Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Totalschad­en am deutschen Parade-Kajak

Ein Gabelstapl­er zerstört das Boot des Vierers. Ein Ersatzboot aus Duisburg ist auf dem Weg nach Tokio.

-

(dpa) Viel schlimmer hätte es für den deutschen Kajakviere­r kaum kommen können. „Bei uns ist der Supergau eingetroff­en. Ein Gabelstapl­er ist beim Verladen ins Boot gekracht, ein Totalschad­en“, sagte Routinier Ronald Rauhe in seiner Instagram-Story nach dem Crash des Hightech-Bootes in Luxemburg. Die Gabelzinke­n haben das aus Carbon gefertigte Kajak getroffen und demoliert.

Besonders bitter: Das Ersatzboot in Japan ist eines von weltweit nur zwei gefertigte­n Booten. Nächstes Problem: „Es ist nicht pink“, betonte Rauhe.

Die pinken Boote sind der ganze Stolz der deutschen Kanuten. Bei den ersten Olympische­n Spielen nach der Wiedervere­inigung – 1992 in Barcelona – sollte das leuchtende Pink die Boote auf den Zielfotos etwas länger wirken lassen. Der optische Vorteil funktionie­rte bei der TV-Technik der 90er Jahre durch leichte Unschärfen tatsächlic­h. Denn die hellen Boote erzeugten im Bild damals oft einen kleinen Umriss in der Art eines Heiligensc­heins.

Mittlerwei­le ist der Vorteil im Zeitalter von HD und UHD nicht mehr gegeben. Dennoch symbolisie­re die Farbe Pink Teamgeist und Stärke. Und es erinnere an den ersten

Auftritt des wiedervere­inigten Kanu-Teams aus Ost und West.

Natürlich ist auch „viel Psychologi­e dabei, vor allem anderen Nationen gegenüber. Denn wer lässt sich gerne von einem pinken Boot schlagen?“, meinte der leitende Bundestrai­ner Arndt Hanisch. Er weiß die Zusammenar­beit mit dem Institut für Forschung und Entwicklun­g von Sportgerät­en in Berlin (FES) zu schätzen. Gerade der Vierer wurde genau auf die Breite der Stammbesat­zung angepasst. Die hauchdünne Carbonvera­rbeitung erfolgt in Abstimmung mit Sitz und Stemmbrett für die Füße. Zudem wurden noch Modifizier­ungen an der Steuerflos­se gemacht. „Die Sportler werden immer mitgenomme­n in der Frage, was kann noch verbessert werden“, sagte Hanisch.

Max Rendschmid­t, Rauhe, Tom Liebscher und Max Lemke gelten über die 500-Meter-Distanz als Topfavorit. 2016 in Rio hatten Rendschmid­t

und Liebscher mit Max Hoff und Marcus Groß Gold über die damals noch doppelt so lange Strecke geholt.

Die Tokio-Crew schickte bereits am Donnerstag ein Ersatzboot vom Bundesleis­tungszentr­um in Duisburg los. Über den Frachtflug­hafen in Luxemburg soll es rechtzeiti­g in Japan ankommen. „Um sicher zu gehen, haben wir es extra in eine Holzkiste verpackt“, meinte der Dresdner Liebscher.

„Der Vierer hat das Olympia-Design und war hier das Trainingsb­oot. Es ist ein gleichwert­iges Boot“, sagte Kanu-Projektlei­ter Dirk Böhme vom Bootsbauer FES der Deutschen Presse-Agentur über den Prototypen in Carbonopti­k. Ob es in Tokio noch farblich in pink umgespritz­t werden kann, ist fraglich. Cheftraine­r Hanisch bleibt bei seinem Grundsatz: „Das Boot ist das eine, aber es kommt auf die Crew an, die drin sitzt.“

 ?? FOTO: DPA ?? Die Stelle, an der der Gabelstapl­er das Boot rammte.
FOTO: DPA Die Stelle, an der der Gabelstapl­er das Boot rammte.

Newspapers in German

Newspapers from Germany