Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Wupperverband kündigt Untersuchung an
Der Verband tritt Vorwürfen entgegen, zu spät mit dem Ablassen von Wasser aus den Talsperren begonnen zu haben.
Etwas mehr als eine Woche, nachdem eine große Flutwelle unter anderem den Solinger Stadtteil Unterburg sowie weitere Orte an der Wupper unter Wasser gesetzt hat, laufen die Aufräumarbeiten auf Hochtouren. Und auch hinter den Kulissen haben mittlerweile die Untersuchungen dazu begonnen, wie es zu dem desaströsen Hochwasser hat kommen können. So hat der für die meisten Talsperren in der Region zuständige Wupperverband am Donnerstag angekündigt, die Geschehnisse in den Tagen und Stunden vor der Katastrophe jetzt genau aufarbeiten zu wollen.
Damit reagiert der Verband auf Kritik, die in den zurückliegenden Tagen immer lauter geworden ist und bei der den Verantwortlichen zur Last gelegt wird, sie hätten zu spät reagiert – weswegen der Wupperverband für die großen Zerstörungen zum Beispiel in Unterburg zumindest eine Teilverantwortung trage. So hatten sich zuletzt unter anderem in Hückeswagen, also am Oberlauf der Wupper, Stimmen zu Wort gemeldet, die dem Verband vorwarfen, nicht rechtzeitig Wasser aus den Talsperren abgelassen zu haben, so dass sich am Ende die zerstörerische Flutwelle vom Mittwochabend vergangener Woche gebildet habe.
Eine Darstellung, der der Wupperverband nun einmal mehr widersprach. „Es ist am Montag, 12. Juli, begonnen worden, aus der Wupper-Talsperre und der Bever-Talsperre Wasser abzugeben“, sagte eine Sprecherin des Verbandes am Donnerstag. Allerdings hätten die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Wetter-Prognosen noch nicht das spätere Ausmaß der Regenfälle vorhergesagt. „Das Ereignis war viel heftiger als zunächst prognostiziert“, betonte die Sprecherin.
Erst am Dienstagmorgen habe es etwas genauere Einschätzungen gegeben. „Am 13. Juli ist eine Vorinformation herausgegangen, dass der Hydrologe vom Dienst, der Bereitschaft hat, aufgrund der Lage die Situationsanalyse im Hochwasserportal laufend aktualisiert. Die Beteiligten der Kommunen konnten dann dort die Entwicklung der Pegelstände nachschauen oder sich telefonisch erkundigen“, sagte die Verbands-Sprecherin.
Diese Infos seien auch an die Feuerwehr Solingen/Wuppertal gegangen. „Die Feuerwehr kennt Unterburg ja aus früheren Hochwassersituationen sehr gut und tritt bei steigenden Pegelständen frühzeitig in Aktion. Die zuständigen Stellen erhalten also aktualisierte Informationen. Ab welchem Pegel es für eine Ortslage kritisch wird, ist durch die Ortskenntnis der Beteiligten und die jeweiligen Hochwassergefahrenkarten zu entnehmen“, so die Sprecherin.
Tatsächlich half dies alles am Ende aber auch nicht mehr. Denn am Mittwoch, 14. Juli, überschlugen sich die Ereignisse. Im Einzugsgebiet der Wupper fielen 120 bis 160 Liter Regen pro Quadratmeter, so dass auch die ab Montag durchgeführten Wasserabgaben nicht mehr halfen. Um die nun niedergehenden Regenmengen auszugleichen, hätte der Stauinhalt der Talsperren ab dem Wochenbeginn um mehr als die Hälfte entleert werden müssen, teilte der Wupperverband später mit. Doch dafür, so der Verband, habe die Zeit nicht mehr gereicht, da ansonsten die Unterlieger in Wuppertal große Schäden erlitten hätten.
Darüber hinaus sei aber auch ein früheres Ablassen des Talsperren-Wassers angesichts der vorliegenden Informationen zunächst einmal keine erkennbare Alternative gewesen, hieß es am Donnerstag beim Verband. Denn nach den Erfahrungen mit den trockenen Sommern der Vorjahre wollte der Wupperverband in diesem Jahr genügend Wasser vorrätig haben, um die Wasser-Nutzer entlang der Wupper wie Industriebetriebe und ein Kraftwerk ausreichend versorgen zu können.
Dementsprechend waren die Verantwortlichen beim Verband im zurückliegenden Frühjahr zunächst darauf bedacht, in den Talsperren der Region ausreichend Wasser zu sammeln, um im Sommer keine Schwierigkeiten mit erneutem Niedrigwasser zu bekommen – zumal, wie die Verbands-Sprecherin weiter unterstrich, für die Sommermonate, im Gegensatz zu den Wintermonaten, keine gesetzlichen Vorschriften zum Hochwasserschutz bezüglich der Talsperren vorhanden seien.
„Es gilt jetzt für uns, das Hochwasser-Ereignis aus der vergangenen Woche umfassend aufzuarbeiten. Das werden wir tun“, versicherte die Sprecherin des Wupperverbandes, die allerdings auch noch einmal betonte, die enormen Wassermassen seien in der konkreten Situation während der Tage vor der Flutkatastrophe einfach nicht abzuschätzen gewesen. „Der Blick in die Zukunft ist solchen Lagen schwer“, sagte die Sprecherin.
Tatsächlich ist bei einer Entscheidung, ab wann und in welchem Umfang Wasser aus den Talsperren abgelassen wird, einerseits der Wasserstand in den Talsperren selbst zu beachten. Andererseits geht es für die Mitarbeiter des Wupperverbandes aber auch darum, die Pegel in den Flüssen im Auge zu haben – und den Wasserstand in den fließenden Gewässern gegebenenfalls zu glätten.
Dabei, so hieß es nun beim Wupperverband, sei es vergangene Woche schließlich nötig gewesen, mit steigendem Stauinhalt die Abgabe an den Unterlauf stufenweise zu erhöhen. Und dadurch sei wiederum die Hochwasserwelle deutlich langsamer gestiegen, als dies ohne Talsperren der Fall gewesen sei. Ferner habe aber auch das zeitliche Auseinanderziehen der einzelnen Wellen dafür gesorgt, dass diese sich nicht zu einer noch höheren Hochwasserwelle aufgetürmt hätten. Ansonsten, so der Wupperverband, hätten die Schäden in der Region noch größer ausfallen können.