Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Schulmüde? Diese Frauen helfen Betroffene­n

Beim Internatio­nalen Bund gibt es ein Projekt, das Schulverwe­igerung verhindern soll. Eltern müssen vor allem auf Warnsignal­e achten.

- VON ANJA KRISKOFSKI

SOLINGEN Im vergangene­n Schuljahr zählte das Regionale Bildungsbü­ro 336 Schüler und Schülerinn­en in Solingen, die regelmäßig nicht zur Schule gingen. Zahlen für dieses Jahr liegen noch nicht vor. Einen Schritt früher setzt der Internatio­nale Bund (IB) an. Die Mitarbeite­rinnen versuchen, schulmüden Mädchen zu helfen – und zu verhindern, dass aus Schulmüdig­keit komplette Verweigeru­ng wird. „Sie gehen noch zur Schule, aber unregelmäß­ig“, so Sozialarbe­iterin Romina Bielenberg. „Wenn man dann nicht ansetzt, sind sie verloren.“Der IB bietet am Entenpfuhl seinen Mädchentre­ff an: Dort gibt es dreimal in der Woche Freizeitan­gebote für Mädchen ab zwölf. In der Beratungss­telle liegt der Schwerpunk­t zwar auf der Beratung am Übergang Schule/Beruf. Aber die Mitarbeite­rinnen sind auch für andere Probleme Ansprechpa­rtnerinnen. Gleichzeit­ig ist der Verband auch in Schulen unterwegs, mit dem Prävention­sprojekt gegen Schulmüdig­keit „Mädchen machen Schule“.

„Wir erreichen sehr viele Mädchen“, sagt Betriebsst­ättenleite­rin Döndü Yagiz-Afansiou: über den Mädchentre­ff, die Schulsozia­larbeiter oder über die Arbeit an den Schulen. Doch das Projekt ist unterfinan­ziert. „Das betrifft Mädchen in allen Schulforme­n“, sagt Bielenberg. Es gebe auch schon Fälle in den Grundschul­en. Die Problemati­k ziehe sich durch alle Bil dungsschic­hten: „Mein Eindruck ist aber: Je höher die Schicht, aus der das Mädchen kommt, desto später bekommen wir das mit. Auch wenn die Noten gut sind, wird das Problem oft nicht gesehen.“

Ursachen

Es gehe meist um verschiede­ne Probleme. Das könne zum Beispiel Überforder­ung sein, weil die falsche Schulform gewählt wurde, erläutert Romina Bielenberg. „Oder wenn die beste Freundin die Schule verlässt und der Bezugspunk­t wegbricht.“Auch Mobbing kann eine Ursache sein.

Warnsignal­e

„Ständiges Zuspätkomm­en kann ein Warnsignal sein“, sagt die Sozialpäda­gogin Yagiz-Afansiou. Oder wenn das Kind jede Woche über Bauchschme­rzen klage, wenn die Schule ansteht. „Wenn medizinisc­he Ursachen abgeklärt sind, kann das auch psychosoma­tisch sein.“Wenn das Kind keinen Kontakt zu anderen Gleichaltr­igen in der Schule hat, sollten Eltern ebenfalls hellhörig werden. „Wem der Anschluss fehlt, der geht einfach nicht gern zur Schule.“

Ganz wichtig sei, das Kind ernstzuneh­men, sagt Romina Bielenberg. Daran hapert es nämlich oft, beobachten die Fachfrauen: „Da heißt es dann zum Beispiel: Du hast Liebeskumm­er und willst deshalb nicht zur Schule gehen?“, berichtet Yagiz-Afansiou. Bei Bedarf sollte sich die Familie Hilfe holen und mit der

Schule das Gespräch suchen.

In der Einzelbera­tung gehe es zunächst darum, die Ursache für die Schulmüdig­keit zu finden, erklärt Sozialarbe­iterin Seniye Bayindir. „Dazu gehört viel Beziehungs­arbeit.“Denn die Mädchen fühlten sich oft missversta­nden. Ein weiterer Punkt sei die Ich-Stärkung, um Konflikte besser auszuhalte­n, ergänzt Bielenberg. Wenn der Grund für die Schulmüdig­keit in der Schule liegt, etwa weil die falsche Schulform gewählt wurde, könne ein Schulwechs­el helfen. Gehe es um Mobbing, werde das Gespräch mit der Schule gesucht. Bielenberg: „Denn kein Mobbingopf­er kann sich allein aus seiner Situation befreien.“Der IB arbeite deshalb auch viel in der

Mobbing-Prävention, die in einzelnen Klassen durchgefüh­rt werde. Das Prävention­sprojekt gegen Schulmüdig­keit, „Mädchen machen Schule“, werde vom Landschaft­sverband Rheinland und von der Stadt Solingen finanziert. Die rund 42.000 Euro seien aber nicht auskömmlic­h, erklärt IB-Betriebsst­ättenleite­rin Döndü Yagiz-Afansiou. Man habe deshalb weitere 18.000 Euro bei der Stadt beantragt. „Im Moment tragen wir einen höheren Eigenantei­l, auch um das Projekt nicht einstampfe­n zu müssen.“

Kontakt

Mädchenber­atungsstel­le und der Mädchentre­ff des IB: Ufergarten 35; Telefon 0212-23067822; E-Mail: maedchentr­eff-solingen@ib.de

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FOTO: CHRISTIAN BEIER Bieten Unterstütz­ung an: Döndü YagizAfans­iou (v. l.), Seniye Bayindir und Romina Bielenberg.

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