Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
„Die Gender Pay Gap gibt es“
Roswitha Hellmann (62) und Caroline Hehl (34) sprechen zum Weltfrauentag über Herausforderungen und Erfolge.
REMSCHEID / SOLINGEN Caroline Hehl und Roswitha Hellmann verbindet eins: Sie haben früh Karriere gemacht. Allerdings zu ganz unterschiedlichen Zeiten. Roswitha Hellmann ist 1961 geboren.
Mit 16 Jahren, im Jahr 1977, hat die Remscheiderin ihre Ausbildung zur Heizungs- und Lüftungsbauerin begonnen und anschließend die Ausbildung zur Gas- und Wasserinstallateurin gemacht. Ein Beruf, der nicht männerdominierter sein könnte.
In einem Jahr, in dem Frauen zum ersten Mal selbst entscheiden durften, ob sie arbeiten gehen oder zu Hause den Haushalt erledigen und die Kinder hüten müssen. Doch für die heute 62-Jährige war das alles damals ganz normal.
Caroline Hehl ist 1989 geboren. Die 34-Jährige hat nach dem Abitur Wirtschaftswissen studiert, mit 23 hat die Solingerin angefangen, zu arbeiten. Seit 2018 ist sie Prokuristin und Senior Projektmanagerin im väterlichen Betrieb Hehl Galvanotronic, die in der Automatisierungstechnik für Oberflächentechnik unterwegs sind – und wird das Unternehmen im Laufe des Jahres übernehmen.
Mit der Redaktion sprechen die 34- und die 62-Jährige passend zum Internationalen Frauentag über ihren Werdegang, die wandelnden Herausforderungen der Frau und erklären, was ihrer Meinung nach notwendig ist, um als Frau erfolgreich zu sein.
Frauen in männerdominierten Berufen
Roswitha Hellmann hat 1977 eine Ausbildung begonnen, in einem Beruf, in dem außer ihr so gut wie keine Frauen gearbeitet haben. „Ich war immer die einzige Frau, aber das habe ich nie als schlimm betrachtet“, sagt die heute 62-Jährige. Dennoch brachte es Hindernisse mit sich.
„Wir mussten erst mal bei der Innung nachfragen, ob ich überhaupt in dem Beruf arbeiten darf“, erzählt sie.
Zudem hätten Firmen, wenn sie eine Frau einstellten, dieser eine eigene Umkleide und eine Toilette zur Verfügung stellen müssen. „Gefordert habe ich das nie. Aber deshalb konnte ich nur bei meinem Vater einsteigen.“Geschätzt wurde sie von Kunden und Kollegen jedoch immer. „Anfangs haben die älteren Männer natürlich genauer geschaut und gefragt, aber das verging auch, als sie gesehen haben, dass ich gute Arbeit leiste.“Andere Lehrlinge hätten es da schwerer gehabt. Eine junge Frau, die eine Ausbildung zur Maurerin machte, sei gemobbt wurden, erinnert sich Hellmann.
... Diskriminierung im Beruf
„Ich wurde nie aufgrund meines Geschlechtes diskriminiert, eher dafür, wie ich auftrete“, sagt Hehl, die mit dem Selbstverständnis aufgewachsen ist, dass auch Frauen Karriere machen können. „Es geht darum, wie wir uns geben“, bestätigt auch Hellmann, die sich ebenfalls nie benachteiligt gefühlt hat. Wer nie den Mund auf bekomme, hätte es schwer. Aber wer mit Kunden und Kollegen kommuniziert und einen großen Erfahrungsschatz aufweise, würde auch als Frau geschätzt werden. Dennoch gebe es noch viel zu tun, damit Frauen und Männer gleichberechtigt werden, beispielsweise bei der Bezahlung. „Ich persönlich bin nicht betroffen, aber die Gender Pay Gap gibt es und da gibt es noch viel zu tun“, sagt Caroline Hehl.
... die Aufteilung der Sorgearbeit unter Paaren
Als Roswitha Hellmann 1991 ihren Sohn bekam, war sie mit ihrem Mann selbstständig und besuchte die Meisterschule. Doch ohne darüber zu sprechen, übernahm die Remscheiderin die Büroarbeiten der Firma, statt praktisch zu arbeiten. „Das war immer klar“, sagt Hellmann. Für Caroline Hehl unvorstellbar. „Auf keinen Fall würde ich zu Hause bleiben, um mich um Haushalt und Kinder zu kümmern. Das würde mich nicht glücklich machen“, ist sich die Solingerin sicher. Sollte es so weit sein, wünsche sie sich einen Partner, der Elternschaft als etwas Gemeinsames ansehe. „2011 ist mir in Stockholm aufgefallen, dass fast nur Männer ihre Kinder in die Kita bringen. Das ist da ganz normal“, nennt sie ein Beispiel.