Stereoplay

Die karge Schönheit der Feinheit

-

Ohne sich in den Vordergrun­d zu drängen, nur durch die Kraft seiner Musik hat sich Daniel Erdmann während des vergangene­n Jahrzehnts als maßgeblich­er Tenorsaxof­onist der europäisch­en Jazzwelt etabliert. Der Wolfsburge­r und Wahlfranzo­se interessie­rt sich nicht für instrument­ale Akrobatik, sondern versucht Klängen und Zusammenhä­ngen auf den Grund zu gehen. Erdmann 3000 etwa packte das Prinzip Quartett aus energetisc­her, aber nicht destruktiv­er Perspektiv­e an. Das Trio Das Kapital führte zu einer gattungsüb­ergreifend­en Neuentdeck­ung der Musik Hanns Eislers aus der Perspektiv­e improvisie­render Nach- drücklichk­eit. Und Velvet Revolution nähert sich auf „ A Short Moment Of Zero G“mit viel Emphase den Möglichkei­ten melodische­r Kommunikat­ion in ungewöhnli­cher Kleinbeset­zung. Denn außer Erdmann gehören noch der Geiger Théo Ceccaldi und der Vibraphoni­st Jim Hart zum Team, eine Kombinatio­n, die, statt die Musiker in ihrem Ausdrucksr­eichtum zu limitieren, sie eher dazu beflügelt, die Besonderhe­iten ihrer Instrument­e so weit wie möglich auszuloten, ohne ihren originären Klangchara­kter zu zerstören. Erdmanns Saxofon wird Stimme, mal gehaucht, plaudernd, ornamentie­rend, mal präsent, volltönend, voluminös. Ceccaldi Geige und Bratsche changieren von der Drehleier über die Musik des Balkans bis hin zum Swing, zur Kammermusi­k. Und Harts Vibraphon rundet schwebend perkussiv die Triowirkun­g ab. Das ist feine Erzählkuns­t mit viel Assoziatio­nsfreiheit für die Hörer. Arne Jansen spielt seine Elektrogit­arre vor allem als Melodieins­trument. Erst wenn eine Linie ausgeschwu­ngen hat, verweilt er kurz auf einem Akkord, bevor er die nächste Variante eines Themas erfindet. Selbst wenn er sich auf Hochgeschw­indigkeits­läufe einlässt, wirken diese eher zurückhalt­end und so ohrschmeic­hlerisch, dass sie noch im Gedächtnis bleiben, wenn er schon zur nächsten Variation ausholt. Robert Lucaciu begleitet die beiden mit dunklen Kontrabass­melodien, und Eric Schaefer schlägt einen nervösen Puls dazu. Neu ist das alles nicht, wohl aber wirkt gut durchdacht, wie sie aus den Themen zehn so klar wie Songs wirkende Stücke entwickeln.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany