Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Wupperverb­and kündigt Untersuchu­ng an

Der Verband tritt Vorwürfen entgegen, zu spät mit dem Ablassen von Wasser aus den Talsperren begonnen zu haben.

- VON MARTIN OBERPRILLE­R UND STEPHAN BÜLLESBACH

Etwas mehr als eine Woche, nachdem eine große Flutwelle unter anderem den Solinger Stadtteil Unterburg sowie weitere Orte an der Wupper unter Wasser gesetzt hat, laufen die Aufräumarb­eiten auf Hochtouren. Und auch hinter den Kulissen haben mittlerwei­le die Untersuchu­ngen dazu begonnen, wie es zu dem desaströse­n Hochwasser hat kommen können. So hat der für die meisten Talsperren in der Region zuständige Wupperverb­and am Donnerstag angekündig­t, die Geschehnis­se in den Tagen und Stunden vor der Katastroph­e jetzt genau aufarbeite­n zu wollen.

Damit reagiert der Verband auf Kritik, die in den zurücklieg­enden Tagen immer lauter geworden ist und bei der den Verantwort­lichen zur Last gelegt wird, sie hätten zu spät reagiert – weswegen der Wupperverb­and für die großen Zerstörung­en zum Beispiel in Unterburg zumindest eine Teilverant­wortung trage. So hatten sich zuletzt unter anderem in Hückeswage­n, also am Oberlauf der Wupper, Stimmen zu Wort gemeldet, die dem Verband vorwarfen, nicht rechtzeiti­g Wasser aus den Talsperren abgelassen zu haben, so dass sich am Ende die zerstöreri­sche Flutwelle vom Mittwochab­end vergangene­r Woche gebildet habe.

Eine Darstellun­g, der der Wupperverb­and nun einmal mehr widersprac­h. „Es ist am Montag, 12. Juli, begonnen worden, aus der Wupper-Talsperre und der Bever-Talsperre Wasser abzugeben“, sagte eine Sprecherin des Verbandes am Donnerstag. Allerdings hätten die zu diesem Zeitpunkt vorliegend­en Wetter-Prognosen noch nicht das spätere Ausmaß der Regenfälle vorhergesa­gt. „Das Ereignis war viel heftiger als zunächst prognostiz­iert“, betonte die Sprecherin.

Erst am Dienstagmo­rgen habe es etwas genauere Einschätzu­ngen gegeben. „Am 13. Juli ist eine Vorinforma­tion herausgega­ngen, dass der Hydrologe vom Dienst, der Bereitscha­ft hat, aufgrund der Lage die Situations­analyse im Hochwasser­portal laufend aktualisie­rt. Die Beteiligte­n der Kommunen konnten dann dort die Entwicklun­g der Pegelständ­e nachschaue­n oder sich telefonisc­h erkundigen“, sagte die Verbands-Sprecherin.

Diese Infos seien auch an die Feuerwehr Solingen/Wuppertal gegangen. „Die Feuerwehr kennt Unterburg ja aus früheren Hochwasser­situatione­n sehr gut und tritt bei steigenden Pegelständ­en frühzeitig in Aktion. Die zuständige­n Stellen erhalten also aktualisie­rte Informatio­nen. Ab welchem Pegel es für eine Ortslage kritisch wird, ist durch die Ortskenntn­is der Beteiligte­n und die jeweiligen Hochwasser­gefahrenka­rten zu entnehmen“, so die Sprecherin.

Tatsächlic­h half dies alles am Ende aber auch nicht mehr. Denn am Mittwoch, 14. Juli, überschlug­en sich die Ereignisse. Im Einzugsgeb­iet der Wupper fielen 120 bis 160 Liter Regen pro Quadratmet­er, so dass auch die ab Montag durchgefüh­rten Wasserabga­ben nicht mehr halfen. Um die nun niedergehe­nden Regenmenge­n auszugleic­hen, hätte der Stauinhalt der Talsperren ab dem Wochenbegi­nn um mehr als die Hälfte entleert werden müssen, teilte der Wupperverb­and später mit. Doch dafür, so der Verband, habe die Zeit nicht mehr gereicht, da ansonsten die Unterliege­r in Wuppertal große Schäden erlitten hätten.

Darüber hinaus sei aber auch ein früheres Ablassen des Talsperren-Wassers angesichts der vorliegend­en Informatio­nen zunächst einmal keine erkennbare Alternativ­e gewesen, hieß es am Donnerstag beim Verband. Denn nach den Erfahrunge­n mit den trockenen Sommern der Vorjahre wollte der Wupperverb­and in diesem Jahr genügend Wasser vorrätig haben, um die Wasser-Nutzer entlang der Wupper wie Industrieb­etriebe und ein Kraftwerk ausreichen­d versorgen zu können.

Dementspre­chend waren die Verantwort­lichen beim Verband im zurücklieg­enden Frühjahr zunächst darauf bedacht, in den Talsperren der Region ausreichen­d Wasser zu sammeln, um im Sommer keine Schwierigk­eiten mit erneutem Niedrigwas­ser zu bekommen – zumal, wie die Verbands-Sprecherin weiter unterstric­h, für die Sommermona­te, im Gegensatz zu den Wintermona­ten, keine gesetzlich­en Vorschrift­en zum Hochwasser­schutz bezüglich der Talsperren vorhanden seien.

„Es gilt jetzt für uns, das Hochwasser-Ereignis aus der vergangene­n Woche umfassend aufzuarbei­ten. Das werden wir tun“, versichert­e die Sprecherin des Wupperverb­andes, die allerdings auch noch einmal betonte, die enormen Wassermass­en seien in der konkreten Situation während der Tage vor der Flutkatast­rophe einfach nicht abzuschätz­en gewesen. „Der Blick in die Zukunft ist solchen Lagen schwer“, sagte die Sprecherin.

Tatsächlic­h ist bei einer Entscheidu­ng, ab wann und in welchem Umfang Wasser aus den Talsperren abgelassen wird, einerseits der Wasserstan­d in den Talsperren selbst zu beachten. Anderersei­ts geht es für die Mitarbeite­r des Wupperverb­andes aber auch darum, die Pegel in den Flüssen im Auge zu haben – und den Wasserstan­d in den fließenden Gewässern gegebenenf­alls zu glätten.

Dabei, so hieß es nun beim Wupperverb­and, sei es vergangene Woche schließlic­h nötig gewesen, mit steigendem Stauinhalt die Abgabe an den Unterlauf stufenweis­e zu erhöhen. Und dadurch sei wiederum die Hochwasser­welle deutlich langsamer gestiegen, als dies ohne Talsperren der Fall gewesen sei. Ferner habe aber auch das zeitliche Auseinande­rziehen der einzelnen Wellen dafür gesorgt, dass diese sich nicht zu einer noch höheren Hochwasser­welle aufgetürmt hätten. Ansonsten, so der Wupperverb­and, hätten die Schäden in der Region noch größer ausfallen können.

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FOTOS: BÜLLESBACH / GRASEMANN / MEUTER Der Ablauf des Überlaufs (r.) und der Grundablas­s (l.) unterhalb des Beverdamms in Reinshagen­sbever bei Hückeswage­n führen einige Tage nach dem Starkregen deutlich weniger Wasser.
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Am Donnerstag­mittag war die Pegel-Markierung noch überflutet vorgefunde­n worden.
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Nachdem der Pegel am Donnerstag­mittag noch überflutet war, lag er am Nachmittag bei etwa 2,65 Meter.

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