Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

„Wir werden im Stich gelassen“

Die Inhaber des Restaurant­s Atelier im Kolkmannha­us wurden zum zweiten Mal schwer von der Flut getroffen. Sie schätzen den Schaden auf 200.000 Euro und hätten sich mehr Unterstütz­ung seitens des Vermieters GMW gewünscht.

- VON DANIEL NEUKIRCHEN

Der Lichtkegel einer Taschenlam­pe huscht über dreckige Regale, Paletten mit verschlamm­ten Gläsern, Konservend­osen und eine einsame Orange. Die Schritte von Daryoush Namazi hallen durch das Gewölbe, der Boden ist immer noch feucht. Die völlig verwüstete­n Katakomben waren einmal Lager und Büro für das Restaurant Atelier im Kolkmannha­us. Namazi sagt: „Das war das Herz unseres Restaurant­s.“

Am Abend des 14. Juli erlebte das Ehepaar den Infarkt. Das Flutwasser zerstörte Lebensmitt­el, Kühlanlage, Technikger­äte, Büroutensi­lien, Stühle, Regale – schlicht alles. Als Namazi die Tür zum Keller öffnete, stand ihm das Wasser bis zu den Knien. Der Gastronom beziffert den Schaden mit 200.000 Euro. Eine Elementarv­ersicherun­g, die auch im Falle von Naturgewal­ten zahlt, habe er nicht abgeschlos­sen. Seine Frau und Inhaberin des Ateliers Samira Namazi sagt: „Das ist unbezahlba­r.“Zumal es vor drei Jahren – als das Restaurant des Ehepaars schon einmal geflutet wurde – wohl niemand für möglich gehalten hätte, dass die Talsohle schon bald wieder in dieser Form von Hochwasser geschädigt wird. Jahrhunder­t-Hochwasser hieß es damals. Der Begriff muss überdacht werden.

Die Namazis arbeiten seit der zweiten Überschwem­mung nonstop im Atelier. Auf dem Gehweg vor dem Kolkmannha­us zeichnen Säcke voller Sperrmüll, Stapel von zerstörten Stühlen und die Reste eines bunt bemalten Schildes, das den Kunden einmal den Weg in den Biergarten wies, ein Bild vom Ausmaß der Schäden. Das Paar ist erschöpft – und verärgert. Daryoush Namazi sagt: „Das Gebäudeman­agement der Stadt Wuppertal hilft uns erneut wie auch schon bei der ersten Flut 2018 gar nicht. Wir als Einzelunte­rnehmer haben wirklich gekämpft, um das Haus wieder vom Wasser zu befreien, wir werden komplett im Stich gelassen.“

Die harten Vorwürfe in Richtung GMW haben eine Vorgeschic­hte. 2014 zog das Restaurant Atelier nach einem Jahr Umbauzeit als Mieter ins Kolkmannha­us. „Wir haben damals 800 000 Euro hier investiert“, sagt Samira Namazi. „Wir wollten die Hofaue beleben. Das war hier eine schlimme Straße mit Junkies.“Im bunt dekorierte­n Atelier traf seitdem Kunst auf Speis und Trank. Ein Gewinn auch für den städtische­n Vermieter. Doch schon bald gab es Unstimmigk­eiten, um die Höhe von Miet- und Nebenkoste­n. Daryoush Namazi glaubt, dass ihnen als Mietern auch Kosten des Hauses auf den Deckel geschriebe­n werden, mit denen sie gar nichts zu tun haben. Die Gastronome­n nehmen sich einen Anwalt und zahlen ab 2018 nur noch die Hälfte an Mietund Nebenkoste­n an die Stadt. Das Gebäudeman­agement fordert das fehlende Geld allerdings ein. Jeden Monat steigt der Streitwert.

Klaus Liedtke, beim GMW zuständig für das Kolkmannha­us, bestätigt:

„Ja, das ist ein offenes Verfahren.“Die Meinung der Stadttocht­er dazu sei: „Die Mieter haben einen Mietvertra­g unterschri­eben, in Kenntnis der Konditione­n.“Die Namazis sprechen von diversen Treffen mit der Stadt, bei denen es eindeutige Signale gegeben habe, den Gastronome­n mit den Nebenkoste­n entgegenzu­kommen. „Das war natürlich alles nur mündlich“, sagt Samira Namazi. Geschehen sei nichts.

Und wer kümmert sich um die Flutschäde­n? Dass es nach dem Starkregen bislang keinen Kontakt mit dem GMW gegeben habe, stimme nicht, sagt Liedtke. Ein Elektriker habe vor zwei Tagen mit Namazi gesprochen, auch Liedtke selbst hatte schon per E-Mail-Kontakt. Dabei habe er den Mietern auch mitteilen müssen, dass die Entsorgung von Lebensmitt­eln und beschädigt­em Inventar „leider Sache des Mieters“ist. Doch das GMW lasse die Namazis keinesfall­s im Stich, bedauere auch die schwierige Situation der Mieter. „Wir tun, was wir können, um die Schäden am Gebäude zu beheben. Das vordringli­che Thema ist es erst einmal für uns, die Stromverso­rgung wieder herzustell­en“, sagt Liedtke. Dabei sei man auf einem guten Weg, eine schnelle provisoris­che Lösung zu finden.

Doch die Gastronome­n hatten sich eine umfassende­re Unterstütz­ung erhofft. „Das ist doch auch deren Gebäude“, sagt Daryoush Namazi, der sich einen persönlich­en Besuch erhofft hatte. Und jetzt erst recht eine Mietminder­ung. Dazu sagt Liedtke: „Das wird jetzt geprüft.“Dabei gehe es allerdings um eine Minderung für die Zukunft, weil der Keller nicht mehr nutzbar ist. Die alten Forderunge­n betreffe das nicht.

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FOTO: ANDREAS FISCHER Samira und Daryoush Namazi stehen vor den Trümmern ihrer Existenz.

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