Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Aus Wartehäusc­hen wird ein Kunstwerk

- VON PHILIPP MÜLLER

Vergangene Woche Mittwoch ging nicht nur in Solingen die Welt unter. Um 16 Uhr stand der Solinger Kunstmaler Dirk Balke da in einem Wartehäusc­hen auf dem städtische­n Parkfriedh­of in Gräfrath. „Es schüttete wie aus Eimern“. Keiner ahnte, was sich einige Stunden später an Dramen abspielen würden. Schon am Donnerstag war der Maler dann mit Schaufel und nicht mit dem Pinsel im Einsatz und half, den überflutet­en Balkhauser Kotten mit vielen weiteren Helfern vom Schlamm zu befreien.

Doch seit Dienstag steht er wieder auf dem Friedhof. Vor sich hat er Binderfarb­en aufgebaut. Und seinen Laptop. Auf dem ist ein Bild des Gräfrather Malers Friedrich August de Leuw zu sehen – ergänzt durch eine farbige Skizze von Balke mit dem Lichtturm am höchsten Punkt des Stadtteils. „Den hätte de Leuw auch gemalt“, ist sich Balke sicher.

Zum Hintergrun­d: Balkes früh verstorben­e Tochter liegt auf dem Friedhof. Zusammen mit Andreas Brühne von der städtische­n Friedhofsv­erwaltung

entwickelt­e er die Idee, das herunterge­kommene Wartehäusc­hen zum Kunstwerk zu machen. Balke reichte den Entwurf beim Land ein und bekam den Zuschlag aus einem Fördertopf, der bildenden Künstlern mit einem Stipendium in den Phasen des Lockdowns unterstütz­t. Die Stadt stellt ihm dazu noch die Farben und anderes Material für die Arbeit am Wartehäusc­hen zur Verfügung.

So ein Friedhof sei aber auch ein Ort des Lebens, erzählten Brühne und Balke vergangene Woche Mittwoch mitten im Wolkenbruc­h und genau in der Zeit, in der die Gullys dort schon überliefen. Viele Tiere nutzen die Abgeschied­enheit der Friedhöfe, um dort zu leben. Vor allem Vögel mögen die Bäumen, bauen Nester und ziehen ihren Nachwuchs groß.

Das baut Balke in sein Mauerbild ein. Die Steine fliegen auseinande­r wie bei Pink Floyds „The Wall“. Der Blick hinter die Mauer auf die Gräfrather Natur und den Lichtturm wird möglich. Und die Vögel fliegen in die Freiheit. Mehr als vier Wochen wird der Künstler daran noch arbeiten.

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