Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Ehrenamtliche helfen Kröten über die Straße
Sabine Vogel arbeitet schon lange ehrenamtlich für den BUND. Sie erklärt, warum es wichtig ist, Kröten und Molche zu schützen.
SOLINGEN Sabine Vogel stößt an diesem Samstagmorgen als eine der letzten zu dem Helfer-Trüppchen an der Tiefendicker Straße. Wie alle anderen der zehnköpfigen Gruppe ist sie mit Eimer, Spaten und Handschuhen ausgerüstet. Den Rest – Zaunmaterial, Stangen zur Befestigung, Meißel, Hammer und vieles mehr – hat Jürgen Kortenhaus vom Nabu in seinem Kofferraum hertransportiert.
Der Treff, um 10 Uhr am Vormittag wurde kurzfristig anberaumt. Die steigenden Temperaturen in Kombination mit der Regennässe der letzten Tage ruft Kröten, Molche und Co. schon früh aus ihren Winterverstecken, um sich auf den Weg zu ihrem Laichgebiet zu machen, einem Tümpel am Lochbach. „Ich habe gestern Abend mit den Einsätzen der Dunkelheit schon rund 50 Kröten per Hand und Eimer abgesammelt und über die Straße getragen“, sagt Sabine Vogel. „Es wird also Zeit für die Krötenzäune an dieser Stelle.“
Seit knapp zehn Jahren engagiert sich die 65-Jährige für den Amphibienschutz. Sie habe lange in der Nähe des Caspersbroicher Weg gewohnt, erinnert sie ihren Einstieg in dieses Projekt. „Bei abendlichen Hundespaziergängen fielen mir die Massen an totgefahrenen Kröten auf, die dort auf der Straße lagen und ich bin aktiv geworden.“Dort könne man aufgrund der Länge der infrage kommenden Strecke nach wie vor keine Amphibienzäune einsetzen.
„WhatsApp-Gruppen helfen, spontane Helfertrupps zu koordinieren, die dort, aber auch hier an der Tiefendicker Straße, Tiere aufnehmen und übersetzen“, berichtet sie aus ihren Erfahrungen. „Längst nicht alle Amphibien lassen sich durch unsere Zäune von einer Straßenüberquerung abhalten. Insbesondere Molche können sie überwinden.“
Ihre Motivation, sich im Vorfrühling Tag für Tag und speziell Abend für Abend mit Beginn der Dunkelheit dafür einzusetzen, dass Solingens
Amphibien in den von den Kreisgruppen von BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz) und Nabu (Naturschutzbund Deutschland) betreuten Gebieten sicher zu ihren Laichplätzen kommen, ist eine mehrfache. „Einmal tun mir als Tierfreundin tote oder verletzte Tiere in der Seele weh“, sagt sie. Aber dahinter stehe noch ein anderes, großes Thema, nämlich die Eindämmung des Artensterbens.
„Ich habe schon als junges Mädchen verstanden, dass der Mensch als Spezies ein Eigeninteresse daran haben muss, die Natur nicht auszubeuten, sondern sich als Teil von ihr zu begreifen“, führt sie aus, die unter anderem auch bei Greenpeace aktiv war. „Naturschutz und Klimaschutz müssen zusammen gedacht werden, denn zum Beispiel Amphibien leiden unter den Dürremonaten extrem: Wenn die Feuchtgebiete austrocknen, sterben ihre Kaulquappen.“
Es geht ihr durch ihre praktische und theoretische Arbeit beim BUND darum, ein Bewusstsein dafür zu vermitteln, dass es nicht nur um das Erhalten einzelner Spezies um derentwillen geht. Sondern es gehe darum, klarzumachen, dass jede Art ihre besondere Funktion im Kreislauf des Lebens hat. Die Ortsgruppen haben dazu weitere Informationen auf ihren Internetseiten.
„Warum sind die Amphibien überhaupt wichtig und damit schützenswert?“Das sei doch die Frage, die diejenigen stellen, die sich im Frühling über Tempolimits oder Teilsperrungen von Straßen ärgern,
„Es ist einfach ein gutes Gefühl, etwas aktiv zu verbessern“Sabine Vogel
sagt sie und gibt die Antwort: „Alle Lurche fressen Käfer, Spinnen, Würmer. Sie sind zugleich wichtige Beutetiere für vielerlei Vögel, Reptilien und Säugetiere. So hat jede einzelne Art ihre Bedeutung im Ökosystem.“Verschwindet eine Art, haben auch andere schnell ein Problem, weil alle kettenartig miteinander verbunden seien. Durch den Bau von Straßen, Gleisen, Industrie und Wohngebieten hätten Flora und Fauna es seit Beginn der Industrialisierung immer schwerer. „Folglich müssen wir helfen“, ist für sie die konsequente Schlussfolgerung.
Ihr Fazit lautet: „Es ist einfach ein gutes Gefühl, etwas aktiv zu verbessern – wenn auch nur in kleinem Rahmen, als angesichts der riesengroßen aktuellen Probleme in Ohnmacht zu erstarren.“Zum Beispiel durch den Aufbau der Krötenzäune an der Tiefendicker Straße, in Nümmen, am Schellberger Weg oder am Theegarten.