Felix Mendelssohn Bartholdy: Violinkonzert, Sinfonie Nr. 5 u. a.
Faust, Freiburger Barockorchester, Heras- Casado ( 2017)
Über Nutzen und Nachteil der Historie für das musikalische Leben muss man da nicht mehr groß debattieren: Isabelle Faust hat sich über authentische Spielweisen von Mendelssohns e- Moll- Violinkonzert exakt informiert, und heraus kommt kein dürrer Museumsalmanach, sondern eine lebendigste Offenbarung. Gezielt dosiertes Vibrato als Ausdrucksmittel, häufiges Portamento, Flageoletts und Spiel auf leeren Saiten: das alles geht aus überlieferten Fingersätzen von Geigern des Mendelssohn- Umfelds hervor und gleicht bei Faust und ihrer silbrig- schlanken Reinheit des Tons einer Wiedergeburt des viel malträtierten Werks. So war es gemeint, so muss es klingen – befreit von Schmalz und Sülze ( nur im Andante birgt das Fingergleiten bisweilen einen leichten Quietschfaktor). Die historische Recherche wäre freilich nichts ohne das Temperament der Geigerin, ihre technische Bravour etwa im quecksilbrigen Elfentanz des Finales, ihre Sensibilität für die Feinheit expressiver Nuancen. Das Freiburger Barockorchester mit Pablo Heras- Casado folgt der Solistin mit konturierter und transparenter Balance. In der Hebriden- Ouvertüre vermisse ich allerdings die Fähigkeit des Dirigenten, in großen Bögen zu denken. Bei aller farbechten Einzelbeleuchtung machen sich Kleingliedrigkeit und Oberflächendynamik breit. Ganz frei ist davon auch die „ Reformationssinfonie“nicht, dennoch finden Heras- Casado und das exzellente Orchester vom gravitätischen Prunk der Einleitung bis zur „ Ein feste Burg“- Choralfantasie schlüssige Klangwege.