Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Einzelhändler schüren die Neugier
Was erwartet mich im Geschäft ? Mit einem 360-Grad-Rundgang und Videos zeigt das jetzt auch „Der Andere Laden“.
Das Internet als Werkzeug, um den stationären Handel anzukurbeln? „Das war die Idee“, sagt Werner Koch, Geschäftsführer von
Excit3D. Dass die Idee nicht nur beim renommierten Kaufhaus des Westens in Berlin funktioniert, sondern auch bei kleineren Händlern in kleineren Kommunen, zeigt er auf der Website www.quartier360.de. Einzelhändler aus mehreren Solinger Stadtteilen präsentieren ihre Ladenlokale und ihre Angebote bei virtuellen 360-Grad-Rundgängen.
In Ohligs stieß jetzt „Der Andere Laden“zu den bereits auf der Homepage ohligs360.de versammelten Geschäften. „Das 3D-Netzwerk hat uns schon immer interessiert“, sagt Geschäftsführer Klaus Küll. „Auch die IHK hatte das Projekt ja bekannt gemacht“, ergänzt seine Ehefrau Karen. Beide erklären in kurzen Videos Teile ihres Sortiments. Über das Menü lassen sich die Filme direkt anklicken. Virtuelle Besucher können aber auch durch alle Bereiche des rund 450 Quadratmeter großen Ladens schlendern.
Neben den fünf 360-Grad-Beratungsvideos und einem Corporate Video hat Excit3D zahlreiche weitere Informationsmöglichkeiten eingearbeitet. Es gibt beispielsweise 100 sogenannte Hotspots mit Video- und Audiodateien, Texten und Herstellerinformationen, 50 Einblendungen von Texten und Fotos sowie 34 Fotos mit besonders hohem Kontrast. Excit3D verwendet für die Aufnahmen eine High-End-Kamera mit sechs
Linsen und setzt auch eine Drohne für 360-Grad-Aufnahmen ein.
Finanziert wurde das Projekt zu
90 Prozent vom Land NRW. „Der Andere Laden“erhielt im Januar den Zuschlag. „Dann hatten wir bis Ende Juni Zeit, das Projekt umzusetzen“, erläutert Karen Küll. Das inzwischen ausgelaufene Programm sah eine maximale Förderhöhe von
12.000 Euro vor. Gefilmt wurde in mehreren Etappen. „Ein derartiges Projekt funktioniert nur, wenn beide Seiten mitziehen“, unterstreicht Werner Koch. Bei den Külls musste er keine Überzeugungsarbeit leisten: „Wir haben es von Anfang an mit Social Media begleitet“.
Und was hält Interessenten, die beim virtuellen 360-Grad-Rundgang auf den Geschmack gekommen sind, davon ab, dann doch bei einem reinen Internethändler zu bestellen ? „Wir haben sehr beratungsintensive Bereiche“, erklärt Klaus Küll. „Man muss aber beispielsweise auch probesitzen können. Bei uns bekommt der Kunde auch einen Leihstuhl in Wunschfarbe.“Ein Konzept, das sich bewährt hat. „In 99 Prozent der Fälle ruft der Kunde nach dem Test zu Hause bei uns an und sagt: Schicken Sie mir die Rechnung.“
„Bei unseren hochwertigen und nachhaltigen Produkten geht es um die Beratung und den Service“, betont Karen Küll. „Bestellungen übers Internet sind nicht das große Thema bei uns.“Nur ein bis zwei Prozent des Umsatzes werden über eine GmbH erzielt, in der 28 Läden aus dem Bundesgebiet zusammengeschlossen sind und in der Klaus Küll Gesellschafter ist. „Dabei geht es hauptsächlich um Büroartikel.“
Im Ladenlokal an der Keldersstraße wird dagegen vieles angeboten – vom Bio-Wein über Schuhe bis zu Betten. „Ein Besucher aus Euskirchen etwa kam wegen eines speziellen Pflegesessels, den er in seiner Region nicht erhielt“, nennt Klaus Küll ein Beispiel. „Wir nehmen uns Zeit für die Kunden.“Was außerdem zähle: „Persönlichkeit ist wichtig“– weshalb er und seine Frau auch in den Videos selbst Gesicht zeigen.
Bei dem neuen Angebot gehe es um einen ersten Eindruck von den
Stärken des Einzelhändlers und seines Sortiments, fasst Werner Koch zusammen. Und es gehe darum, Neugier auf einen Besuch zu erzeugen. Beim Handel ebenso wie etwa bei Schloss Burg, für das Excit3D schon verschiedene Präsentationen produzierte. „Unser Hauptgeschäft ist es, Software und Apps zu entwickeln“, sagt Werner Koch. Momentan beteiligt sich das Unternehmen von der Mankhauser Straße an der Entwicklung von personalisierten (Corona-)Schutzmasken: Ein Handyfoto soll ausreichen, damit das Gesicht vermessen und personalisierte Masken in hohen Stückzahlen hergestellt werden können. An dem Projekt sind verschiedene Firmen unter Federführung der Technischen Universität in München beteiligt.