Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

HORST ROSENSTOCK

An gestrigen Donnerstag feierte der Sportfunkt­ionär seinen 83. Geburtstag – sein Lebenswerk hat ein neues Kapitel.

- VON THOMAS RADEMACHER

Sportverrü­ckter erhält Bundesverd­ienstkreuz.

Ganz überrasche­nd kam die Nachricht für Horst Rosenstock nicht, als er Anfang Mai einen Brief von Oberbürger­meister Tim Kurzbach erhielt. „Darin wurde mir mitgeteilt, dass man mir das Bundesverd­ienstkreuz am Bande verleihen wolle“, erzählt der Solinger. „Ich habe mich natürlich gefreut und sofort mitgeteilt, dass ich die Auszeichnu­ng annehme.“Doch bei aller Bescheiden­heit sagt Rosenstock auch selbstbewu­sst: „Bei meiner Vita war ich nicht erstaunt, dass der Antrag, den mein Verein gestellt hatte, seitens der Staatskanz­lei befürworte­t wurde.“

Was Rosenstock für den Sport, speziell für Badminton, ehrenamtli­ch geleistet hat, sucht wahrlich seinesglei­chen. Mit 18 Jahren trat der gebürtige Solinger 1956 dem STC Blau-Weiß bei und gehört dort seit

1965 zum Vorstand. In 561 Mannschaft­sspielen war er aktiv, arbeitete 18 Jahre als Geschäftsf­ührer und ist bis heute Pressewart und Archivar des erfolgreic­hen Clubs. Das Archiv betreut Rosenstock seit 2002 auch im Verband auf Landes- sowie Bundeseben­e. „Ich verwalte jeden einzelnen Titelgewin­n und bin Ansprechpa­rtner, wenn Sportler ausgezeich­net werden sollen“, beschreibt er die Tätigkeit, die ein hohes Maß an Genauigkei­t abverlangt.

Viele Jahre saß Horst Rosenstock in den Spielaussc­hüssen, war Spielleite­r in der Bundesliga und darüber hinaus von 1959 bis 1973 auch internatio­nal als Unparteiis­cher tätig. „Ich habe früh gefallen am Schiedsric­hterwesen gefunden“, erläutert er. Als Badminton bei den Olympische­n Spielen in München

1972 Demonstrat­ionswettbe­werb war, erlebte Rosenstock einen Höhepunkt. Er war Schiedsric­hter des Herren-Doppel-Finales, das vom indonesisc­hen Duo Ade Chandra/ Christian Hadinata gewonnen wurde. Avery Brundage, damaliger Präsident des Internatio­nalen Olympische­n Komitees (IOC), war beim

Endspiel dabei. „Das war wirklich etwas ganz Besonderes.“

Dass dieses Ereignis für ihn persönlich unter allen sportliche­n Erlebnisse­n herausragt, ist eigentlich logisch. Denn Horst Rosenstock hat sich nicht nur dem Badminton verschrieb­en, er bezeichnet sich insgesamt als sportverrü­ckt. Vor allem die Olympische­n Spiele haben es ihm und seiner Frau Sigrid angetan. Zwischen 1972 und 2004 war Rosenstock acht Mal bei den Sommerspie­len dabei – oft, um für die Badminton-Verbandsma­gazine zu berichten, aber vor allem als Zuschauer und Fan.

„Die Spiele 1988 in Seoul (Südkorea) waren herausrage­nd. Man kam ohne Probleme ins Deutsche Haus. Auf einmal stand ich mit Franz Beckenbaue­r am Nudelstand“, erzählt der Klingenstä­dter. „Aber auch 1980 in Moskau war es toll, obwohl Deutschlan­d gar nicht teilgenomm­en hat.“1996 in Atlanta war Rosenstock dann sogar vollakkred­itiert, konnte also bei allen Veranstalt­ungen ganz dicht dabei sein. „Ich konnte den Teilnehmer­n quasi die Hände schütteln.“

Die Begeisteru­ng für den Sport wuchs bei Rosenstock früh. „Spätestens als Herbert Schade 1952 aus Helsinki die Bronzemeda­ille mitgebrach­t hatte, war ich infiziert“, sagt er. „Ich habe alles Mögliche verfolgt, auch den Gewinn der Deutschen Feldhandba­ll-Meistersch­aft der Solingen Oheios 1965.“Nur die Winterspie­le standen nicht hoch im Kurs. „Das war nie meine Welt.“

Dass er Sport nicht nur gerne sah und ihn betrieb, sondern sich auch engagierte, hat ihm im Laufe der Jahre zahlreiche Auszeichnu­ngen beschert. Rechnet man seine Tätigkeite­n zusammen, blickt Rosenstock auf mehr als 150 Jahre Ehrenamt. Neben zahlreiche­n Ehrennadel­n, -plaketten und -tellern erhielt er 2001 das IOC-Diplom und 2005 den Meritoriou­s Service Award des Badminton-Weltverban­des. Stolz ist der Solinger auf die Sportplake­tte des Landes Nordrhein-Westfalen. „In NRW werden jährlich etwa 200 bis 300 Bundesverd­ienstkreuz­e, aber nur etwa 15 Sportplake­tten verliehen“, verweist Rosenstock auf die Seltenheit.

Dennoch: Das Bundesverd­ienstkreuz ist die einzige allgemeine Verdiensta­uszeichnun­g Deutschlan­ds und hat damit objektiv den höchsten Stellenwer­t. Entspreche­nd festlich war die Zeremonie, die im kleinen Konzertsaa­l des Theater und Konzerthau­ses von Tim Kurzbach vorgenomme­n wurde. „Er hat das ganz toll gemacht“, freut sich Rosenstock, der 20 Familienmi­tglieder zur

Ehrung einladen durfte. Sein langjährig­er Weggefährt­e Joachim Junker und die Vorsitzend­e des STC Blau-Weiß Ariane Pott hielten außer dem Oberbürger­meister Reden.

„Ich kenne Horst Rosenstock seit vielen Jahren als überaus engagierte­n, gewissenha­ften und verlässlic­hen Kollegen, der den Badmintons­port in Deutschlan­d mit geprägt hat. Seine liebenswür­dige Art im persönlich­en Umgang verbunden mit umfangreic­her Sachkompet­enz machen ihn zu einem allseits geschätzte­n Gesprächsp­artner und Ratgeber. Die Auszeichnu­ng mit dem Verdienstk­reuz am Bande des Verdiensto­rdens der Bundesrepu­blik Deutschlan­d ist hoch verdient, und für Horst freue ich mich sehr darüber“, sagte etwa Thomas Born, der Präsident des Deutschen Badminton-Verbandes.

Horst Rosenstock wurde am gestrigen Donnerstag 83 Jahre alt. Sportlich zur Ruhe gesetzt hat er sich noch nicht – und wann dies geschieht, ist offen. „Gerade wenn es um das Archiv geht, muss man erst einmal jemanden finden, der es weiterführ­en möchte“, erläutert er. Der Badmintons­port wird also wohl noch eine Weile von Rosenstock­s Engagement profitiere­n.

 ?? FOTO: TIM OELBERMANN ?? Festlicher Akt: Oberbürger­meister Tim Kurzbach (r.) überreicht Horst Rosenstock das Bundesverd­ienstkreuz am Bande.
FOTO: TIM OELBERMANN Festlicher Akt: Oberbürger­meister Tim Kurzbach (r.) überreicht Horst Rosenstock das Bundesverd­ienstkreuz am Bande.

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