Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Wo die Armen und wo die Reichen wohnen
KomMonitor zeigt, wie die Menschen auf die Stadt verteilt leben. Das sind die Gründe.
REMSCHEID In Rosenhügel wohnen die Armen, in Ehringhausen viele Gut- und Besserverdiener. Soweit das Klischee. Doch KomMonitor zeigt: Es ist einiges dran. Das neue Tool der Stadt zeigt auf, wo es den Remscheidern besser und wo es ihnen schlechter geht. Die meisten Arbeitslosen gibt es danach in Stachelhausen. Dort ist auch die Kinderarmut am größten. In Stursberg und Ehringhausen leben dagegen die wenigsten Kinder und Jugendlichen in einem Haushalt, der von Grundsicherung oder Bürgergeld abhängig ist. Und in wenigen anderen Vierteln ist die Arbeitslosigkeit so gering wie dort.
Warum konzentriert sich die Armut in Remscheid auf einzelne Stadtteile? „Das hat oft historische beziehungsweise traditionelle Gründe“, sagt Maria Münstermann, Sozialplanerin der Stadt Remscheid: „Menschen mit geringem Einkommen ziehen dorthin, wo der Wohnraum günstig ist.“Oft liegen die Quartiere zentrumsnah. So in Remscheid. Wer sich kein Auto leisten kann und auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen ist, der achtet auf kurze Wege. Zudem wird Armut über Generationen vererbt, erklärt Domingo Estrany Dreßler vom Fachdienst Bildung, Jugend, Soziales, Gesundheit und Sport: „Ohne Perspektive bleiben die Kinder im Stadtteil und schaffen den Sprung weg von den Transferleistungen ebenfalls nicht.“Und das nicht etwa, weil sie das in ihrer großen Mehrheit nicht wollen.
Bildung ist der Schlüssel für sozialen Aufstieg. Doch in keinem anderen Land der Europäischen Union ist der Schulerfolg und die kulturelle Bildung von Kindern so abhängig vom Elternhaus wie in Deutschland. Das ist das Ergebnis zahlreicher Studien, zuletzt der Pisa-Studie, in der Deutschlands Kinder einmal mehr schlechter abgeschnitten haben als zuvor. Mit anderen Worten: „Es gibt keine gesellschaftliche Chancengleichheit“, sagt Maria Münstermann. Deshalb verharren so viele in dem Kontext, in den sie hineingeboren wurden.
Die Daten, die KomMonitor liefert, soll der Sozialplanerin dabei helfen, die knappen Finanzen gezielt dort einzusetzen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. „Wir haben in Remscheid keine sozialen Brennpunkte“, sagt Maria Münstermann: „Aber es sollen sich natürlich auch keine entwickeln.“
Denn Remscheid wächst. Vor allem aufgrund von Zuwanderung. Die „Industriestadt mit soziokulturellen Herausforderungen“, die Remscheid heute schon ist, muss unterstützen. Wo wird ein neues Jugendzentrum am dringendsten gebraucht? Wo eine neue Kita? Aber auch ein neues Altenheim? Das sind Fragen, auf die es Antworten braucht.
Wer KomMonitor im Internet anklickt – es handelt sich um eine Open-Source-Software, die jeder nutzen kann – der kann viel erfahren über den Stadtteil und das Viertel, in dem er lebt. Und über die ungleichen Lebensverhältnisse, die oft nur wenige Kilometer Luftlinie entfernt herrschen.
Zurück zur Kinderarmut: In Stachelhausen leben 41 Prozent (!) aller 927 dortigen Kinder und Jugendlichen im Alter von 0 bis 17 Jahren in einer sogenannten Bedarfsgemeinschaft nach SGB II. In Honsberg sind es 37 Prozent von 581, rund um den Zentralpunkt 35,7 Prozent von 1209 Kindern und Jugendlichen. In Stursberg (337 Kinder und Jugendliche) leben dagegen nur 4,1 Prozent von staatlichen Zuwendungen. Dort und in Ehringhausen leben auch die wenigsten Arbeitslosen (jeweils 1,9 Prozent), wobei die meisten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Lenneper Altstadt zu finden sind, außerdem in Kratzberg, Engelsburg/Bergisch Born, Goldenberg und Bliedinghausen.
Die Armen leben also vor allem in der Innenstadt, die Reichen am Rand von Remscheid. Dort, wo es zugleich grüner ist und es sich mutmaßlicher auch gesünder leben lässt als inmitten der dichten Wohnbebauung von Rosenhügel, Honsberg, Kremenholl und Stachelhausen.
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