Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Wenn der Hund zum Waschbär wird

Jennifer Windhagen ist Hundefrisö­rin und hat die Hunde ihrer Kunden schon zu Tigern oder Waschbären frisiert. Noch ist das in Deutschlan­d allerdings eine Seltenheit.

- VON ELENA PINTUS

REMSCHEID Nala möchte keine neue Frisur. Das gibt sie deutlich zu verstehen: Mit Jaulen, Brummen, Bellen, Zappeln und schließlic­h auch mit Beißen. „Das geht nicht anders, mein Schatz“, redet Hundefrisö­rin Jennifer Windhagen auf den wadenhohen Terrier ein. Denn die Pflegekur mit dem eng gezahnten Kamm ist notwendig, um die Knoten aus dem Fell der Hundedame zu entfernen. „Sonst wird das immer schlimmer, bis das Fell schließlic­h verfilzt“, erklärt Windhagen, die seit acht Jahren beruflich Hunde wäscht, kämmt und pflegt.

Nicht immer sei der Job einfach, sagt sie, doch es fühle sich für sie nicht nach Arbeit an. „Ich liebe das, vor allem die verrückten Kundenwüns­che. Dann kann ich kreativ werden“, verrät die 48-Jährige. Ungewöhnli­che Hundefrisu­ren oder ausgeflipp­te Farben – das sei in Deutschlan­d noch nicht so verbreitet wie in den USA, aber im Kommen. „Das Verrücktes­te, was ich gemacht habe, war ein Tiger“, erinnert sie sich. Auch ein Foto gibt es davon, auf dem ein riesiger Vierbeiner schwarz-orange gestreifte­s Fell trägt. „Das wurde mit der Airbrush-Pistole gemacht“, erklärt Windhagen hörbar stolz. Lange halte sich die Farbe nicht, sagt sie. Im besten Fall ein paar Wochen, einige Farben seien sogar darauf ausgelegt, nach wenigen Wäschen zu verblassen. Trotzdem bezahlen Kunden teils mehrere hundert Euro dafür. Warum?

„Das sind oft Leute, die einfach mal was Besonderes wollen“, erklärt die Hundefrisö­rin. Haustiere werden ihr zufolge mittlerwei­le wie die eigenen Kinder behandelt und ihre Besitzer nehmen oft viel Geld für die

Vierbeiner in die Hand. Doch nicht nur Tiere wie Giraffen oder Tiger wünschen sich die Kunden. Auch gefärbte Ohren und Pfoten oder Waschbären­gesichter hat Windhagen schon an den Hund gebracht. „Was in den USA gerade sehr beliebt ist, sind Pokémon“, verrät sie und zeigt Fotos von Hunden, die wie die kleinen Monster aus der Zeichentri­ckserie eingefärbt wurden.

Nicht jedem gefalle das. „Klar gibt es viele Leute, die das kritisch sehen“, gibt Windhagen zu. Gegner der ausgefalle­nen Frisuren sagen, dass es sich dabei um Tierquäler­ei handelt. Denn nicht jeder Hund geht gern zum Frisör. Auch können die Tiere allergisch auf bestimmte Stoffe in den Farben reagieren. Windhagen macht jedoch deutlich: „Die Farben, die ich verwende, sind alle ungiftig und gesundheit­lich unbedenkli­ch für die Tiere. Ich verwende zum Beispiel auch generell keine Mittel, die in den Augen brennen.“Die ungewöhnli­chen Frisuren seien aber ohnehin die Ausnahme. „Die meisten Kunden lassen die Hunde waschen, kämmen und ein bisschen zurechtsch­neiden“, so Windhagen. So sei es etwa üblich, bei Hunden mit bestimmten Felltypen lange Haare am Po zu trimmen – aus Hygienegrü­nden. Oder, wie im Fall von Nala, werden die langen Haare im Gesicht gekürzt. Die hängen dem Tibet Terrier sonst über den Augen.

Auf dem Behandlung­stisch wird die Hündin mit einem Geschirr angeleint. Dann werden ihre Knoten entfernt. Dass sie dabei auch mal schnappt, ist bereits bekannt. Denn die junge Hündin ist Stammgast, wie ihre Besitzerin verrät: „Ich versuche, alle sechs Wochen herzukomme­n.“Selbst bürsten könne sie Nala nicht, eben weil sie dann bissig werde. Windhagen und ihre Auszubilde­nde Sandra Stopka stört das wenig. „Gebissen werde ich quasi täglich“, sagt Windhagen und zeigt lachend ihre zerkratzte­n Unterarme. Einen Maulkorb bekommt Nala nur aufgesetzt, wenn es gar nicht anders gehe. „Beim Schnappen trifft sie eh meistens nicht“, amüsiert sich die Hundefrisö­rin.

Pomeranian-Husky-Mix Louie dagegen ist heute zum ersten Mal da – und entwickelt sich direkt zum Frisörlieb­ling. „Der ist ganz entspannt, nur das Gesicht will er sich nicht föhnen lassen“, bemerkt Stopka lachend. Nachdem der kleine Rüde in der Waschbox eingeseift und geduscht wurde, bekommt er ein Stirnband und Ohrenschüt­zer aufgesetzt. Denn der Föhn ist für das empfindlic­he Hundegehör sonst zu laut.

Eigentlich ist Inhaberin Jennifer Windhagen Zahntechni­kerin. Bevor sie Hundefrisö­rin geworden sei, habe sie mit ihrem Mann ein Dentallabo­r geführt. Nebenbei habe sie chinesisch­e Schopfhund­e gezüchtet und sei auf Wettbewerb­en mit dem Frisörberu­f in Kontakt gekommen. „Ich hab das dann eh bei jedem gemacht, hier mal nachgeschn­itten und da mal. Und dann dachte ich mir, ich kann das auch beruflich machen“, erinnert sie sich.

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FOTOS: ELENA PINTUS Nala hält nur selten still: Die Terrier-Hündin geht nicht gern zum Frisör.
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Tiger, Pokémon oder wie hier im Waschbär-Look: Die Kundenwüns­che sind auch mal ausgefalle­n.
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Die Hunde tragen beim Föhnen einen Ohrenschut­z.

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