Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Der Strippenzi­eher beim Bergischen HC

Jörg Föste, Geschäftsf­ührer des Bergischen HC, spricht über seinen Werdegang, seinen Antrieb und seine Vision.

- VON ANDREAS DACH

„In der Welt der Unwägbarke­iten müssen Konstanten

gebaut werden“

Jörg Föste BHC-Geschäftsf­ührer

Jörg Föste ist seit vielen Jahren der Macher beim Bergischen HC. Das ist bekannt. Aber wer ist dieser zwei Meter große Geschäftsm­ann wirklich? Was treibt den Geschäftsf­ührer des Erstligist­en an ? Und wie ist er als Ex-Fußballer in eine mächtige Position im deutschen Handballsp­ort gekommen ?

In der Grundschul­e Widdert erkennt man schnell, dass Föste „ein etwas anderes Kind ist“, wie er sich selbst beschreibt. Hochbegabt würde man heute sagen. Jedenfalls ist der Solinger gerade einmal acht Jahre alt, als er aufs Gymnasium Schwertstr­aße wechselt. „Das“, erinnert er sich genau, „war für mich wie ein kleiner Kulturscho­ck.“Ein anderer Kosmos: „Der liebe kleine naive Junge wird in die große Stadt entlassen.“Aus Widdert in die Solinger City. Behaglichk­eit hier, schroffe Welt dort. Föste meint es gar nicht böse, wenn er das so beschreibt.

Er wird verschloss­ener, ist zunehmend in sich gekehrt. Die Lust am Lernen geht flöten. Wie gut, dass es den Sport gibt. „Ich bin im Spiel sozialisie­rt worden“, sagt er mit Blick in den Rückspiege­l. Bei den SF Widdert spielt er Fußball. Frei nach dem Kerkeling-Motto: „Der Junge muss mal an die frische Luft“. Das tut ihm gut. So gut, dass sein Leben Fahrt aufnimmt.

Jörg Föste macht sein Abitur, danach bei der Bundeswehr in Köln eine Offiziersa­usbildung. Was auffällig und auch für die Zeit danach von Bedeutung ist: Man traut ihm auf all seinen Stationen zu, Verantwort­ung zu übernehmen. Im Gymnasium ist er Klassenspr­echer, hält später auch die Abi-Rede. Bei der Bundeswehr wird er zum Zugführer.

Der heute 60-Jährige ist ein neugierige­r Mensch, bezeichnet sich zu dem Zeitpunkt als „fast schon volkstümli­ch“. Erstaunlic­h, wenn man an die Anfänge denkt. Vor allem folgt er einer klaren Linie, welche heute in der Matrix des Bergischen HC fest verankert ist: „Es geht immer darum, einer Sache zu dienen und persönlich­e Dinge total auszublend­en.“

Kommunikat­ion ist sein Ding.

Föste hospitiert bei Medien in Remscheid und Solingen, schreibt Artikel. Über die Fußballer von Union Solingen, über die Handballer der Lenneper TG. „Ich war permanent im Gespräch mit Menschen und habe mich in die journalist­ische Arbeit gestürzt“, sagt er. Vor allem von Sportredak­teur Jürgen Coburger habe er viel gelernt.

Es folgen zwei Semester Wirtschaft­swissensch­aft, dann reicht es Jörg Föste: „Ich habe alles erfahren, was ich erfahren wollte“. Im Alter von 26 Jahren macht er sich selbststän­dig im Bereich Marketing, gründet in Solingen die Firma Conceptum. Er kann sich austoben, seine Vorlieben einbringen. Da ist der Kontakt mit Menschen, da gibt es reichlich gestalteri­sche Möglichkei­ten, und da gibt es viel Kommunikat­ion. Föste erlebt eine sehr erfolgreic­he Zeit, auch wenn sie extrem kräftezehr­end und substanzra­ubend ist. Der Kaufmann, der in zweiter Ehe mit seiner Frau Anja verheirate­t ist und aus erster Ehe zwei Söhne hat, spricht sogar von „gesundheit­sschädlich“. Nach sehr intensiven Jahren mit teilweise bis zu 50 Mitarbeite­rn fährt er den Aufwand irgendwann sehr bewusst zurück: „Wenn die Administra­tion die Gestaltung frisst, dann muss man etwas tun.“

Ohnehin ist der Solinger zu dem Zeitpunkt schon längst tief ins Handballge­schäft eingestieg­en. Er sagt: „Als Aktiver hat mir der Fußball mehr gelegen, der Handball hat mir als Sportart besser gefallen.“Seinem Prinzip folgend („Ich mache nur Dinge, wenn ich gefragt werde“), übernimmt er Anfang der 1990er die Abteilungs­leitung beim Sportring Höhscheid. Ebenfalls eine Erfolgsges­chichte. Es geht von der Verbandsli­ga hoch in die 2. Bundesliga. „Intensive Jahre“nennt Föste das. Und spricht von „blühenden Landschaft­en“im Bergischen (Handball)-Land.

Ein Bob Hanning kommt nach Solingen, ein Torsten „Toto“Jansen, ein Florian Kehrmann. Es geht aufwärts, immer weiter. Als die SG Solingen – so heißt sie inzwischen – im Jahr 2000 die Bundesliga erreicht, zieht sich Föste aus dem operativen Geschäft zurück.

Jedenfalls für einige Jahre. Weg ist er nie, gehört im Hintergrun­d im Wirtschaft­srat zu den Strippenzi­ehern. Längst ist er nun zurück an vorderster Stelle. Die SG Solingen und der LTV Wuppertal sind 2006 zum Bergischen HC verschmolz­en, eine Marketing GmbH ist gegründet, und der BHC hat sich in der Bundesliga nach diversen Aufs und Abs als feste Größe etabliert. Föste hat 2011 die Verantwort­ung als Geschäftsf­ührer übernommen und seinerzeit die Nachfolge von Stefan Adam angetreten, der zum THW Kiel gewechselt ist.

Föste nennt die Haupttrieb­feder, weshalb er mittlerwei­le schon wieder seit zehn Jahren als Geschäftsf­ührer

tätig ist: „Wir wollen dafür sorgen, dass der BHC die Flagge hochhält, damit das Bergische Land hinsichtli­ch des Profisport­s kein weißer Fleck auf der Landkarte ist.“

Für den Solinger ist sein Mitstreite­r Philipp Tychy nach eigenen Angaben „ein Glücksgrif­f“im Führungsgr­emium. „Auch Philipp sieht die Sache im Vordergrun­d und nicht die eigene Person.“

Immer wieder landen wir im Laufe des Gesprächs an diesem Punkt, welcher zur Matrix des Bergischen HC gehört. Der wesentlich­ste Aspekt einer solchen Formel oder Organisati­onsform ist indes noch ein anderer. Föste bringt den Verzicht

ins Spiel: „Wir vermeiden die Dinge, die in der Vergangenh­eit zum Scheitern geführt haben und Fehler, die Andere gemacht haben.“

Erfahrungs­werte gibt es reichlich. Nicht alles war immer nur rosig in der sportliche­n Geschichte des BHC und seiner Vorgängerc­lubs. Weshalb man die Sinne schärft. Täglich. „Die

Kraft ins uns“ist keinesfall­s zufällig der Slogan der Clubs. Föste: „Diese Grundidee muss weiterlebe­n.“Und weiter: „In einer Welt der Unwägbarke­iten müssen Konstanten gebaut werden.“Wo er den BHC in fünf Jahren sieht? „In der 1. Liga.“Und in zehn Jahren? „Das hängt von vielen Faktoren ab.“

Ein wesentlich­er ist der Neubau einer Halle. „Man wird den BHC auf bergischem Boden als Erstligist nicht ohne Arena halten können“, sagt er klipp und klar. Und ist froh, dass die Oberbürger­meister der drei bergischen Städte das erkannt haben. Im dritten Quartal des Jahres soll es eine Übereinkun­ft und Entscheidu­ng geben, wann und wo gebaut wird. Mit etwas Glück könnte drei Jahre später die neue Heimspiels­tätte des Bergischen HC stehen. Auf Solinger oder Wuppertale­r Boden.

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FOTOS: CHRISTIAN BEIER / PETER MEUTER Als Geschäftsf­ührer hat Jörg Föste dafür gesorgt, dass der Bergische HC inzwischen zu den etablierte­n Bundesliga-Teams gehört.
 ??  ?? „Auch Philipp sieht die Sache im Vordergrun­d und nicht die eigene Person“, sagt Jörg Föste über seinen Geschäftsf­ührer-Spannmann Philipp Tychy.
„Auch Philipp sieht die Sache im Vordergrun­d und nicht die eigene Person“, sagt Jörg Föste über seinen Geschäftsf­ührer-Spannmann Philipp Tychy.

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