Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Vom Kreisligap­latz auf den heimischen Fernseher

Eine neue Kamera will durch Künstliche Intelligen­z Live-Übertragun­gen im Sport einfacher machen. Vor allem für kleinere Vereine scheint das attraktiv.

- VON EIRIK SEDLMAIR

Das Essener Start-up AI Sports Watch nennt sich ab sofort Staige. Sein Ziel klingt ehrgeizig, fast ein bisschen vermessen: Mithilfe einer neuen Kamera möchte es „den Sport demokratis­ieren“. Das sagte Jan Taube, einer der beiden Firmengrün­der, auf einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz mit dem Mobilfunkr­iesen Vodafone, bei der die Kamera vorgestell­t wurde.

Taube gründete Staige zusammen mit Marvin Baudewig im Jahr 2017.

Sie wollten die Übertragun­g von Fußballspi­elen für kleinere Vereine vereinfach­en und installier­ten Kameras – ausgestatt­et mit Künstliche­r Intelligen­z (KI) – in Stadien und auf Sportplätz­en. Die Vereine konnten somit ihre eigenen Partien im Internet übertragen – ohne W-Lan, nur mithilfe des Mobilfunkn­etzes.

Das neue Modell von Staige heißt K2M. Die ohne Bediener agierende Kamera ist mobil, lässt sich also auch ins Trainingsl­ager oder zum Auswärtssp­iel mitnehmen. Anfangs habe man sich auf den Fußball konzentrie­rt, weil es hier die höchste Nachfrage gegeben habe, so Taube. Inzwischen sei die Kamera auch bei anderen Sportarten in der Lage, dem Spiel zu folgen.

Die KI werde dauerhaft mit neuen Daten und Sportarten gefüttert, sagte Marvin Baudewig – damit sie immer mehr in der Lage sei, auch wichtige Spielszene­n als solche zu erkennen. Beim Vertrieb wird ein Abomodell angeboten: Vereine müssen für die K2M monatlich knapp 150 Euro zahlen. Sie können aber durch eine Paywall für Zuschauer, deren Preis sie selbst festlegen können, oder durch die Zuschaltun­g von Werbung auch weitere Einnahmen erzeugen.

Ein Klub, der die Software von Staige schon länger nutzt, ist der Fußball-Regionalli­gist Wuppertale­r SV. Im Stadion ist eine feste Kamera installier­t, mit der der WSV vergangene Saison Spiele direkt ins Internet übertragen hat. Die Software habe dem WSV geholfen, „durch eine schwere Zeit zu kommen“, sagt Vorstandsm­itglied Peter Neururer. Für die Vereine in den unteren Ligen seien die Ticketeinn­ahmen enorm wichtig, so Neururer. Seit der Corona-Pandemie sind diese fast komplett weggefalle­n. Dank der Einnahmen der Live-Übertragun­g der WSV-Spiele – durch die Zuschauer und Werbepartn­er – im Internet konnte man so einiges abfangen, erklärte der Ex-Bundesliga-Trainer.

Auch Trainer können die Technik einsetzen und zum Beispiel Spielszene­n direkt in der Halbzeit analysiere­n. Damit werde der Amateurspo­rt immer profession­eller, ist Staige-Gründe Jan Taube überzeugt.

Das hat sich unlängst auch der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) zunutze gemacht; „Es bringt uns sehr viel“, sagte Karl Schwarzenb­runner, Bundestrai­ner für Wissenscha­ft und Ausbildung der deutschen Eishockey-Nationalma­nnschaft. Der DEB nutze das System für profession­elle Zwecke, könne so zum Beispiel Spielszene­n im Training einfacher aufnehmen. Auch fürs Scouting sei die Kamera hilfreich: Würden mehr Spiele übertragen, könne man auch potenziell­e Kaderspiel­er leichter beobachten, so Schwarzenb­runner.

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