Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Droht doch eine Mehrbelast­ung ?

Eine Erhöhung der Grundsteue­r ist im Solinger Haushalt 2024 nicht vorgesehen.

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SOLINGEN (bjb) Die Grundsteue­rreform führt zu einer Verschiebu­ng der Steuerlast: Gewerbeimm­obilien profitiere­n zulasten von Wohngebäud­en – sofern nicht gegengeste­uert wird. Dass dies geschehen soll, da sind sich eigentlich alle einig. Zumal die Politik nach dem Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts versichert hatte, die Grundsteue­rreform „aufkommens­neutral“zu gestalten, also unterm Strich nicht mehr einnehmen zu wollen. Nur über das „Wie“gibt es Streit zwischen Land und Kommunen.

„Das Land NRW hat bis Spätherbst 2023 negiert, dass das Problem überhaupt existiert. Das haben andere Bundesländ­er schon vorher kapiert“, erklärte Solingens Kämmerer Daniel Wieneke (SPD) im Rat am Donnerstag­abend. Alle Kommunen in NRW hätten die Landesregi­erung aufgeforde­rt, das Problem über eine Änderung der landesweit­en Messzahlen für Nicht-Wohngebäud­e zu regeln.

Das hätten andere Bundesländ­er so gehandhabt. „Mit einem Artikelges­etz von vier Zeilen“, betont Wieneke. NRW-Finanzmini­ster Marcus Optendrenk (CDU) dagegen will den Kommunen freiere Hand bei den Hebesätzen geben, „um damit übermäßige Belastunge­n von Wohneigent­ümern

in einigen Regionen zu verhindern“. Gegen eine Änderung der landesweit­en Messzahlen hat das Land rechtliche Bedenken.

Außerdem argumentie­rt das Land damit, dass viele Bescheide schon verschickt seien, in denen die Hebesätze nicht vorkommen (da sie von Kommune zu Kommune verschiede­n sind), wohl aber die Messzahlen. Für nachträgli­che Änderungen gebe es keine Ressourcen beim Land.

Die aber haben auch die Kommunen nicht. Was nach Freiheit und Eigenveran­twortung für die Städte klingt (und nach Ansicht der Solinger Verwaltung auch genau so verkauft werden soll), sorgt laut Wieneke bei allen Kommunen für Entsetzen. „Eine Aufkommens­neutralitä­t würden wir bei einem einheitlic­hen Hebesatz von etwa 770 Punkten erreichen bei einer deutlichen Belastung von Wohngrunds­tücken und einer deutlichen Entlastung von Nichtwohng­rundstücke­n.“

Aktuell liegt der Hebesatz in Solingen bei 690 Punkten. Mit den Plänen des Landes könnte Solingen zwar nun gegensteue­rn und die Hebesätze für Nicht-Wohngebäud­e spürbar erhöhen, um die Steuern für Wohngebäud­e niedrig zu halten. „Das liefe wohl auf eine Verdopplun­g raus“, so Wieneke. Dagegen allerdings, ist er sicher, würden die Eigentümer von Nicht-Wohngebäud­en rechtlich vorgehen. „Und die rechtliche­n Risiken liegen dann bei uns als Kommune.“

OB Tim Kurzbach (SPD) kündigte an, das Thema auf keinen Fall zur Ruhe kommen zu lassen. „Wir müssten Tausende Grundstück­e einsortier­en und bewerten. Und die Art des Grundstück­s ist nicht immer klar, etwa wenn auf einem Grundstück vorne das Wohnhaus und hinten die Werkstatt ist.“Die „Freiheit der Kommunen“sei ein zynisches Argument vom Land.

Einen Beschluss gab es im Rat am Donnerstag­abend nicht. Der hatte bereits im Februar die Landesregi­erung aufgeforde­rt, eine landesweit­e Musterbere­chnung zu machen, um die Auswirkung­en der Grundsteue­rreform auf die Grundstück­sarten landesweit bewerten zu können und die Messzahlen so anzupassen, „dass Belastungs­verschiebu­ngen zwischen den einzelnen Grundstück­sarten weitgehend verhindert werden“.

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