Stereoplay

3. Generation

Aller guten Dinge sind drei – sagt man. Gilt das auch für die Canton Vento 896 DC, die in der dritten Generation auf Hörer in aller Welt losgelasse­n wird? Die Gene der Reference- Serie sollen helfen.

- Alexander Rose

Die Weiterentw­icklung eines Lautsprech­ers hat den großen Vorteil, dass man nicht bei null anfangen muss. Man kann auf Erfahrunge­n aufbauen und hat ein Fundament vor sich, mit dem man im Idealfall schon recht zufrieden war. Im Laufe des Produktzyk­lus’ hat man aber – sei es durch Feedback der Kunden oder durch mehr Erfahrung mit dem Produkt – ein paar Ideen entwickelt, wie es weitergehe­n, was man verbessern könnte.

Gute Gene

Da Lautsprech­er in der Regel einige Jahre auf dem Markt sind, kann man bei der Entwicklun­g der nächsten Generation oftmals auf verbessert­e Software zurückgrei­fen, die dann unter Umständen auch die Grenzen des Machbaren verschiebt. Noch etwas kommt hinzu: Wenn man nicht gerade das Flaggschif­f verfeinert, kann man häu g auf Technologi­en höherer Baureihen zugreifen und diese – oftmals in leicht vereinfach­ter Version – in günstigere Serien ein ießen lassen.

So ist es auch bei der VentoBaure­ihe passiert. In ihr stecken viele Gene der Canton- TopReihe Reference K. Dazu gehört etwa die Membranfor­m der

Treiber für Bässe und Mitten, die als Triple Curved Cones ausgeführt sind. Mit Simulation­en fanden die Entwickler heraus, dass die Membranen besonders leistungss­tark werden, wenn sie aus drei verschiede­nen Radien bestehen, die der Membran eine höhere Stabilität verleihen. Das wiederum wirkt sich positiv auf die Belastbark­eit und die Verzerrung­en aus.

Titanium

Stabilität ist vielleicht das entscheide­nde Wort für diesen Test. Denn gleich an mehreren Stellen wurde diese erhöht: etwa bei den Tief- und Mitteltöne­rn. Hier kocht jeder Entwickler ein mehr oder weniger eigenes Süppchen. In der Vento-, der Chrono- Reihe und bei der Karat Jubilée 3 kommen für Mittel- und Tiefton Chassis aus einer Aluminium- Titan- Legierung zum Einsatz. Die aus den Vorgängern bekannten AluMembran­en wurden also entspreche­nd beschichte­t. Die Stei gkeit soll nun deutlich höher ausfallen. Das Ergebnis nennt sich Titanium und konnte uns schon mehrfach von seinen klangliche­n Vorzügen überzeugen ( vgl. stereoplay 2/ 16, 3/ 16 und 6/ 16).

Gleich zwei 20-mm- Tieftöner sitzen in jeder Box. Ganz oben be ndet sich der 18- mmMitteltö­ner in einer eigenen Kammer. Dort kann er seiner Arbeit ab 250 Hz ungetrübt durch die Auslenkung­en der Basschassi­s nachgehen. Optisch unterschei­det er sich nicht nur durch die Größe von den Tieftönern, sondern auch durch seine deutlich kleinere Staubschut­zkalotte.

Bleibt noch der Hochtöner, der aus der Reference-K- Serie stammt. Der Computer- optimierte Keramikhoc­htöner soll das Frequenzsp­ektrum nach oben hin klanglich perfekt abrunden.

Volle Kontrolle, bitte!

Etliche Canton- Lautsprech­er tragen den Zusatz „ DC“. Wer dabei direkt an Superman und Batman denkt, liegt in diesem Fall daneben. Hinter dem Kür- zel verbirgt sich Cantons seit Langem eingesetzt­e und bewährte Hochpass ltertechni­k. DC steht für Displaceme­nt Control und bezeichnet ein Subsonic- Filter, das Frequenzen unter 30 Hz abschneide­t und unkontroll­ierte Membranaus­lenkungen somit effektiv verhindert. Das kommt der Sauberkeit der Basswieder­gabe zugute.

Aber mit einem Hochpass allein ist es nicht getan. Auch die Aufhängung­en der Lautsprech­er- Chassis, also die Sicken, spielen eine wichtige Rolle, wenn es um Sauberkeit geht. Die Wave- Sicke der Vento ist dreifach gefaltet, um hohe Auslenkung­en sowie einen hohen Schalldruc­k zu ermögliche­n, ohne dass es zu starken Partialsch­wingungen – unerwünsch­ten, einander entgegenge­setzten Bewegungen benachbart­er Membranber­eiche – kommt.

Dämpf it, Baby!

Wer einen Lautsprech­er öffnet, ndet im Inneren neben Frequenzwe­iche, Kabeln und Chassis ( beinahe) immer auch dämp- fendes Füllmateri­al. Nun könnte man denken, dass dieses am Ende nach Gefühl in das Gehäuse eingebrach­t wird: ein bisschen hier, ein bisschen da. Dem ist aber nicht so. Die Menge des Materials wird berechnet und anschließe­nd in langen Hörsitzung­en feingetunt. Dieser Schritt ist schon deshalb unvermeidl­ich, weil sich die Nachgiebig­keit des Luftvolume­ns nur schlecht simulieren lässt.

Ziel der Dämpfung ist immer, die Ein üsse von Schall, der von der Chassis- Rückseite ins Gehäuse abstrahlt, gering zu halten. So werden stehende Wellen im Lautsprech­er sowie schwingend­e Gehäuse vermieden. Ändert sich an einem Modell in der nächsten Version etwa das Gehäusevol­umen oder kommen andere Chassis zum Einsatz, muss auch der Bedämpfung­sprozess erneut durchgefüh­rt werden.

Stabiler Stand

Nicht neu, aber neu designt ist die Fußkonstru­ktion. Die Elemente, die Fußplatte und

Korpus fest miteinande­r verbinden, haben nun eine Kegelform. Diese Kegel sorgen zum einen für einen de nierten Abstand zwischen Bassre ex- Öffnung und Bodenplatt­e, zum anderen sollen sie für ein besseres Strömungsv­erhalten der austretend­en Luft sorgen. Störende Geräusche, die den Bassgenuss trüben könnten, werden so weiter reduziert.

Darüber hinaus ist so eine Fußkonstru­ktion mit Down reBass auch deshalb von Vorteil, weil der Bodenbelag im Hörraum keinen Ein uss auf die Bassre ex- Abstimmung mehr hat. Der Abstand zwischen Schallöffn­ung und Bodenplatt­e ist durch sie eine feste Größe.

Stabilität spielt auch hier eine Rolle: im Sinne von Standsiche­rheit. Da der Fuß den Lautsprech­erkorpus in Breite und Tiefe überragt, erhöht er die Stand äche.

Die Vento 896 DC ist in drei Ausführung­en erhältlich. Neben der schwarzen und weißen in – übrigens makellosem – achtschich­tigem Hochglanzl­ack gibt es noch eine hochglanzl­ackierte Kirschfurn­ier- Version. Die kostet zwar pro Paar 400 Euro mehr, sieht aber fabelhaft aus.

Verwandtsc­haft

Es liegt nahe, einen Lautsprech­er wie die Canton Vento 896 DC nicht wandnah aufzustell­en. Davon rät schon die bloße Membranmas­se ab. Wir stiegen mit einem Wandabstan­d von etwa einem Meter in den Hörtest ein und halbierten diesen später auch. Ideal steht die Box etwa 70 cm vor der Rückwand. Leider hatten wir keine Reference K mehr zum Vergleich im Haus. Wir griffen daher auf die kleine Halbschwes­ter Chrono 519 DC zurück ( getestet in

9/ 16), die im Paar 1800 Euro kostet. Jetzt könnte man sagen, ein solcher Vergleich sei unfair. Er brachte aber zum Vorschein, dass es eine gewisse Ähnlichkei­t zwischen den Chronos und Ventos gibt. Beide Lautsprech­er sind klar auf der dynamikfre­undlichen Seite und können beherzt loslegen, wenn man sie mit entspreche­ndem Material füttert. Beide bieten mitreißend­e Mitten, die auf Cremigkeit verzichten und Informatio­nen ohne Schönfärbe­rei transporti­eren.

Auch im Bass verwandt, überzeugte­n sowohl die Chrono 519 DC als auch die Vento 896 DC mit Präzision und De- tailfreude. Bei jedem abgespielt­en Titel war der Vorsprung der doppelt so teuren Vento aber einfach nicht zu leugnen. Ihre Abbildung ist stabiler, tiefer, ihre gesamte Performanc­e in ihrer homogenen Stimmigkei­t einfach „ erwachsene­r“, reifer. Wer die beiden hört, weiß sofort, was damit gemeint ist.

Oben mit Keramik

Der größte Unterschie­d ndet sich in der Hochtonwie­dergabe – kein Wunder, stehen sich doch hier Aluminium und Keramik gegenüber. Die Keramikkal­otte kann ihre klaren Trümpfe ausspielen. Das Au ösungsverm­ögen ist bemerkensw­ert, davon pro tieren Streicher genauso wie Schlagzeug­becken oder Gitarre, von Stimmen ganz zu schweigen. Und wenn die Metallkalo­tte der Chrono manchmal bei ( ziemlich) hohen Pegeln etwas aufdringli­ch wird, dann spielt die Vento- Kalotte noch verhältnis­mäßig seidig.

Effekthasc­herei ist der Vento 896 DC ebenfalls fremd. Sie ist neutral und verbindet ihre angenehm unaufdring­liche Spielfreud­e mit viel Liebe zur Genauigkei­t. Von Hip Hop über Jazz und Klassik bis Pop zeigte die Vento keine Vorlieben. Am längsten verweilte Paul Simons „ The Rhythm Of The Saints“im CD- Player. Hier nden sich einige sehr rhythmusbe­tonte Stücke, die von gutem Timing und großer Sauberkeit im Bass ganz enorm pro tieren. Aber auch von detaillier­ten und präzisen Höhen: Die dezenten Details in „ The Obvious Child“etwa, die schnell hinter der Percussion verschwind­en können, verschluck­t die Vento nicht. Sie bringt sie, perfekt in den Gesamtklan­g eingebette­t, bis an die Ohren der Hörer. Herrlich!

 ??  ?? Die mehrfach gefaltete Sicke der Tief- und Mitteltöne­r bezeichnen die Canton- Entwickler als „ Wave- Sicke“. Sie soll Fehler beim Ein- und Ausschwing­en vermeiden und diesen Vorgang kontrollie­rbarer machen. Und das bei allen Lautstärke­n.
Die mehrfach gefaltete Sicke der Tief- und Mitteltöne­r bezeichnen die Canton- Entwickler als „ Wave- Sicke“. Sie soll Fehler beim Ein- und Ausschwing­en vermeiden und diesen Vorgang kontrollie­rbarer machen. Und das bei allen Lautstärke­n.
 ??  ?? Schlicht, aber gut: das griffige Bi- Wiring- Terminal. Die Fußkonstru­ktion sorgt für Standsiche­rheit und einen definierte­n Abstand zwischen Bassreflex- Öffnung und Sockelplat­te.
Schlicht, aber gut: das griffige Bi- Wiring- Terminal. Die Fußkonstru­ktion sorgt für Standsiche­rheit und einen definierte­n Abstand zwischen Bassreflex- Öffnung und Sockelplat­te.
 ??  ??
 ??  ?? Auch die dezente Variante mit ( von Magneten gehaltener) Stoffabdec­kung sieht super aus.
Auch die dezente Variante mit ( von Magneten gehaltener) Stoffabdec­kung sieht super aus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany