Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Karlsruhe prüft einen Merkel-Satz
Die Kanzlerin hatte die Thüringer Ministerpräsidentenwahl „unverzeihlich“genannt.
(hom) Das Bundesverfassungsgericht hat am Mittwoch das Verfahren zu einer AfD-Klage gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel eröffnet. Die AfD will vor dem höchsten deutschen Gericht klären lassen, ob Merkel mit Äußerungen zum Ausgang der Thüringen-Wahl und der folgenden Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum thüringischen Ministerpräsidenten gegen ihre Neutralitätspflicht verstoßen habe. Merkel selbst nahm nicht an der Verhandlung teil; für sie war Kanzleramtschef Helge Braun nach Karlsruhe gekommen.
Er verteidigte die Äußerungen Merkels, die während einer Südafrika-Reise zur Wahl Kemmerichs gesagt hatte, dass „dieser Vorgang unverzeihlich ist und deshalb das Ergebnis
rückgängig gemacht werden muss“. Schließlich widerspreche es den Grundsätzen der CDU, wenn Mehrheit mit der rechten AfD gewonnen würden. Kemmerich war im Landtag mit den Stimmen von CDU, AfD und FDP zum Ministerpräsidenten gewählt worden.
Kanzleramtschef Braun sagte zur Begründung für Merkels Aussage, vor allem der Koalitionspartner SPD wie auch mitreisende Journalisten hätten nach einer Positionierung der deutschen Regierungschefin gefragt. Zudem sei es auch mit Blick auf kritische Kommentare in ausländischen Medien um das internationale Ansehen
Deutschlands gegangen. Aussagen zur Innenpolitik sind bei Auslandsreisen absolut unüblich. Auch Verfassungsrichter stellten zum Verfahrensauftakt die Frage, ob es nicht guter Brauch sei, dass im Ausland grundsätzlich nicht über Innenpolitik gesprochen werde. AfD-Parteichef Jörg Meuthen hielt Merkel vor, sie habe versucht, „eine Landtagswahl zu delegitimieren“.
Zum Auftakt hatte das Gericht einen Antrag der AfD auf Befangenheit abgelehnt. Die AfD hatte ihn mit einem Besuch einer Delegation des Gerichts im Bundeskanzleramt zu einem gemeinsamen Abendessen Ende Juni begründet. Eine Entscheidung zu einem eventuellen Verstoß Merkels gegen ihre Neutralitätspflicht wird frühestens in drei Monaten und damit nicht vor der Bundestagswahl Ende September erwartet. (mit dpa/rtr)