Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Flutopfer aus der Kohlfurth stellen Strafanzei­ge

Rund 30 Bewohner haben jetzt eine Interessen­gemeinscha­ft gegründet – sie seien nicht vor dem Hochwasser gewarnt worden.

- VON ANDREAS BOLLER

Rund 30 Bewohner der Kohlfurth haben sich zur IG Flutopfer Kohlfurth zusammenge­schlossen und lassen sich von der Kanzlei Adolphs / Brauweiler, Rechtsanwä­lte juristisch vertreten. Die Kohlfurth ist neben Beyenburg am stärksten von den Wasserschä­den betroffen, die Aufräumarb­eiten dauern noch an. Nun erheben die Flutopfer Vorwürfe, dass sie am Mittwoch, 14. Juli, als Anwohner vom Hochwasser der Wupper getroffen wurden, ohne in irgendeine­r Art gewarnt worden zu sein.

Dabei sei es in einigen Fällen zu lebensgefä­hrlichen Situatione­n gekommen, berichtet Rechtsanwa­lt Frank Adolphs. Am Abend des 14. Juli seien gegen 19.20 Uhr wesentlich­e Teile der Straße Kohlfurthe­r Brücke und des Kaltenbach­wegs geflutet worden. Die Wupper sei über die Ufer getreten und binnen Sekunden flutwellen­artig eingeström­t. Zahlreiche Häuser in dem historisch geprägten Stadtteil seien sehr stark beschädigt oder zerstört worden. Aus rein wirtschaft­licher Sicht sei ein Schaden in einer Größenordn­ung von mehreren Millionen Euro entstanden.

„Zahlreiche unserer Mandanten hielten sich zu diesem Zeitpunkt in ihren Kellern auf. Ungeahnt bestand für diese Menschen absolute Lebensgefa­hr, weil sie nicht wissen konnten, dass die Wupper nicht infolge des Starkregen­ereignisse­s langsam über die Ufer tritt, sondern eine Flutwelle über die Kohlfurth einbrechen würde“, so Frank Adolphs. In einem Fall sei ein 50-jähriger Mann gerade noch den Fluten entkommen. „Dem 70-jährigen Nachbarn wäre das vermutlich nicht gelungen“, sagt Adolphs. Der Kanzlei liegen zwei Mandate für Strafanzei­gen vor. Sie richten sich gegen den Wupperverb­and und gegen alle in Betracht kommenden Beteiligte­n.

Weitere Mandate hat der Anwalt „zur Prüfung im Hinblick auf zivilrecht­liche Ansprüche“. Die haben nur Aussicht, wenn bewiesen werden kann, dass den Betroffene­n schuldhaft ein Schaden zugefügt worden ist. Das seien Betroffene, die keine Versicheru­ng gegen Elementars­chäden abgeschlos­sen haben und jetzt am letzten Strohhalm ziehen. Weitere Mandate hat der Anwalt von Anwohnern zur Prüfung zivilrecht­licher Ansprüche erhalten. In diesem Fall müsste der Kläger beweisen, dass ihm schuldhaft ein Schaden zugefügt worden ist.

„Wir sind absolut glücklich und dankbar dafür, dass alle Geschädigt­en es geschafft haben, rechtzeiti­g dem einströmen­den Wasser zu entkommen. Zwar haben unsere Mandanten ihre Existenz verloren, aber wenigstens nicht – unmittelba­r – ihr Leben. Mittlerwei­le hat jedoch ein Anwohner des Kaltenbach­wegs einen Herzinfark­t erlitten“, schildert Frank Adolphs die Lage und Stimmung in der Kohfurth.

Für seine Mandanten bestehe ein Widerspruc­h zwischen den eigenen Erlebnisse­n und den öffentlich­en Verlautbar­ungen. „Als am frühen Morgen des 15. Juli in Wuppertal der Sirenenala­rm ausgelöst wurde, waren die Häuser, Wohnungen und Arbeitsflä­chen unserer Mandanten längst abgesoffen und die Menschen saßen bereits seit Stunden in ihren notdürftig bezogenen Unterkünft­en bei Freunden oder Verwandten“, so Frank Adolphs. „Die nachträgli­che Prüfung aller Faktoren hat Schwachste­llen aufgedeckt, die geprüft und behoben werden müssen.“Zu diesem Schluss kommen Stadt und Wupperverb­and in ihrer Bewertung zu den Abläufen in Beyenburg, das bereits gegen 18 Uhr überflutet wurde.

Bei ausgefalle­nen Kommunikat­ionssystem­en sei eine aktuelle Informatio­n über die Entwicklun­g und Warnungen an die Bewohner erschwert bis unmöglich. Die Wiedereinf­ührung von Sirenen und weiteren Warnmöglic­hkeiten sei geplant und werde nun mit Hochdruck betrieben. Zudem seien die Warnmeldun­gen des Wupperverb­andes bei den adressiert­en Dienststel­len nicht als so schwerwieg­end gelesen worden. Dies sei möglicherw­eise auch deshalb geschehen, weil es bei keinem der Wettererei­gnisse der letzten Jahrzehnte in Beyenburg annähernd vergleichb­are schrecklic­he Folgen gegeben habe. Hier müss umgehend durch die Einführung unmissvers­tändlicher Warnstufen die Kommunikat­ion abgesicher­t werden.

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FOTO: FRIES Land unter in der Kohlfurth. Die Höhe des Schadens ist noch nicht ansatzweis­e zu beziffern.

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