Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Eine Absage kostet 50 Euro
Wenn Tischreservierungen ohne Rückmeldung verfallen, entgeht den Wirten wichtiger Umsatz. Viele Betriebe berechnen deshalb das Nichterscheinen – und haben damit gute Erfahrungen gemacht.
DÜSSELDORF Vor einem Jahr hat Sarah Bourgueil angefangen, in ihrem Bistro Fatal in Düsseldorf eine Reservierungsgebühr von 50 Euro zu erheben, die aber nur dann fällig wird, wenn die Gäste nicht rechtzeitig absagen. No-Shows lautet der Branchenbegriff dafür. Was bisher bei Tischen ab vier Personen galt, hat sie vor Kurzem auch auf Reservierungen ab zwei Personen ausgeweitet. Ausschlaggebend dafür war ein Abend, an dem sechs Zweiertische kurzfristig leer blieben – was nicht zu kompensieren war. „Wir wollen uns nicht an den Gästen bereichern“, erklärt Sarah Bourgueil, „sondern es geht darum, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass sie sich an die getroffene Abmachung halten müssen.“
Das fällt den Gästen offenbar zunehmend schwerer, sagt Thorsten Hellwig, Sprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) NRW. Aktuelle Zahlen gibt es nicht, bei einer Dehoga-Umfrage im Jahr 2022 berichteten aber 93 Prozent der Wirte, dass sie das Problem kennen, etwa drei Viertel sagten, dass das No-Show-Verhalten zugenommen habe. Die Folge sind Umsatzausfälle, weil Tische leer bleiben, oder beispielsweise statt zehn angekündigter Gäste nur fünf kommen. Die Planung orientiere sich ja an der Zahl der Gäste.
Durch die Inflation habe sich die Lage nach Corona zudem noch einmal verschärft. Der Branche gehe es schlecht, sie verzeichne etwa 15 Prozent realen Umsatzverlust, sagt Hellwig. „Viele Restaurants sind zwar gut besucht, aber die Menschen konsumieren weniger“, so der Dehoga-Sprecher. Werden dann noch eingeplante Tische nicht besetzt, entstehe ein zusätzlicher wirtschaftlicher Schaden.
Vor allem für kleinere Lokale ist das kaum zu kompensieren. „Wenn Gäste nicht kommen, ist das für uns ein großer Verlust“, sagt Nicole Bänder, Inhaberin des Restaurants Le Flair in Düsseldorf, das nur wenige Tische hat. Weil lediglich ein Vier- oder Fünf-Gang-Menü angeboten wird, stellt Bänder bei Nichterscheinen ohne eine fristgerechte Absage (bis 24 Stunden vorab) eine Aufwandsentschädigung von 110 Euro pro Person in Rechnung. Dass Kunden tatsächlich nicht kommen und diese Gebühr erhoben werden müsse, sei allerdings sehr selten.
Einen gewissen Erziehungseffekt bei den Gästen stellt auch Eva Herrmann, Geschäftsführerin des Düsseldorfer Restaurants Fritz’s Frau Franzi fest. Während der Messen wird dort nur ein Vier- beziehungsweise Sechs-Gänge-Menü angeboten und auch ausschließlich während dieser Zeiten der Verzehrpreis bei einer Tischreservierung in Vorkasse abgerechnet. Bleiben die Gäste ohne rechtzeitige Absage aus, gibt es kein Geld zurück. „Unsere Kunden sind seither verbindlicher geworden“, sagt Herrmann. Auch sie betont, dass es nicht um Abzocke gehe, sondern darum, erwartbare Umsätze wirklich zu erzielen. Gerade die Messezeiten seien umsatztechnisch wichtig, es sei jedoch bei Besuchern eingerissen, dass in mehreren Restaurants reserviert und dann nicht abgesagt werde.
Einen etwas anderen Weg geht Nico Frass in seinem Restaurant 1857 in Tönisvorst. Eigentlich müsste er No-Show-Gebühren nehmen, wie er sagt, verzichtet aber darauf, weil dieses Prozedere bei den Kunden, überwiegend Stammgäste, nicht auf Akzeptanz stoße. Stattdessen lässt sich Frass bei der Reservierung die Telefonnummer des Gastes geben und ruft an, falls dieser nicht wie verabredet erscheint. „Ich frage dann freundlich nach Gründen und erkläre unsere Situation“, sagt der Gastwirt. Die meisten Menschen seien einsichtig und würden sich das zu Herzen nehmen.
Frass verweist auf andere Branchen wie Hotellerie und Konzerte, wo No-Show-Gebühren längst normal und allgemein akzeptiert seien. Derzeit liegt der Anteil der Gastwirte, die das umsetzen, laut der Dehoga-Umfrage bei etwa elf
Prozent, sieben Prozent arbeiten mit Vorkasse.
Sarah Bourgueil hat wie ihre Kolleginnen überwiegend gute Erfahrungen gemacht und ist bei der Absagefrist kulant. Sie berechnet nichts, wenn ein Tisch am Abend doch noch vergeben wird. Tatsächlich musste sie die Gebühr noch nie einfordern. „No-Show-Gebühren sind sicher eine Gratwanderung“, sagt Bourgueil, „aber die Gäste sind dadurch disziplinierter geworden, und deshalb halten wir daran fest.“