Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
„Eine gute Stube muss man pflegen“
Klaus Kreutzer spricht über Themen, die Lennep bewegen – vom geplanten DOC bis zum Oktoberfest.
Klaus Kreutzer ist ein Mann klarer Worte – nicht nur, wenn es um sein Lennep geht. Der Vorsitzende des Verkehrs- und Fördervereins, der in einem weiteren Ehrenamt Chef des NRW-Handelsverbands im Bergischen Land ist, beobachtet seit Jahren den Niedergang der Geschäftswelt in Lennep. Heute fassen wir seine Positionen zusammen – über Bürgerwerkstätten, das Designer-Outlet-Center und das Oktoberfest, das Klaus Kreutzer gerne mit seinen Gästen feiern würde. Doch: Möglicherweise macht ihm dabei erneut die Pandemie einen Strich durch die Rechnung.
Bei der Frage, warum Lennep der schönste Teil Remscheids ist, verweist Klaus Kreutzer auf die Historie der ehemaligen Kreisstadt. Kreutzer: Da muss man natürlich auf die Geschichte zurückblicken. Bis zur Eingemeindung am 1. August 1929 war Lennep eine eigenständige, stolze Stadt. Nicht umsonst sprechen viele nach wie vor von ihrer Heimatstadt Lennep. Sie hat ihren Charme nicht verloren und ist die gute Stube Remscheids. Und eine gute Stube muss man pflegen. Ob das Designer-Outlet-Center (DOC) in Lennep tatsächlich gebaut wird – dies sei aktuell eine Angelegenheit „für das höchste deutsche Verwaltungsgericht“, wie er anmerkt.
Kreutzer: Wie das Verfahren ausgeht, ist eine schwierige Frage, die weder Remscheid noch der Investor, weder Befürworter noch Gegner beantworten können. Der Ball liegt im Feld der Gerichte, aktuell beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Wie es sich entscheiden wird, ist reine Spekulation. Bei der geplanten Bürgerwerkstatt zur Zukunft Lenneps mahnt der Vereinschef an, dass gute Ideen auch verwirklicht werden müssen. Kreutzer: Ich halte die Beteiligung der Bürger grundsätzlich für gut. Allerdings hatten Bürgerwerkstätten und Workshops in der Vergangenheit in Lennep einen inflationären Charakter, und unterm Strich ist dabei nur wenig rausgekommen. Daher sind die Lenneper müde geworden. So manche fragen sich, warum sie ihre Freizeit opfern sollen, wenn hinterher dann doch nichts geschieht.
Poser und Raser sorgen auf der Kölner Straße und ihrem Umfeld immer wieder für Ärger. Klaus Kreutzer kann den Unmut der Anwohner verstehen. Kreutzer: Die Robert-Schumacher-Straße hat längst einen zweiten Belag aus Gummi erhalten. Wenn man sich die Reifenspuren ansieht, weiß man, was da abgeht. Polizei und Ordnungsamt kontrollieren. Und wenn die Mitarbeiter vor Ort sind, lösen sich die Gruppen schnell auf. Aber: Allumfassende Überwachung ist nicht möglich. Ich finde, man sollte mit den Leuten ins Gespräch kommen, dass sie sich einen anderen Treffpunkt suchen, denn die Belastung für die Anwohner ist unzumutbar. Bei der Debatte über eine autofreie Altstadt sollen die Betroffenen gehört werden, erklärt der Vereinsvorsitzende.
Kreutzer: Es kann nur eine Lösung im Konsens geben – mit den Händlern und Anwohnern. Dazu braucht Lennep dringend einen Macher, der Projekte vorantreibt – und für die Umsetzung sorgt. Ein Beispiel dafür ist die Kölner Straße, die ja mal zum Boulevard umgestaltet werden sollte. Stattdessen ist in den letzten 25 Jahren nichts gemacht worden. Es gab viele Versprechungen, doch viel Gescheites ist nicht dabei rausgekommen. Nun wird wenigstens der Bushaltepunkt am Kreishaus aus Mitteln der Verkehrspauschale neu gestaltet, und an der Sparkasse ist ein Platz entstanden, auf dem die Pilgerfreunde ihre Statue aufstellen wollen.
Sicherheit und Gesundheit gehen vor, erklärt Klaus Kreutzer mit Blick auf das Oktoberfest, das der Verkehrs- und Förderverein bereits 2020 absagen musste. Kreutzer: Um das Oktoberfest mache ich mir große Sorgen – vor allem im Hinblick auf eine vierte Corona-Welle. Wir haben Vorsorge getroffen und Überlegungen angestellt, das Oktoberfest an zwei Wochenenden zu feiern – dann aber mit deutlich weniger Gästen im Festzelt. Das aber bedeutet für uns fast doppelt so hohe Kosten, etwa für die Zeltmiete, für den Sicherheitsdienst, für die Musikgruppe. Ob wir überhaupt ein Fest veranstalten können – diese Frage gleicht einem Blick in die Glaskugel. So viel steht fest: Lennep darf kein zweites Ischgl werden.