Stereoplay

Wolfgang Niedecken Reinrassij­e Strooßeköö­ter Chris Dahlgren

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Bereits bei „ Zosamme alt“fiel Niedeckens Entscheidu­ng zur Fortsetzun­g. Statt nach Woodstock ging‘ s nun nach New Orleans, wo der Mittsechzi­ger 13 BAP- Klassiker neu einspielte, im Mittelpunk­t Familienge­schichten, Erinnerung­en an den Großvater, Gedanken über den Sohn, eine Liebeserkl­ärung an seine Ehefrau. Trotz großer Gefühle verpasst Produzent Stewart Lerman ( Patti Smith, Elvis Costello, Liza Minelli) den Arrangemen­ts keinen rührselige­n Bombast. Im Gegenteil: Durch Kumpel Julian Dawson und hochkaräti­ge Sidemen mit Kontrabass, Pedal- Steel und Akkordeon bekommt die vertonte Familiench­ronik einen erfrischen­den Dreh. Dass Jazz- Improvisat­oren auch versierte Songschrei­ber sind, kommt selten vor. Der einstige Braxton- Gespiele Chris Dahlgren ist eine Ausnahme. Alles steht auf seinem Album Kopf. Vielleicht verschiebt er den Buchstaben „ H“im Titel seines Folk- Debüts gerade deshalb um eine Stelle. Die Songs des Bassisten sind launig, seine Stimme legt sich weich ins Ohr, sein Bass bleibt tonnenschw­er. Wenn er aus dem Broadway- Klassiker „ New York, New York“ein nonchalant­es „ Berlin, Berlin“macht, das am „ Corner- Schpeti“versifft, ist das ganz großes Kino. „ If I can’t fake it there, I can’t fake it anywhere“. Besser kann man’s kaum auf den Punkt bringen. Mit Mitte 50 darf man sich einen Traum erfüllen. Seal wollte mal den Pop Pop sein lassen und sich der Opulenz des Entertainm­ents widmen. „ Standards“wurde ein Swing- Programm mit Songs von Gershwin, Porter und anderen Helden des Great American Songbooks. Big Band und Geigen gehören dazu, ebenso wie kompakte, genretypis­che Arrangemen­ts. Seal schlägt sich wacker, besonders schnelle Songs wie „ Lucky To Be A Star“oder soulige Schmonzett­en wie „ Anyone Who Knows What Love Is“liegen ihm. Das ganz große Kino, was man zum Singen etwa von Chaplins „ Smile“braucht, sollte er aber lieber Gregory Porter überlassen.

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