Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Mann erpresst eigenen Vater mit vorgehaltenem Messer
REMSCHEID Im Dezember 2021 hatte der Angeklagte (62) seinen Vater in dessen Küche mit einem Messer bedroht. Danach, so schilderte es der Remscheider nun vor Gericht, sei er mit dem mittlerweile 93-Jährigen zur Bank gegangen. Dort habe der Vater auf sein Drängen eine Überweisung ausgefüllt, um ihm knapp 70.000 Euro auf sein Konto zu überweisen. Er sei dann zurück ins Hotel gegangen, in dem er zur Tatzeit gelebt habe.
Dort hatte die Polizei den Mann am gleichen Tag festgenommen, nun muss er sich am Wuppertaler Landgericht wegen räuberischer Erpressung, Freiheitsberaubung und Bedrohung verantworten. Weil er sich gegen seine Festnahme massiv gewehrt haben soll, wirft ihm die Staatsanwaltschaft auch noch Beleidigung und den Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vor. Zur Tatzeit soll der Angeklagte wegen einer seelischen Erkrankung vermindert schuldfähig gewesen sein, ihm droht die dauerhafte Einweisung in die Psychiatrie.
Es ist dem emphatischen Vorgehen des Vorsitzenden Richters Alexander Schräder zu verdanken, dass sich ein psychisch offenkundig stark beeinträchtigter Angeklagter dennoch umfassend zu den Tatvorwürfen eingelassen hat. Er habe mit seinem Vater eigentlich „ein ruhiges Gespräch über Finanzen“führen wollen, so der Angeklagte. Das Messer, zu dem er dann gegriffen habe, sei ein Geschenk von ihm an seine verstorbene Mutter gewesen. „Ich wollte meinem Vater nichts tun“, beteuert der 62-Jährige. Ihm sei an diesem Tag aber klar geworden, dass er dringend Geld brauche. Er habe nicht gewusst, wie es weitergehen solle. Sein Vater habe ein Haus verkauft, die Brüder hätten sich ihren Erbteil auszahlen lassen und das habe er auch verlangt. Der Vater habe sein Erbe „verwaltet“und sei damit nicht einverstanden gewesen.
Am Tattag im Dezember 2021 sei er barfuß und mit „Wasser in den Beinen“zu seinem Vater gegangen mit der Bitte, dass der ihn ins Krankenhaus in Wermelskirchen fahren solle. Der 93-Jährige habe das abgelehnt und ihm einen 50-EuroSchein in die Hand gedrückt. Er sei aus der Wohnung gegangen und später wiedergekommen, weil ihm klar geworden sei: „Du hast nur noch einen Tag im Hotel, morgen bist du mittellos.“Nachdem er hereingelassen worden sei, habe er die Tür abgeschlossen, den Vater durch den Flur in die Küche geschubst und später das Messer von der Magnetleiste genommen. Damit habe er „herumgefuchtelt“, gemeinsam sei man dann zur Bank gegangen. Dort angekommen, habe der Vater einen Überweisungsbeleg ausgefüllt. Den Überweisungsauftrag hatte der 93-Jährige am nächsten Tag storniert.
Zurück im Hotelzimmer hatte sich der Angeklagte der Festnahme durch die Polizeibeamten massiv widersetzt. Das Verhältnis zum Vater sei vor der Tat immer gut gewesen, er habe 55 Jahre bei den Eltern gewohnt. Zwischenzeitlich war der 62-Jährige im städtischen Obdach untergekommen, seit vier Monaten ist er im Tannenhof untergebracht.