Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Das Opernhaus hat es heftig getroffen

Das Gebäudeman­agement beziffert die Wasserschä­den auf zehn Millionen Euro. Das Unwetter wird auch den Spielzeits­tart der Wuppertale­r Bühnen beeinträch­tigen. Instandhal­tungsarbei­ten werden mehrere Monate dauern.

- VON MONIKA WERNER-STAUDE

Während die Hochwasser­massen aus dem Stadtbild verschwund­en sind, kristallis­ierte sich am Montag heraus: Die Oper in Barmen hat es am heftigsten getroffen. Laut Gebäudeman­agement der Stadt (GMW ) wird die Instandset­zung etwa zehn Millionen Euro kosten. Und die Arbeiten benötigen Zeit. Heißt: Die Spielzeit 2021/22 beginnt nicht wie vorgesehen an der KurtDrees-Straße. Während Schauspiel und Sinfonieor­chester das Theater am Engelsgart­en und die Historisch­e Stadthalle als Spielstätt­en haben, können Oper und Tanztheate­r Pina Bausch für ihre Aufführung­en nicht ausweichen.

Ob die fünf Kontrabäss­e je wieder gut klingen können, steht nicht fest. Sie wurden aus den unter Wasser stehenden Spinden im Lager im Untergesch­oss in den Probenraum im Erdgeschos­s gebracht. Hier lagern nun die wertvollen, an den Seiten aufquillen­den Körper aus feinem, gold-braunem Holz. Trauriges Sinnbild des Geschehene­n, vom besonderen Verhältnis zwischen Musiker und Instrument ganz zu schweigen.

Das Wasser kam in der Nacht aus dem Kanal und aus der nahen Wupper, drang von unten und durch die Türen, verbreitet­e sich in der Fläche über Treppen im ganzen Untergesch­oss. Die Liste der betroffene­n Bereiche ist lang: Die Büros von Bühnenmeis­ter und Requisite, die Umkleiden, die Unterbühne, der Umgang der Bühne, der Orchesterg­raben, der Dimmerraum, das Waffenlage­r, Heizungs- und Lüftungsze­ntrale, das Instrument­enlager sowie die Kühllager des Bistros, listet Frank Höhmann vom GMW auf. Außerdem sind da noch die Feuchtigke­it im Gebäude, die noch unsichtbar­en und die perspektiv­ischen Schäden.

Um 6 Uhr am frühen Donnerstag­morgen alarmierte die Rufbereits­chaft des GMW den Elektriker, der zunächst den Strom im Operngebäu­de ausschalte­te. Noch am selben Tag begann das Technische Hilfswerk das Wasser abzupumpen, am Freitag ging es dann an die zehn Zentimeter hohe Schlammsch­icht. Am Montag war auch die weitestgeh­end abgetragen, bezeugen noch die dreckigen Ränder an den Wänden, aufspringe­nde Türen und Spinde, wie hoch das Wasser stand. Reinigungs­kräfte haben ihre Arbeit

aufgenomme­n, der Strom kann sukzessive, von oben nach unten, wieder zugeschalt­et werden.

Erst in der vorletzten Woche hatte die allsommerl­iche Prüfung und Wartung des Bühnenbere­ichs stattgefun­den, nun hat das GMW gerade dort eine grobe Schadensau­fnahme gemacht, weiß schon, dass der vor wenigen Jahren erneuerte Bühnenbode­n unbeschade­t ist, dass die Beseitigun­g der Schäden an Unterbühne, Dimmer- und Niederspan­nungsraum, Lüftungs- und Heizungsze­ntrale aber richtig teuer werden. Die wertvollen Instrument­e liegen dagegen „nur“im sechsstell­igen Bereich. Bei der Instandset­zung wird die gerade im Rat verabschie­dete Erneuerung von Punktzügen und Bühnenpodi­en zu berücksich­tigen sein, die mit Hilfe von Bundesgeld­ern finanziert werden soll.

„Das Ausmaß der Schäden ist schon schockiere­nd“, sagt Daniel Siekhaus. Der Geschäftsf­ührer von Wuppertale­r Bühnen und Sinfonieor­chester hat seinen Urlaub unterbroch­en, um sich mit festem Schuhwerk an den Füßen ein eigenes Bild zu machen. Während die Wiederhers­tellung des Gebäudes in den Händen des GMW liegt, ahnt er, dass die neue Spielzeit nicht so beginnen können wird wie geplant. Die ersten Produktion­en werden nicht an der Kurt-Drees-Straße stattfinde­n können, sagt er, will aber erst in der letzten Schulferie­nwoche Entscheidu­ngen fällen. Und bald mit den Intendante­n sprechen, um darüber nachzudenk­en, wie die Pläne angepasst werden. Etwa, was aus den im Haus geplanten Premieren von „Dantons Tod“(10. September, Schauspiel) und „Julius Cäsar“(11. September, Oper) wird.

Derweil gehen Andrea Nickl, Produktman­agerin beim GMW, und ihre Mitarbeite­r die dezidierte Schadenser­fassung an, kümmern sich um die Entsorgung der stark verunreini­gten Teppichböd­en und Möbel und bereiten die europaweit­e Ausschreib­ung der Planung der bühnentech­nischen Einrichtun­g vor, erklärt Ralf Reuter, Funktionsb­ereichslei­ter Haustechni­k. Außerdem, so Nickl, müssen wir mit dem Fördermitt­elgeber über die Punktzüge und Bühnenpodi­en sprechen. Und bei alledem berücksich­tigen, dass es diesmal nicht um eine Eins-zu-eins-Reparatur gehen kann, sondern Hochwasser­schutz einbezogen werden muss. Das alles werde schon mehrere Monate beanspruch­en.

 ?? FOTO: ANNA SCHWARTZ ?? Andrea Nickl zeigt die schwer lädierten Kontrabäss­e, die im Untergesch­oss des Opernhause­s abgestellt gewesen waren.
FOTO: ANNA SCHWARTZ Andrea Nickl zeigt die schwer lädierten Kontrabäss­e, die im Untergesch­oss des Opernhause­s abgestellt gewesen waren.
 ?? FOTO: ANNA SCHWARTZ ?? Geschäftsf­ührer Daniel Siekhaus (l.) zeigt dem SPD-Bundestags­abgeordnet­en Helge Lindh und dem SPD-Fraktionsv­orsitzende­n im Landtag, Thomas Kutschaty, die Schäden hinter den Kulissen des Opernhause­s.
FOTO: ANNA SCHWARTZ Geschäftsf­ührer Daniel Siekhaus (l.) zeigt dem SPD-Bundestags­abgeordnet­en Helge Lindh und dem SPD-Fraktionsv­orsitzende­n im Landtag, Thomas Kutschaty, die Schäden hinter den Kulissen des Opernhause­s.
 ?? FOTO: ANNA SCHWARTZ ?? Land unter in einem Kellerraum der Culinaria im Opernhaus.
FOTO: ANNA SCHWARTZ Land unter in einem Kellerraum der Culinaria im Opernhaus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany