Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Flutopfer aus der Kohlfurth stellen Strafanzeige
Rund 30 Bewohner haben jetzt eine Interessengemeinschaft gegründet – sie seien nicht vor dem Hochwasser gewarnt worden.
Rund 30 Bewohner der Kohlfurth haben sich zur IG Flutopfer Kohlfurth zusammengeschlossen und lassen sich von der Kanzlei Adolphs / Brauweiler, Rechtsanwälte juristisch vertreten. Die Kohlfurth ist neben Beyenburg am stärksten von den Wasserschäden betroffen, die Aufräumarbeiten dauern noch an. Nun erheben die Flutopfer Vorwürfe, dass sie am Mittwoch, 14. Juli, als Anwohner vom Hochwasser der Wupper getroffen wurden, ohne in irgendeiner Art gewarnt worden zu sein.
Dabei sei es in einigen Fällen zu lebensgefährlichen Situationen gekommen, berichtet Rechtsanwalt Frank Adolphs. Am Abend des 14. Juli seien gegen 19.20 Uhr wesentliche Teile der Straße Kohlfurther Brücke und des Kaltenbachwegs geflutet worden. Die Wupper sei über die Ufer getreten und binnen Sekunden flutwellenartig eingeströmt. Zahlreiche Häuser in dem historisch geprägten Stadtteil seien sehr stark beschädigt oder zerstört worden. Aus rein wirtschaftlicher Sicht sei ein Schaden in einer Größenordnung von mehreren Millionen Euro entstanden.
„Zahlreiche unserer Mandanten hielten sich zu diesem Zeitpunkt in ihren Kellern auf. Ungeahnt bestand für diese Menschen absolute Lebensgefahr, weil sie nicht wissen konnten, dass die Wupper nicht infolge des Starkregenereignisses langsam über die Ufer tritt, sondern eine Flutwelle über die Kohlfurth einbrechen würde“, so Frank Adolphs. In einem Fall sei ein 50-jähriger Mann gerade noch den Fluten entkommen. „Dem 70-jährigen Nachbarn wäre das vermutlich nicht gelungen“, sagt Adolphs. Der Kanzlei liegen zwei Mandate für Strafanzeigen vor. Sie richten sich gegen den Wupperverband und gegen alle in Betracht kommenden Beteiligten.
Weitere Mandate hat der Anwalt „zur Prüfung im Hinblick auf zivilrechtliche Ansprüche“. Die haben nur Aussicht, wenn bewiesen werden kann, dass den Betroffenen schuldhaft ein Schaden zugefügt worden ist. Das seien Betroffene, die keine Versicherung gegen Elementarschäden abgeschlossen haben und jetzt am letzten Strohhalm ziehen. Weitere Mandate hat der Anwalt von Anwohnern zur Prüfung zivilrechtlicher Ansprüche erhalten. In diesem Fall müsste der Kläger beweisen, dass ihm schuldhaft ein Schaden zugefügt worden ist.
„Wir sind absolut glücklich und dankbar dafür, dass alle Geschädigten es geschafft haben, rechtzeitig dem einströmenden Wasser zu entkommen. Zwar haben unsere Mandanten ihre Existenz verloren, aber wenigstens nicht – unmittelbar – ihr Leben. Mittlerweile hat jedoch ein Anwohner des Kaltenbachwegs einen Herzinfarkt erlitten“, schildert Frank Adolphs die Lage und Stimmung in der Kohfurth.
Für seine Mandanten bestehe ein Widerspruch zwischen den eigenen Erlebnissen und den öffentlichen Verlautbarungen. „Als am frühen Morgen des 15. Juli in Wuppertal der Sirenenalarm ausgelöst wurde, waren die Häuser, Wohnungen und Arbeitsflächen unserer Mandanten längst abgesoffen und die Menschen saßen bereits seit Stunden in ihren notdürftig bezogenen Unterkünften bei Freunden oder Verwandten“, so Frank Adolphs. „Die nachträgliche Prüfung aller Faktoren hat Schwachstellen aufgedeckt, die geprüft und behoben werden müssen.“Zu diesem Schluss kommen Stadt und Wupperverband in ihrer Bewertung zu den Abläufen in Beyenburg, das bereits gegen 18 Uhr überflutet wurde.
Bei ausgefallenen Kommunikationssystemen sei eine aktuelle Information über die Entwicklung und Warnungen an die Bewohner erschwert bis unmöglich. Die Wiedereinführung von Sirenen und weiteren Warnmöglichkeiten sei geplant und werde nun mit Hochdruck betrieben. Zudem seien die Warnmeldungen des Wupperverbandes bei den adressierten Dienststellen nicht als so schwerwiegend gelesen worden. Dies sei möglicherweise auch deshalb geschehen, weil es bei keinem der Wetterereignisse der letzten Jahrzehnte in Beyenburg annähernd vergleichbare schreckliche Folgen gegeben habe. Hier müss umgehend durch die Einführung unmissverständlicher Warnstufen die Kommunikation abgesichert werden.