Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Drei Jahre Haft wegen Missbrauchs
Das Landgericht Wuppertal sah die Schuld eines 35-Jährigen als erwiesen an.
SOLINGEN/WUPPERTAL Als das Urteil am Landgericht Wuppertal verkündet wird, bricht der Angeklagte in Tränen aus. Er hält sich die Hände vors Gesicht, er zittert. Drei Jahre muss der 35-Jährige in Haft – wegen des Versuchs der Beteiligung am sexuellen Missbrauch von Kindern und wegen des Besitzes von Kinderpornografie.
Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Solinger mehrfach ChatPartner auf dem „Portal „Knuddels“dazu aufgefordert hat, sich an Kindern zu vergehen. Er habe sich dort als 16-jähriges Mädchen ausgegeben und unter Pseudonymen zehntausende von Chats verfasst auf der Suche nach Chatpartnern, mit denen er seine Fantasien habe ausleben können.
Der Angeklagte hatte die Tatvorwürfe bestritten und behauptet, andere Personen hätten Zugang zu seinem Handy gehabt. Sein Vater, der Hausmeister und eine Zirkusfamilie, für die er gearbeitet habe: Sie alle hätten die Chats verfassen können. Nachts habe das Smartphone auf der Ladestation im Flur der Wohnung gestanden, in der er mit seinen Eltern wohnt.
Das Gericht hielt das offenkundig für eine Schutzbehauptung. Der Vorsitzende Richter Alexander Schräder sagte dazu in seiner Urteilsbegründung, dass der 35-Jährige erst jetzt damit beginnen würde, sich mit den Taten auseinanderzusetzen. Dazu gehöre auch die pädophile Neigung, die ein psychiatrischer Sachverständiger bei ihm festgestellt habe. Der Angeklagte sei „damit nicht allein in der Gesellschaft“, so Schräder. Gleichwohl sei er – vor allem auch, weil er die Taten bislang geleugnet habe – bislang therapeutisch unbehandelt und Wiederholungstaten seien nicht auszuschließen. Eine Haftstrafe sei auch deshalb angemessen, weil so eine Therapie angestoßen werden könne. Der Angeklagte leide an einer Persönlichkeitsstörung, ausgelöst durch seine Schwerhörigkeit in der Kindheit und eine daraus resultierende Entwicklungsstörung der Sprache. Er habe kaum Sozialkontakte gehabt und keine angemessenen, sexuellen Erfahrungen machen können.
Jenseits dessen, wie mit der Person des Angeklagten umzugehen sei, hatte die Kammer vor allem eine Frage zu klären: Musste der Solinger davon ausgehen, dass die sexuellen Übergriffe, zu denen er seine Chatpartner aufgefordert hatte, tatsächlich stattfinden würden? Die Chatpartner hatten das so beschrieben. Die Anklage und letztlich auch die Kammer war zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass es sich nur um den Austausch von Fantasien gehandelt habe. Und dennoch, so der Vorsitzende, habe der 35-Jährige vorsätzlich gehandelt und die Möglichkeit sexueller Übergriffe billigend in Kauf genommen.
Der Solinger hatte seine ChatPartner gefragt, ob jemand bei ihnen sei. Nachdem das bejaht wurde, folgten Anweisungen, die Mädchen zu entkleiden und sie sexuell zu missbrauchen bis hin zur Vergewaltigung. Nachdem Knuddels die Chats an die Polizei gemeldet hatte, waren die Beamten zur Hausdurchsuchung angerückt. Das Handy des Angeklagten hatten sie mitgenommen, die Chats gingen dennoch weiter. Offenbar mit einem neuen Handy, was erneut die Meldestelle von Knuddels und auch die Polizei auf den Plan gerufen hatte.