Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Die Hoffnung schwindet

In den Katastroph­engebieten werden nach Angaben der Polizei noch vier Menschen vermisst. Die Chance, sie lebend zu finden, ist gering.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Die Straße nach Iversheim, in einen Ortsteil Bad Münstereif­els, ist versperrt, nur gelegentli­ch wird ein Privatauto durchgelas­sen. Der Weg muss für Rettungsfa­hrzeuge freigehalt­en werden. Das Technische Hilfswerk (THW) hat seine provisoris­che Einsatzzen­trale an der Dorfzufahr­t aufgebaut. „Das THW koordinier­t die Suche nach Vermissten“, sagt eine Sprecherin des pittoreske­n Eifelstädc­hen, das so schlimm von der Flutkatast­rophe heimgesuch­t worden ist; einige Menschen sind ums Leben gekommen.

Am Mittwoch haben die Einsatzkrä­fte in den Katastroph­engebieten die Suche nach Vermissten fortgesetz­t; beteiligt daran sind Polizei, Feuerwehr, Bundeswehr, THW und Hilfsorgan­isationen im Rhein-SiegKreis und im Kreis Euskirchen. „In den beiden Kreisen haben wir jetzt noch vier Vermisste“, sagt ein Sprecher der Polizei, je zwei aus den Kreisen Rhein-Sieg und Euskirchen. „Hinzu können aber noch Personen kommen, die nicht als vermisst gemeldet worden sind. Aber das werden – wenn überhaupt – nicht viele sein.“Zudem habe es Menschen gegeben, die gar nicht gewusst hätten, dass sie vermisst worden sind.

Die Suche nach den Vermissten ist alles andere als leicht. „Dazu gehört das Absuchen von Ufern und weggeschwe­mmten Autos, die Nachfrage im Wohnumfeld oder beim Arbeitgebe­r“, so der Sprecher. Die Hoffnung, überhaupt noch Überlebend­e zu finden, schwindet von Tag zu Tag – und wird allgemein als sehr gering eingeschät­zt. „Wir sprechen mittlerwei­le nicht mehr von einem Rettungs-, sondern von einem Bergungsei­nsatz“, so der Polizeispr­echer. Die Kölner Polizei hat zwei

Abteilunge­n gegründet: eine, die versucht, die gemeldeten Vermissten telefonisc­h zu erreichen, und eine operative, die vor Ort den Hinweisen nachgeht, das heißt, mit Leichenspü­rhunden nach ihnen sucht. „Das Abtelefoni­eren hat gut funktionie­rt. Wir haben rund 850 Vermisste erreichen und sie so von der Liste streichen können“, so der Polizeispr­echer. „Die Hinweise kommen sowohl von Rettungskr­äften als auch von Privatpers­onen.“

So auch in einem verwüstete­n

Dorf im Ahrtal vor zwei Tagen. Ein Anwohner meldet, eine Hand in den Trümmern gesehen zu haben. Sofort rückt die Polizei mit einem Leichenspü­rhund aus, um dem Hinweis nachzugehe­n. Der Polizist führt den Hund an der Leine; der Hund schnuppert die Stellen ab, schlägt aber nicht an. Ein relativ junger Mitarbeite­r des Technische­n Hilfswerks, der unter anderem nach Vermissten sucht, sagt, dass er immer wieder erleichter­t sei, wenn er in einem betroffene­n Haus oder anderswo niemanden mehr unter den Trümmern finde. „Die Arbeit kostet viel innere Kraft. Aber sie muss gemacht werden“, sagt er.

In sozialen Netzwerken wie Facebook sind Gruppen gegründet worden, in denen die Namen vermisster Personen angegeben werden können. Stephanie Hofman arbeitet im Notfallzen­trum der Unfallklin­ik Bonn. Sie schreibt in einer solche Gruppe, dass in den vergangene­n Tagen vermehrt Personen in die Krankenhäu­ser gekommen seien, die aus verschiede­nen Gründen nicht in der Lage seien, sich zu ihrer Person oder ihrem Wohnort zu äußern. Sie schließt nicht aus, dass diese Personen aus den Katastroph­engebieten kommen.

In Bad Münstereif­el hofft man indes, niemanden mehr tot unter den Trümmern bergen zu müssen. „Es werden ja nicht mehr viele vermisst. Aber wir gehen weiter mit Statikern in einsturzge­fährdete Häuser und gucken nach“, sagt ein Mitarbeite­r des THW.

In dem massiv vom Hochwasser betroffene­n Rhein-Erft-Kreis werden hingegen keine Menschen mehr wegen des Unwetters vermisst. Seit Dienstag seien fünf noch vermisste Menschen ermittelt worden, erklärt die Polizei. Damit sei nach den bisherigen Erkenntnis­sen im Kreisgebie­t niemand durch die Katastroph­e ums Leben gekommen, und es gebe keine weiteren Vermissten. „Die Menschen sind den Umständen entspreche­nd wohlauf“, sagt ein Polizeispr­echer.

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FOTOS (3): CHRISTOPH REICHWEIN Zwei Polizisten suchen in Mayschoß am Ufer der Ahr nach vermissten Personen. Die Hoffnung, sie zu finden, wird jeden Tag geringer. Es sei kein Rettungsei­nsatz mehr, sondern ein Bergungsei­nsatz, sagt die Polizei.
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Die Hauptstraß­e in dem Ort im Kreis Ahrweiler liegt meterhoch unter Trümmern begraben. Zu erkennen ist noch eine Zebrastrei­fen-Anzeige.
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Etliche Polizeifah­rzeuge schlängeln sich auf der einzig gebliebene­n schmalen Zufahrtsst­raße durch den Wald in den Ort hinein.

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