grünen sehen vor allem „ein Koordinationsproblem“, wie deren innenpolitische Sprecherin im Bundestag, Irene Mihalic, unserer Redaktion sagte. Es sei „völlig unverständlich“, dass die Bundeswehr in Katastrophenfällen angefordert werden könne, aber Zivilschutzhubschrauber in Friedenszeiten nur restriktiv eingesetzt würden. „Nur wenn alle verfügbaren Ressourcen abgerufen werden, die Strukturen gut miteinander zusammenarbeiten und Fähigkeiten wie ein Zahnrad ineinandergreifen, wird effektiv Hilfe geleistet“, betonte Mihalic.