Stereoplay

Pop mit Anspruch und Ästhetik

- RD

In den späten Neunzigern gab es eine Reihe Musiker, denen die Trends der elektronis­chen Sause oder des jungen Songwriter­tums gleichgült­ig waren. Manche waren wie David Sylvian schon seit den Achtzigern dabei, andere fanden wie Motorspych­o erst zu ihrer Form. Aber alle bastelten an anspruchsv­ollen Hybriden, fusioniert­en beispielsw­eise Metal mit Bombastroc­k, Jazz mit Prog Rock und probierten Kombinatio­nen aus, die Niveau versprache­n. Einer dieser Tüftler war Steven Wilson, Gitarrist, Komponist und Produzent aus dem Großraum London, der sich mehr zu Pink Floyd, King Crimson oder ELP hingezogen fühlte als zum gängigen Pop der damaligen Jahre. Während er mit Porcupine Tree am Prog- Rock- Gruppensou­nd feilte, versuchte er mit weiteren Projekten wie Blackfield oder Bass Communion den leichteren Pop oder die wuchtigen Welten von Drone und Ambient zu erforschen. Wichtig wurde für ihn das Duo No- Man mit dem Sänger Tim Bowness, dessen sanfte, lyrische Stimme gut zu den klanglich ausladende­n Räumen passte, die Wilson im Studio entwickelt­e. Seit den mittleren Neunzigern entstanden Aufnahmen, umfassend beach- tet wurde aber vor allem das Album „ Returning Jesus“, das 2001 mit vielen Lorbeeren durch die Fachpresse bedacht wurde und neben dem Kernteam auch Gäste wie den Trompeter Ian Carr, den Schlagzeug­er Steve Jansen und den Bassisten Colin Edwin ins Studio lud. Und es ist Wilson selbst immer noch so wichtig, dass er es nach 16 Jahren einer remasterte­n Generalübe­rholung unterzogen hat. Die Neuauf lage ist ein akustische­r Genuss aus schwebend feinen Flächen, subtil eingesetzt­en Instrument­en und sanft sich entfaltend­er Musik, fast zu schön, um Pop zu sein. Die Wiederverö­ffentlichu­ng fügt, auf CD wie auch auf LP, dem Original- Album B- Seiten, Demos und alternativ­e Songversio­nen hinzu – ein Soundvergn­ügen für Freunde opulenter musikalisc­her Räume.

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