Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Honsberg: Künstlerinnen schicken die Augen auf Rätseltour
Die neue Ausstellung „raumlage“von Sylvie Hauptvogel und Cordula Sauer macht aus der Siemensstraße 21 einen kleinen Entdeckungspfad.
HONSBERG (red) Kennen Sie noch das „Magische Auge“? Die Buchreihe mit den computergenerierten Stereogrammen war der Hit in den 90ern. Das Auge hatte dabei richtig was zu tun. Man war völlig aus dem Häuschen, wenn man das „MagicEye-Rätsel“gelöst hatte und ein Objekt plötzlich vor einem im Raum zu schweben schien. Ein bisschen mit dieser Illusion spielt auch die neue Ausstellung „raumlage“in der ins blaue art gallery in Honsberg.
Hier stellen die beiden Wuppertaler Künstlerinnen Sylvie Hauptvogel und Cordula Sauer ab Sonntag aus. Aus dem Haus Siemensstraße 21 machen sie so eine kleine Rätseltour. Denn hier gibt es ordentlich was zu tun für die Augen - aber auch was für die Ohren. Und fürs Herz.
Denn die Werke der beiden Frauen spielen mit den Sinnen. Cordula Sauer zeigt „Gedanken in Räumen“, wie sie es selbst beschreibt. Inspiriert wurde sie dabei von Möbelhaus-Prospekten, Puppenstuben und eigenen Erinnerungen. „Möbel sind für mich Räume im Raum“, erklärt die Wuppertalerin, die an der Kunstakademie Düsseldorf studiert hat und Meisterschülerin von Prof. Alfonso Hüppi war. Entstanden sind Bildräume, die in die Welt des Menschlichen mit all ihren Abgründen, beklemmenden Ungewissheiten, Nähe und Distanz, Gewalt und Zärtlichkeit eintauchen lassen.
Ein Sofa, mit dem zwei Figuren verschmelzen. Doch wo beginnen sie und wo hören sie auf? Berührend ist auch die Im-Bett-Szene: Nur die Fleecedecke kann die beiden noch retten. Die Technik, Öl auf Pappe und Papier statt auf Leinwand, untermalt das noch: Der Werkstoff wird Teil der Stofflichkeit in dem kleinen Raum an der Wand. Eine Fleecedecke wird hier zu Haut.
„Das Verschwinden spielt bei meinen Werken immer eine Rolle“, erklärt Sauer. Testen Sie es doch einmal selbst: Was sehen Sie? Und wenn ja wie viele? Und welche Gefühle springen Ihnen aus dem Bilderrahmen entgegen, was denken Sie dabei?
Die Rätseltour geht in den anderen Räumen weiter. Hier spielt Sylvie Hauptvogel mit den Sinnen der Gäste. Collagen wie „Nicht in Sicht“, „Am langen Strumpf“oder „Auf Füßen tragen“machen Spaß. Denn vor jedem Bild kann man sich lange aufhalten - und entdeckt immer wieder etwas Neues. Tipp: Neben Sie am besten mal eine Freundin mit und überlegen Sie bei jeder Collage, was Sie da sehen. Oder worum es geht. Oder welchen Titel Sie vielleicht geben würden.
Sylvie Hauptvogel, die für den Förderpreis „CityARTists NRW“nominiert wurde, hat während der Coronazeit zahlreiche Collagen erschaffen, fein säuberlich aus Zeitungen ausgeschnitten, geschickt kombiniert oder Dinge bewusst weggelassen. So entstehen plötzlich ganz neue Zusammenhänge. „Der Prozess kann manchmal Wochen dauern“, sagt sie. „Und eigentlich kapiere ich erst hinterher, was ich da eigentlich gemacht habe.“
„Putztag an Bord“ist so ein Beispiel. Es hat was von den Bremer Stadtmusikanten: Ein Hund steht auf einem Tanker, auf dem thront wiederum ein Windbeutel, dessen Füllung keine fluffige Creme, sondern Zewa ist, gesteuert vom blauen Handschuh mit Putztuch. Irre. Und witzig. Es geht um Tiere, um Fußball, aber auch um Einsamkeit.
Witzig sind auch die acht kleinen Filme, die die Collagen ergänzen. Zum Beispiel „hervorschauendes Reh“, „Putztag an Bord“oder „mit roten Wasserpflanzen“, in denen Windbeutel geschrubbt und sie selbst im Badeanzug durchs Bild taucht, untermalt von selbst aufgenommenen Sounds. Zu sehen im Fernseher zwischen den Etagen. In einem weiteren Raum hat die Wuppertaler Künstlerin ihre selbst geschriebenen Gedichte an die Wand gepinnt - am 5. Mai wird sie diese auch lesen.