Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
HORST ROSENSTOCK
An gestrigen Donnerstag feierte der Sportfunktionär seinen 83. Geburtstag – sein Lebenswerk hat ein neues Kapitel.
Sportverrückter erhält Bundesverdienstkreuz.
Ganz überraschend kam die Nachricht für Horst Rosenstock nicht, als er Anfang Mai einen Brief von Oberbürgermeister Tim Kurzbach erhielt. „Darin wurde mir mitgeteilt, dass man mir das Bundesverdienstkreuz am Bande verleihen wolle“, erzählt der Solinger. „Ich habe mich natürlich gefreut und sofort mitgeteilt, dass ich die Auszeichnung annehme.“Doch bei aller Bescheidenheit sagt Rosenstock auch selbstbewusst: „Bei meiner Vita war ich nicht erstaunt, dass der Antrag, den mein Verein gestellt hatte, seitens der Staatskanzlei befürwortet wurde.“
Was Rosenstock für den Sport, speziell für Badminton, ehrenamtlich geleistet hat, sucht wahrlich seinesgleichen. Mit 18 Jahren trat der gebürtige Solinger 1956 dem STC Blau-Weiß bei und gehört dort seit
1965 zum Vorstand. In 561 Mannschaftsspielen war er aktiv, arbeitete 18 Jahre als Geschäftsführer und ist bis heute Pressewart und Archivar des erfolgreichen Clubs. Das Archiv betreut Rosenstock seit 2002 auch im Verband auf Landes- sowie Bundesebene. „Ich verwalte jeden einzelnen Titelgewinn und bin Ansprechpartner, wenn Sportler ausgezeichnet werden sollen“, beschreibt er die Tätigkeit, die ein hohes Maß an Genauigkeit abverlangt.
Viele Jahre saß Horst Rosenstock in den Spielausschüssen, war Spielleiter in der Bundesliga und darüber hinaus von 1959 bis 1973 auch international als Unparteiischer tätig. „Ich habe früh gefallen am Schiedsrichterwesen gefunden“, erläutert er. Als Badminton bei den Olympischen Spielen in München
1972 Demonstrationswettbewerb war, erlebte Rosenstock einen Höhepunkt. Er war Schiedsrichter des Herren-Doppel-Finales, das vom indonesischen Duo Ade Chandra/ Christian Hadinata gewonnen wurde. Avery Brundage, damaliger Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), war beim
Endspiel dabei. „Das war wirklich etwas ganz Besonderes.“
Dass dieses Ereignis für ihn persönlich unter allen sportlichen Erlebnissen herausragt, ist eigentlich logisch. Denn Horst Rosenstock hat sich nicht nur dem Badminton verschrieben, er bezeichnet sich insgesamt als sportverrückt. Vor allem die Olympischen Spiele haben es ihm und seiner Frau Sigrid angetan. Zwischen 1972 und 2004 war Rosenstock acht Mal bei den Sommerspielen dabei – oft, um für die Badminton-Verbandsmagazine zu berichten, aber vor allem als Zuschauer und Fan.
„Die Spiele 1988 in Seoul (Südkorea) waren herausragend. Man kam ohne Probleme ins Deutsche Haus. Auf einmal stand ich mit Franz Beckenbauer am Nudelstand“, erzählt der Klingenstädter. „Aber auch 1980 in Moskau war es toll, obwohl Deutschland gar nicht teilgenommen hat.“1996 in Atlanta war Rosenstock dann sogar vollakkreditiert, konnte also bei allen Veranstaltungen ganz dicht dabei sein. „Ich konnte den Teilnehmern quasi die Hände schütteln.“
Die Begeisterung für den Sport wuchs bei Rosenstock früh. „Spätestens als Herbert Schade 1952 aus Helsinki die Bronzemedaille mitgebracht hatte, war ich infiziert“, sagt er. „Ich habe alles Mögliche verfolgt, auch den Gewinn der Deutschen Feldhandball-Meisterschaft der Solingen Oheios 1965.“Nur die Winterspiele standen nicht hoch im Kurs. „Das war nie meine Welt.“
Dass er Sport nicht nur gerne sah und ihn betrieb, sondern sich auch engagierte, hat ihm im Laufe der Jahre zahlreiche Auszeichnungen beschert. Rechnet man seine Tätigkeiten zusammen, blickt Rosenstock auf mehr als 150 Jahre Ehrenamt. Neben zahlreichen Ehrennadeln, -plaketten und -tellern erhielt er 2001 das IOC-Diplom und 2005 den Meritorious Service Award des Badminton-Weltverbandes. Stolz ist der Solinger auf die Sportplakette des Landes Nordrhein-Westfalen. „In NRW werden jährlich etwa 200 bis 300 Bundesverdienstkreuze, aber nur etwa 15 Sportplaketten verliehen“, verweist Rosenstock auf die Seltenheit.
Dennoch: Das Bundesverdienstkreuz ist die einzige allgemeine Verdienstauszeichnung Deutschlands und hat damit objektiv den höchsten Stellenwert. Entsprechend festlich war die Zeremonie, die im kleinen Konzertsaal des Theater und Konzerthauses von Tim Kurzbach vorgenommen wurde. „Er hat das ganz toll gemacht“, freut sich Rosenstock, der 20 Familienmitglieder zur
Ehrung einladen durfte. Sein langjähriger Weggefährte Joachim Junker und die Vorsitzende des STC Blau-Weiß Ariane Pott hielten außer dem Oberbürgermeister Reden.
„Ich kenne Horst Rosenstock seit vielen Jahren als überaus engagierten, gewissenhaften und verlässlichen Kollegen, der den Badmintonsport in Deutschland mit geprägt hat. Seine liebenswürdige Art im persönlichen Umgang verbunden mit umfangreicher Sachkompetenz machen ihn zu einem allseits geschätzten Gesprächspartner und Ratgeber. Die Auszeichnung mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ist hoch verdient, und für Horst freue ich mich sehr darüber“, sagte etwa Thomas Born, der Präsident des Deutschen Badminton-Verbandes.
Horst Rosenstock wurde am gestrigen Donnerstag 83 Jahre alt. Sportlich zur Ruhe gesetzt hat er sich noch nicht – und wann dies geschieht, ist offen. „Gerade wenn es um das Archiv geht, muss man erst einmal jemanden finden, der es weiterführen möchte“, erläutert er. Der Badmintonsport wird also wohl noch eine Weile von Rosenstocks Engagement profitieren.