Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Tschechiens Präsident Zeman ist nicht mehr amtsfähig
Mittlerweile bezweifelt die Mehrheit der Tschechen, ob der an Diabetes schwer erkrankte Milos Zeman je in seinen Amtssitz zurückkehren wird. Zehn Tage nach seiner Einlieferung in das Zentrale Militärkrankenhaus in Prag gab es Anfang der Woche die erste Stellungnahme der behandelnden Ärzte: Auch für sie ist es „wenig wahrscheinlich“, dass der 77-jährige Zeman seine Amtsgeschäfte wieder aufnehmen kann. Nähere Angaben gab es nicht.
Zuvor war eine teils heftige Debatte um den Auftrag zur Regierungsbildung entbrannt, der fast zwei Wochen nach der Wahl fällig wäre, den aber Zeman derzeit nicht erteilen kann. Senatspräsident Milos Vystrcil von der Bürgerpartei ODS will Zeman bei einem Besuch im Krankenhaus „bei guter Laune“vorgefunden haben, er habe auch die Erlaubnis zur Einberufung der konstituierenden Sitzung des Parlaments am 8. November unterzeichnet. Der Präsident des Abgeordnetenhauses, Radek Vondracek, hielt das Papier mit Zemans angeblicher Unterschrift in die TV-Kameras. Die
Leitung des Militärkrankenhauses hatte jedoch zuvor die Äußerungen der beiden über Zeman dementiert.
Gesichert ist nach dem Ärztegutachten nur, dass Zeman nicht mehr amtsfähig ist. Am Dienstag begannen deshalb die Gespräche über eine zeitweilige Übertragung der Präsidenten-Vollmachten an Senat und Abgeordnetenhaus.
Nach den Wahlen am 8. und 9. Oktober steht in Tschechien ein Machtwechsel bevor: Zwei bürgerlich-liberale Parteienbündnisse haben überraschend die rechtspopulistische Bewegung Ano von Premier Babis besiegt, der elf Jahre lang die Politik des Landes geprägt hatte. Der umstrittene Milliardär erklärte bereits seine Bereitschaft, in die Opposition zu gehen, weil er keine Koalitionspartner findet.
Gerüchten zufolge will er stattdessen in die Prager Burg einziehen. Die reguläre Präsidentschaftswahl wäre im Jahr 2023 fällig, doch ein früherer Termin wird immer wahrscheinlicher. Wegen seiner dubiosen Geschäfte, die auch die EU-Kommission im Visier hat, will sich Babis offenbar noch ein paar Jahre hinter der präsidialen Immunität vor Strafverfolgung schützen. Ob er zu Zemans Nachfolger gewählt wird, ist fraglich. Die Mehrheit will mit seiner Ära abschließen.