Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Vom Kreisligaplatz auf den heimischen Fernseher
Eine neue Kamera will durch Künstliche Intelligenz Live-Übertragungen im Sport einfacher machen. Vor allem für kleinere Vereine scheint das attraktiv.
Das Essener Start-up AI Sports Watch nennt sich ab sofort Staige. Sein Ziel klingt ehrgeizig, fast ein bisschen vermessen: Mithilfe einer neuen Kamera möchte es „den Sport demokratisieren“. Das sagte Jan Taube, einer der beiden Firmengründer, auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Mobilfunkriesen Vodafone, bei der die Kamera vorgestellt wurde.
Taube gründete Staige zusammen mit Marvin Baudewig im Jahr 2017.
Sie wollten die Übertragung von Fußballspielen für kleinere Vereine vereinfachen und installierten Kameras – ausgestattet mit Künstlicher Intelligenz (KI) – in Stadien und auf Sportplätzen. Die Vereine konnten somit ihre eigenen Partien im Internet übertragen – ohne W-Lan, nur mithilfe des Mobilfunknetzes.
Das neue Modell von Staige heißt K2M. Die ohne Bediener agierende Kamera ist mobil, lässt sich also auch ins Trainingslager oder zum Auswärtsspiel mitnehmen. Anfangs habe man sich auf den Fußball konzentriert, weil es hier die höchste Nachfrage gegeben habe, so Taube. Inzwischen sei die Kamera auch bei anderen Sportarten in der Lage, dem Spiel zu folgen.
Die KI werde dauerhaft mit neuen Daten und Sportarten gefüttert, sagte Marvin Baudewig – damit sie immer mehr in der Lage sei, auch wichtige Spielszenen als solche zu erkennen. Beim Vertrieb wird ein Abomodell angeboten: Vereine müssen für die K2M monatlich knapp 150 Euro zahlen. Sie können aber durch eine Paywall für Zuschauer, deren Preis sie selbst festlegen können, oder durch die Zuschaltung von Werbung auch weitere Einnahmen erzeugen.
Ein Klub, der die Software von Staige schon länger nutzt, ist der Fußball-Regionalligist Wuppertaler SV. Im Stadion ist eine feste Kamera installiert, mit der der WSV vergangene Saison Spiele direkt ins Internet übertragen hat. Die Software habe dem WSV geholfen, „durch eine schwere Zeit zu kommen“, sagt Vorstandsmitglied Peter Neururer. Für die Vereine in den unteren Ligen seien die Ticketeinnahmen enorm wichtig, so Neururer. Seit der Corona-Pandemie sind diese fast komplett weggefallen. Dank der Einnahmen der Live-Übertragung der WSV-Spiele – durch die Zuschauer und Werbepartner – im Internet konnte man so einiges abfangen, erklärte der Ex-Bundesliga-Trainer.
Auch Trainer können die Technik einsetzen und zum Beispiel Spielszenen direkt in der Halbzeit analysieren. Damit werde der Amateursport immer professioneller, ist Staige-Gründe Jan Taube überzeugt.
Das hat sich unlängst auch der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) zunutze gemacht; „Es bringt uns sehr viel“, sagte Karl Schwarzenbrunner, Bundestrainer für Wissenschaft und Ausbildung der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft. Der DEB nutze das System für professionelle Zwecke, könne so zum Beispiel Spielszenen im Training einfacher aufnehmen. Auch fürs Scouting sei die Kamera hilfreich: Würden mehr Spiele übertragen, könne man auch potenzielle Kaderspieler leichter beobachten, so Schwarzenbrunner.