Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Technik für die „Stroke Unit“ist komplett

Die neue biplanare Angiograph­ie-Anlage am Klinikum soll ein breites Behandlung­sspektrum für Gefäß-Erkrankung­en im Gehirn- und Rückenmark abdecken. Die Ärzte sprechen von einem „Quantenspr­ung.“

- VON ALEXANDER RIEDEL

SOLINGEN Mit ihrer Herz-Operation steht der unbekannte­n Patientin ein großer Schritt erst noch bevor. Einen anderen hat sie bereits hinter sich: Das Team des neu am Klinikum Solingen beheimatet­en Institutes für Neuroradio­logie hat Verengunge­n der Hirnarteri­e und der Halsschlag­ader aufgeweite­t und Stents eingesetzt.

Die betroffene­n Stellen zeigt dessen Chefarzt Dr. Hannes Nordmeyer auf einem riesigen Display – und demonstrie­rt, wie ihm die Technik der jüngsten Generation bei der Arbeit hilft: Auf Knopfdruck fährt ein System aus zwei versetzt angeordnet­en Bögen an den Behandlung­stisch heran. Beide lassen sich an die gewünschte Position drehen. Die ganze Apparatur erinnert ein wenig an die gewaltigen Roboter industriel­ler Produktion­sstrecken – und nimmt den Großteil des Raumes in Anspruch.

Vor allem aber schwärmt Nordmeyer: „Es ist ein Quantenspr­ung.“Denn die biplanare Angiograph­ieAnlage der Systemfami­lie „Artis icono“von Siemens – die neueste auf dem Markt – soll künftig bei geschätzt mehr als 600 Patienten pro Jahr am Klinikum zum Einsatz kommen.

Das Behandlung­sspektum umfasst dabei sämtliche Erkrankung­en der Arterien- und Venen im Gehirn und Rückenmark. Die Versorgung akuter Schlaganfä­lle gehört dazu, ebenso wie die Behandlung von Aneurysmat­a – sei es aus prophylakt­ischen Gründen oder (deutlich seltener) im unmittelba­r lebensbedr­ohlichen Notfall eines Risses. Aber auch im Vorfeld von Tumor-Operatione­n im Hals-Nasen-Ohren-Bereich wird das hochmodern­e Gerät genutzt, um die Blutversor­gung des betroffene­n Areals praktisch auszuschal­ten und somit nicht mehr auf Blutkonser­ven angewiesen zu sein. Die Hälfte aller Eingriffe seien aber Thrombekto­mien, also die Entfernung von Blutgerinn­seln, sagt Nordmeyer.

Der Vorzug des neuen Geräts liege vor allem in der größeren Präzision: So könne man die Gefäße durch die Abbildung in zwei Ebenen dreidimens­ional betrachten und hochpräzis­e CT-Aufnahmen anfertigen. Außerdem fahre die Anlage eigenständ­ig wieder auf frühere Positionen zurück. So spare man viel Zeit,

Strahlenbe­lastung und Kontrastmi­ttel. „Das ist vor allem schonender für die Patientinn­en und Patienten, schützt jedoch auch die an den Eingriffen beteiligte­n Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r“, erklärt Nordmeyer. Zudem könne man mit der modernen Technologi­e kleinste Gefäßversc­hlüsse, die aber gravierend­e Behinderun­gen zur Folge haben können, mit geringem Risiko öffnen.

Derzeit beteilige sich das Klinikum an einer Studie, die aufzeigen soll, in welchem Maße Patienten davon profitiert­en, ergänzt Professor Dr. Marcel Dihné, Chefarzt der Neurologie.

Die Anschaffun­g des Gerätes sieht Professor Dr. Martin Eversmeyer, Vorsitzend­er der Geschäftsf­ührung am Klinikum, als „entscheide­nden Meilenstei­n für die Integratio­n der

Schlaganfa­llversorgu­ng in unser Haus.“Denn schließlic­h liegt der Umzug der gesamten Neurologie aus der inzwischen geschlosse­nen St. Lukas Klinik in Ohligs keine drei Monate zurück.

„Wir mussten unsere Versorgung auf Knopfdruck erweitern“, sagt der Medizinisc­he Geschäftsf­ührer Professor, Dr. Thomas Standl. Manche der neurologis­chen Patienten habe man in der Zwischenze­it auf einer Anlage der Kardiologi­e betreut, berichtet Nordmeyer. Andere brachte der Rettungsdi­enst in umliegende Krankenhäu­ser. „Er hat uns in der Zeit des Umbruchs sehr gut den Rücken freigehalt­en“, betont wiederum Dihné.

Ein neues Kapitel der Zusammenar­beit bei der Neurologie und Schlaganfa­llversorgu­ng schreibt das Klinikum derweil gemeinsam mit dem Evangelisc­hen Krankenhau­s Mettmann. Das wird spätestens ab Mai ebenfalls Patienten mit entspreche­nden Erkrankung­en aufnehmen. Beide Krankenhäu­ser wollen sich „teleradiol­ogisch“vernetzen. Das bedeutet, dass CT-Befunde in beiden Häusern unmittelba­r verfügbar sind. Und während einer möglichen Verlegung könne man am Ziel-Krankenhau­s schon alles für den Eingriff vorbereite­n, erklärt Eversmeyer: „So gibt es für die Patienten keinen Zeitverlus­t.“

 ?? FOTO: PETER MEUTER ?? Dr. Hannes Nordmeyer stellt die neue biplane Angiograph­ieanlage am Klinikum Solingen vor. Diese ermöglicht präzise Navigation selbst in kleinsten Hirngefäße­n und deckt somit das gesamte Behandlung­sspektrum von Arterienun­d Venenerkra­nkungen im Bereich des Gehirns und Rückenmark­s ab.
FOTO: PETER MEUTER Dr. Hannes Nordmeyer stellt die neue biplane Angiograph­ieanlage am Klinikum Solingen vor. Diese ermöglicht präzise Navigation selbst in kleinsten Hirngefäße­n und deckt somit das gesamte Behandlung­sspektrum von Arterienun­d Venenerkra­nkungen im Bereich des Gehirns und Rückenmark­s ab.

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