B& W 706 S2
Wohnraum wird in den Städten immer teurer. Wer traurig ist, weil er auf weniger Platz lebt, kann hier Trost nden: Die brandneue B& W 706 S2 blüht in kleinen und mittleren Räumen auf und haucht jeder Musik audiophiles Leben ein.
An irgendeiner Stelle muss man sparen – insbesondere dann, wenn man Technologie aus höheren Preisklassen in günstige Ge lde implementiert. Bei der neuen 700er- Serie fällt zuerst ein Unterschied zur TopSerie 800 auf: die Gehäuse. Hier ist nichts geschwungen und elegant verrundet, und nur bei der größten der Kompakten und der größten der Standboxen sitzt der Hochtöner in dem aus der 800er- Serie stammenden eigenen, aufgesetzten, entkoppelten Gehäuse. Das hat die 706 S2 nicht, ist sie doch „ nur“die mittlere von drei 700er-Kompaktboxen. Zwar schmerzt das eckige Gehäuse ein wenig, wenn man an die wunderschönen 800er denkt, aber schließlich kann der Käufer hier unter Umständen viel Geld bei überschaubaren klanglichen Einbußen sparen. Da kann man bei den Ansprüchen ja wohl mal die Kirche im Dorf lassen.
Kein Grund zu jammern
Das Gehäuse eines Lautsprechers ist in erster Linie doch nur Mittel zum Zweck: Es soll für eine ruhige, nicht von Vibrationen und Resonanzen gestörte Arbeitsumgebung sorgen, den Treibern dabei genug Raum – sprich: Luft – lassen und, wie im Falle der 706 S2, per rückseitigem Bassre export in den unteren Registern ein wenig unterstützen. Umso erfreulicher, dass die Box dennoch sehr sauber verarbeitet und trotz fehlender Kurven optisch durchaus ansprechend ist. Drei Ausführungen sind erhältlich: Schwarz glänzend, Satinweiß und Nussbaum- Rot.
Gerade bei der 700er- Serie, die auf viele Gene der Topmodellreihe zurückgreift, ist der „ Inhalt“der Gehäuse aber sicherlich interessanter.
Es kommt nicht selten vor, dass Boxenbauer für ihre Treiber zwei oder mehr Werkstoffe aufgrund ihrer sich ergänzenden Eigenschaften miteinander verbinden. So macht es B& W auch bei den hier eingesetzten Treibern.
Überall Neues
Der Hochtöner wurde speziell für die neue 700er- Serie entwickelt. Schließlich war es dann eben doch nicht möglich, den Diamanthochtöner der 800er in die Serie einzuführen. Und warum auch? Wer würde dann noch die 800er kaufen? Seine Technologie deutet der Hochtöner, genannt Carbon Dome, schon im Namen an: Auf einen Trägerstoff, hier eine Aluminiumkalotte, wird eine extrem dünne, aber wirksame Schicht Kohlenstoff aufgetragen. Da die Schicht so dünn ist, scheuen sich die Entwickler auch, von Diamant zu sprechen. In der Summe sollen Trägermaterial und härtende sowie gleichzeitig bedämpfende Schicht aber recht ähnliche Eigenschaften in puncto Au ösungsvermögen und Klarheit aufweisen – nur halt zu deutlich geringeren Herstellungskosten. Nicht ohne Stolz verkünden die B& W- Entwickler, dass es ihnen mit diesem Sandwich gelungen ist, die Resonanzfrequenz auf 47 kHz zu verschieben. Sie ist damit zwar ein ganzes Stück von den 79 kHz der 800er- Hochtonkalotte entfernt, aber „ herkömmlichen“Hochtönern weit überlegen.
Für Bässe und Mitten ist bei der 706 S2 ein ContinuumTief-/ Mitteltöner zuständig. Dieser Treiber ist direkt der 800er- Serie entlehnt. Es handelt sich um ein beschichtetes Gewebematerial namens – Überraschung! – Continuum, das aus einer weichen Aramidfaser
besteht. Die Entwicklung der Continuum- Membranen war für B& W ein historischer Schritt, bedeutete er doch die Abkehr von der charakteristischen Kevlar- Membran, die lange Zeit das Bild von B& W- Lautsprechern geprägt hat. In der kompakten 706 ist das Chassis aber mit einer Sicke aufgehängt. Das führt zu einem gleichförmig kolbenförmig schwingenden Chassis; so kann der Tief-/ Mitteltöner auch Bässe kraftvoll und lebendig abstrahlen.
It’s all there
Der Hörtest zeigte, dass die 706 auf nicht allzu hohen Ständern stehen sollte, sonst wird das Klangbild etwas dumpf. Auf dem passenden B& W- Ständer lief sie dann aber zur Hochform auf. Zunächst überraschte ihr punchiger, federnder und quicklebendiger Bassbereich. Die zweite auffallende Eigenschaft war ihre unglaublich tiefe Raumabbildung! Mit passenden Aufnahmen hat man das Gefühl, weit in den Raum hören zu können, Klangereignisse sind sauber und mit deutlichem Abstand zueinander gestaffelt.
Ihre dezent spritzige Art sorgt dafür, dass die Box nie zu forsch klingt, gleichzeitig ist ihre Darstellung extrem lebendig. Da nimmt man gerne in Kauf, dass sich Gitarren schon mal etwas in den Vordergrund drängen. Mundharmonika und Orgel in „ He Could Have Been A Dancer“von Jon English ( vom Album „ It’s All A Game“) schälten sich wunderbar aus dem Klangbild, Molokos „ Familiar Feeling“begeisterte mit kräftigem, sehr beweglichem Bass bis hin zu recht hohen Pegeln. Aber Obacht: Die 706 S2 lädt zu hohen Pegeln ein, die die Nachbarn nicht erfreuen werden.