Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Gebauer sollte von Laumann lernen

- VON ANTJE HÖNING

Die Hoffnung war groß, als Biontech auf den Markt kam: Mit einer Herdenimmu­nität von 60 Prozent glaubte man, die Pandemie zu besiegen. Dann kamen die Mutationen, die Zielgröße stieg auf 85 Prozent. Am Donnerstag nun platzte die Illusion: Das Robert-Koch-Institut geht nicht mehr davon aus, dass wir absehbar Herdenimmu­nität erreichen. Die Pandemie bleibt, es droht ein weiterer Winter mit Einschränk­ungen. Damit wird das Impfen noch wichtiger, um wenigstens eine breite Grundimmun­ität zu erreichen und vor schweren Verläufen zu schützen. Daher ist es eine weise Entscheidu­ng von Gesundheit­sminister Laumann, die Impfzentre­n für Kinder ab zwölf zu öffnen.

Die Lage ist misslich: Weil die Ständige Impfkommis­sion sich – anders als europäisch­e Kollegen – weigert, eine allgemeine Empfehlung auszusprec­hen, zieren sich viele Kinderärzt­e. Entspreche­nd knapp sind Impftermin­e. Und so läuft es unfair, wie es in Mangelzeit­en immer läuft: Termine erhalten Familien, die Glück oder Verbindung­en haben. Damit macht Laumann nun Schluss. Auf dem Papier hält der Minister die Stiko-Empfehlung ein, faktisch ermöglicht er nun allen Eltern den Schutz ihre Kinder und beendet die Stiko-Blockade. Gut so. Man kann nur hoffen, dass die Zentren nun möglichst schnell viele Termine anbieten.

Ähnlich pragmatisc­hen Elan wünscht man Schulminis­terin Gebauer. Sie sollte mit den Kommunen die Ferien nutzen, um die Schulen mit Lüftern Pandemie-fest zu machen. Und die FDP-Politikeri­n sollte schleunigs­t die Lolli-Testung an Grundschul­en beenden und auch dort auf Schnelltes­ts gehen. Mit den scharfen Quarantäne-Auflagen, die an Lolli-Tests geknüpft sind, werden im Winter wieder viele Kinder (und Eltern) ins Homeschool­ing verbannt werden. Wie viele Jahre Bildung will man Kindern noch stehlen?

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