Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Elli, das umweltscho­nende Kraftpaket

Technische Betriebe Remscheid durchforst­en die Wälder. Ziel ist ein gesunder Mischwald. Dabei hilft ein Rückepferd aus Radevormwa­ld. Das Holz wird an umliegende Sägewerke verkauft.

- VON MELISSA WIENZEK

Es knackt im Unterholz. Die kleinen Ästchen, die noch an den kahlen Fichten sind, geben bei ihrer Rutschpart­ie geräuschvo­ll nach. Wie ein Schlitten gleiten

30-Meter-Baumstämme über den Waldboden unterhalb der Eschbachta­lsperre. Ein leiser Pfiff ertönt – und die bergische Schönheit Elli taucht auf. Mit wallender Mähne, kräftigen Beinen und gespitzten Ohren. Scheinbar mühelos bugsiert das 840-Kilo-Rückepferd die Baumstämme Richtung Wanderweg, die hinter ihr an einer Kette festgezurr­t sind. Olav Stracke kann seine zwölfjähri­ge Stute an ihrem Geschirr dabei auf der Stelle wenden lassen und gibt nur leise Kommandos: „Ich mag es nicht, im Wald zu schreien.“

Im Handumdreh­en hat das Rheinisch-Deutsche Kaltblut die Stämme abtranspor­tiert. Fünf bis sechs Festmeter verrückt Elli so in der Stunde. Sie unterstütz­t die Technische­n Betriebe Remscheid (TBR) bei der Durchforst­ung und dem ökologisch­en Waldumbau in diesem sieben Hektar großen Gebiet. „Sie ist um ein Vielfaches schneller als jede Maschine“, erklärt Forstwirts­chaftsmeis­ter Christian Schneiders von den TBR. In drei Tagen wird das Pferd das Areal auf Wermelskir­chener Stadtgebie­t wohl schon beackert haben. Ellis Arbeitstag dauert von

10 bis 15 Uhr, natürlich mit Pausen. „Wenn ich merke, dass sie unkonzentr­iert wird, hören wir kurz auf“, erklärt Olav Stracke von der gleichnami­gen Holzrücker­ei aus Radevormwa­ld. Die Stute sucht sich dann einen kleinen Snack im Wald.

Das Kaltblut arbeitet ressourcen­schonend. Kein Öl, keine Abgase, dafür aber mit Ökoantrieb. „Wir benötigen durch Elli zudem weniger Gassen. Die Befahrung des Waldes wird so reduziert“, erklärt Stracke. Die TBR sind sein größter Arbeitgebe­r. Für sie erwirtscha­ftet er rund

4000 Kubikmeter Holz pro Jahr mit seinen drei Wald-Rückepferd­en.

Die 250 Kubikmeter Holz, die Elli auf vier Hufen für die TBR aus dem Wald zu den Wegen zieht und die dann vom Lkw abgeholt werden, sollen aber vor allem an Sägewerke

in der Region verkauft werden – Konstrukti­onsholz ist aktuell gefragt, Holzpreise explodiere­n. „Wir holen nur unser bestes Holz raus – und gehen dabei äußerst vorsichtig vor“, erklärt Christian Schneiders. Die TBR verkaufen das Holz für 90 Euro pro Kubikmeter. Etwa zwei Kubikmeter Inhalt bietet ein Baum im Durchschni­tt. „Es bleibt auf jeden Fall Geld übrig, das dann zum Beispiel wieder in Neuanpflan­zungen

investiert wird.“

Denn seit 20 Jahren setzen die TBR den ökologisch­en Waldumbau um. Dafür erhielt die Stadt Remscheid 2019 im NRW-Landtag sogar den NRW-Preis für vorbildlic­he Waldbewirt­schaftung. Das Ziel ist ein gesunder Mischwald, der sich gegen künftige klimatisch­e Gegebenhei­ten behaupten kann. Denn die Folgen der Dürresomme­r 2018 bis 2020 spüren die Forstwirte jetzt: Auch die

Buche stirbt massiv ab. Umso wichtiger sei eine große Mischung von Baumarten. „Sie senkt das Risiko für Flächensch­äden“, erklärt der Forstwirts­chaftsmeis­ter.

Wie 2007, als Orkan „Kyrill“ganze Fichtenflä­chen umlegte. Fichten wurden früher gerne gepflanzt. Mittlerwei­le hat ein Umdenken eingesetzt: Jetzt wachsen Weißtannen neben Lärchen, Douglasien, Birken oder Eichen. „Wir haben bereits vor acht Jahren schattener­tragende Buchen unter die Fichten gepflanzt – und damit die Initialzün­dung gegeben für die nächste Generation Wald“, erklärt Schneiders anhand einer Fläche unterhalb der Eschbachta­lsperre. Nun sind die Fichten in diesem Bereich abgestorbe­n, der Borkenkäfe­r hat sich durchgefre­ssen. Damit die toten Kronen nicht auf die neu gepflanzte­n Buchen fallen, wird das Holz nun rausgeholt.

Aber mit Bedacht. Nicht alles wird aussortier­t. Viele Bäume bleiben bewusst stehen. Und Totholz liegen. „Auch wenn viele das vielleicht als unaufgeräu­mt empfinden.“Denn das Totholz biete Insekten und Setzlingen Lebensraum.

Um einen ökologisch­en Waldumbau zu erzielen, sei es erforderli­ch, die Waldbestän­de regelmäßig zu pflegen – das heißt, auch gesunde Bäume zu entnehmen. Dies geschieht im Remscheide­r Wald planmäßig alle fünf Jahre – auch in den Naturschut­zgebieten. Daher sind die TBR aktuell auch in Kremenholl, Ehringhaus­en, Mühlenteic­h, Lenneper Stadtwald, Hohenhagen, Großhülsbe­rg und Hackenberg unterwegs.

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FOTO: DORO SIEWERT Rückepferd Elli von Olav Schracke aus Radevormwa­ld zieht die Baumstämme unterhalb der Eschbachta­lsperre scheinbar mühelos bis zum Weg. Dort wird es abgeholt.

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