Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Ein kleines Gotteshaus mit großer Geschichte
Die St. Reinoldi Kapelle gilt als das zweitälteste Gebäude Solingens. Der älteste Eintrag, der das beweist, stammt aus dem Jahr 1668.
Gerd Weiland hat eine besondere Beziehung zur Kirchengemeinde St. Reinoldi Rupelrath. „Meine Familie hat eigentlich immer in diesem Bereich gelebt“, erzählt der 82-Jährige. Der älteste Eintrag, der das beweist, stammt aus dem Jahr 1668. Alle Altvorderen haben Spuren in der Gemeinde hinterlassen. Das trifft auch auf Gerd Weiland selbst zu. 20 Jahre lang war er Presbyter. Seine Konfirmation war der erste Gottesdienst in der St. Reinoldi Kapelle, nachdem sie Anfang
„Hätte es dieses Wunder gegeben, wäre die Kapelle heute wesentlich größer“
Gerd Weiland über eine Sage zur Entstehung der St. Reinoldi Kapelle
der 1950er Jahre restauriert wurde. Diese enge Verbundenheit erklärt das große Interesse des Solingers an dem kleinen Gotteshaus. Es gilt, idyllisch an der Grenze zu Leichlingen und Langenfeld gelegen, als das zweitälteste Gebäude der Stadt nach dem Walder Kirchturm.
Gerd Weiland hat sich eingehend mit der Kapelle befasst. Seine Bemühungen mündeten in einer knapp 40-seitigen Ausarbeitung über ihre Geschichte und Geheimnisse. Die Informationen stammen aus persönlichen Überlieferungen, dem Stadtarchiv und der historischen Sammlung des evangelischen Kirchenkreises, die der 82-Jährige verwaltet. Diese Quellen hat er zu einem umfangreichen Gesamtbild zusammenfügt. Alle Fragen lassen sich allerdings nicht beantworten, räumt er ein.
Das fängt beim Ursprung der Kapelle an. „Irgendwas ist an dieser Stelle vor Jahrhunderten passiert. Was genau, kann niemand mit Gewissheit sagen“, erklärt Weiland. Es existieren keine urkundlichen Beweise für den genauen Zeitpunkt und den Anlass des Baus. Doch es gibt eine konkrete Theorie. Demnach wurden die Gebeine des heiligen Reinolds 1056 von Köln nach Dortmund überführt. Bis heute gilt er als Schutzpatron der Ruhrgebietsstadt. Nach einer Strecke von drei deutschen Meilen, etwa 23 Kilometern, habe die Kölner Geistlichkeit die Reliquien an die Dortmunder übergeben. Dieser Treffpunkt könnte Rupelrath gewesen sein.
Die Übergabe, schlussfolgert Weiland, habe auf freiem Feld stattgefunden – mit feierlichem Gottesdienst. „Der dazu errichtete Feldaltar wird wohl als Gedächtnisstätte sowie später als Wegkapelle weiter bestanden haben und könnte somit der Ursprung der heutigen Kapelle sein. So lässt sich auch ihre Lage in der freien Flur und nicht inmitten eines Ortes erklären.“Erstmals belastbar erwähnt wird die Kapelle 1487. Das heutige Kirchenschiff entstand 1718. In der Historie erwiesen sich die Rupelrather als willensstark. Im 17. Jahrhundert forderten sie einen Friedhof und einen eigenen Prediger. „Bei schlechtem Wetter kam der Pfarrer manchmal einfach nicht“, erzählt Weiland. Beide Anliegen waren erfolgreich: der älteste Grabstein datiert aus dem Jahr 1702. Klein sei die Honschaft gewesen – und arm. Das erkläre die etwas zusammengewürfelte Innenausstattung der Kapelle. Die Kanzel stamme etwa ursprünglich aus der Solinger Stadtkirche. Peter Kohl, dessen Familie dem Kohlsberg seinen Namen gegeben hat, habe sich 1738 dafür eingesetzt, sie den Rupelrathern zu überlassen. Den Boden aus Steinplatten und die 1753 gefertigten, noch erhaltenen Holzbänke, finanzierten Spender. Die Orgel war gebraucht, als sie 1844 in die St. Reinoldi Kapelle kam.
Knapp 70 Jahre liegt die bisher letzte umfangreiche Renovierung des Gotteshauses zurück. Kriegsschäden
hatten sie nötig gemacht. Während der Arbeiten gab die mutmaßlich um 1500 erbaute Apsis eine Überraschung preis: bunte Malereien, ein von zahlreichen Farbschichten gut gehütetes Geheimnis. Sie zeigen unter anderem Reinold als ritterlichen Heiligen, Engel und Teufel im Kampf um die Seelen und Maria im Strahlenkranz. Ein anerkannter Künstler sei nicht für die Gestaltung verantwortlich gewesen, wohl aber ein geschickter Handwerker, feixt Weiland. „Den Protestanten war das damals wohl zu prunkvoll. Deshalb haben sie die Bilder überstrichen.“
Es gibt noch eine andere Sage zur Entstehung der Kapelle. Demnach habe ein Handwerker, der am Bau des Kölner Doms beteiligt war, einen Hammer fortgeworfen. Stundenlang sei das Werkzeug durch die Luft geflogen, ehe es in Rupelrath aufschlug. Gerd Weiland kann sich ein Lachen nicht verkneifen: „Hätte es dieses Wunder gegeben, wäre die Kapelle heute wesentlich größer.“