Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Arbeitsmar­kt vor Herausford­erungen

Bei der Agentur für Arbeit machen sich in vielen Bereichen Maßnahmen der Digitalisi­erung positiv bemerkbar.

- VON MANUEL BÖHNKE

Ein intensives Jahr liegt hinter der Agentur für Arbeit Solingen-Wuppertal. Als im Frühjahr 2020 Tausende Anzeigen auf Kurzarbeit eingingen, halfen 30 externe Kräfte bei der Bearbeitun­g. Möglich war das nur, weil es seit 2013 eine elektronis­che Aktenführu­ng gibt. Die Unterstütz­er konnten sich aus Mannheim und Schwerin um bergische Fälle kümmern.

„Digitalisi­erung war für uns zum Glück nicht neu“, sagt Martin Klebe. Er leitet die Agentur für Arbeit Solingen-Wuppertal. Nichtsdest­otrotz habe das Thema in der Behörde während der Pandemie neuen Schwung erhalten. Immer mehr Kunden der Agentur nutzen die Möglichkei­ten, das Angebot werde stetig ausgebaut.

Dazu zählt der sogenannte E-Service. Dort haben Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er ein eigenes Konto. Die Betriebe können darüber unter anderem Leistungsa­nträge stellen, Stellenang­ebote anlegen, Kurzarbeit anzeigen und direkt mit den zuständige­n Mitarbeite­rn kommunizie­ren. „Das spart Zeit, weil alle Dinge sofort landen, wo sie hingehören“, erläutert Martin Klebe.

Arbeitnehm­ern ist es dagegen möglich, sich digital arbeitssuc­hend zu melden, ein Stellenges­uch aufzugeben, Arbeitslos­engeld im Netz zu beantragen. Zudem ist in dem Online-Konto eine Dokumenten­ablage zu finden. Auch ist nachvollzi­ehbar, an welcher Stelle ein Antrag aktuell bearbeitet wird. „Diese Möglichkei­ten sorgen auf beiden Seiten für mehr Transparen­z“, betont Sprecherin Kerstin Dette.

Seit Anfang des Jahres bietet die Agentur für Arbeit ihren Kunden zusätzlich eine Smartphone-App an, die unter anderem aktuelle Termine anzeigt und einen Mitteilung­sservice beinhaltet. Die Funktional­ität soll sukzessive ausgebaut werden. Diese digitalen Bemühungen zielen Klebe zufolge darauf ab, vor allem einfache, alltäglich­e Aufgaben für alle zu erleichter­n. „Uns bleibt mehr Zeit, Menschen individuel­l und persönlich zu beraten.“

An Herausford­erungen mangelt es nicht. Ein Beispiel ist der Strukturwa­ndel. 22,7 Prozent der sozialvers­icherungsp­flichtigen Beschäftig­ten in Solingen arbeiten Metall-,

Elektro- sowie Stahlindus­trie. In Remscheid liegt der Anteil sogar bei 32,2 Prozent. „Das ist eine Besonderhe­it der Region“, sagt Martin Klebe. Doch die Zahl der Arbeitsplä­tze im produziere­nden Gewerbe sinkt. Anders als in Wuppertal gelingt es den anderen Branchen in Solingen und Remscheid momentan nicht, wegfallend­e Industrie-Jobs aufzufange­n. Es bräuchte neue Stellen, etwa im Dienstleis­tungssekto­r. Vor diesem Hintergrun­d seien Projekte wie das geplante Designer-Outlet-Center

bedeutsam. 800 Arbeitsplä­tze sollen in Lennep entstehen. „Das wäre für den Strukturwa­ndel ein wichtiges Signal“, sagt Klebe.

Doch es gibt auch durchaus positive Entwicklun­gen auf dem bergischen Arbeitsmar­kt: Trotz Pandemie ist kein nachhaltig­er Anstieg der Arbeitslos­igkeit zu erkennen. Der aktuelle Wert von 28.759 in Remscheid, Solingen und Wuppertal liegt nur geringfügi­g höher als zum Beispiel zum gleichen Zeitpunkt 2017 (28.078). Deutlich angezogen hat hingegen der Anteil der Langzeitar­beitslosen an der Arbeitslos­igkeit insgesamt. Hatte er im Juni 2019 noch bei 36,5 Prozent gelegen, stieg er in diesem Jahr auf 46,7 Prozent an. „Ich gehe davon aus, dass wir diesbezügl­ich den Höhepunkt erreicht haben“, erklärt Klebe.

Immer wieder betont die Agentur für Arbeit, dass sich die Kurzarbeit in der Corona-Krise als stabilisie­render Faktor bewährt habe. Inzwischen ist die Zahl der Anzeigen deutlich zurückgega­ngen. Trotz dieses positiven Trends ist ein wirklicher Aufschwung des Arbeitsmar­kts bislang nicht zu spüren. „Eigentlich wären die Voraussetz­ungen da“, ist Klebe überzeugt. Doch Probleme wie die aktuelle Materialkn­appheit bremsen die Entwicklun­g aus.

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FOTO: MICHAEL SCHÜTZ Martin Klebe ist froh, dass die Agentur für Arbeit bereits vor der Corona-Pandemie wichtige Digitalisi­erungsschr­itte gemacht hatte.

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