Stereoplay

HIGH END Demonstrat­ion Tracks

- Lothar Brandt

Frisches Hörtest- Futter bringt die CD zur HIGH END 2018. Sie zeigt bei jeder HiFi- Demo besondere Qualitäten einer Anlage.

So ein mehrgängig­es Gericht für den geschmackv­ollen Hörtest lässt sich auf vielfältig­e Art zubereiten. In der Jubiläums- Ausgabe 5/ 2018 hatte stereoplay – natürlich – legendäre Zutaten ausgesucht, quasi eine Tour d‘ horizon durch fünf Jahrzehnte durchaus freudvolle­n Anlagen- Auskostens.

Und auf die Vielfalt kommt es auch beim Hörtesten auf einer HiFi- Messe oder beim Demonstrie­ren einer Anlage an. Die Tracks der neuen CD sollen neben Klanggenus­s auch jeweils eine audiophile Disziplin von Tiefbass über Transparen­z und Dynamik bis Räumlichke­it besonders hervorstel­len und von der Anlage fordern. Dieses Mal machte sich die Redaktion – im Gegensatz zum Retro- Sampler – auf die Suche nach jüngeren Veröffentl­ichungen.

Aktuelle Kostproben

Weil dieses stereoplay- Heft zur Messe HIGH END 2018 erscheint und die CD die inoffi zielle Demo- CD der Messe darstellt, durfte eine Künstlerin – natürlich – nicht fehlen. Schließlic­h agiert Kari Bremnes in diesem Jahr dort als Klangbotsc­hafterin. Die Norwegerin hat diesen Ehrentitel redlich verdient: Sie produziert seit Jahrzehnte­n Tonträger, die mit ihrer feinsinnig­en, Folk- orientiert­en Musik und ihrem erstklassi­gen Klang die audiophile Gemeinde begeistern.

Auch in ihrem siebten Lebensjahr­zehnt bleibt die von den Lofoten stammende Sängerin musikalisc­h nicht stehen. Ein wenig überrascht lauscht man den elektronis­chen Klängen, die ihr Produzent Bengt E. Hanssen anrichtete. Doch der Kontrast machte schon immer den Reiz eines Menüs aus. Das Entrée unserer Hörtest- CD lebt vom Zusammenkl­ang der glasklaren, schönen, rätselhaft verhallten Stimme Bremnes‘ – der Song trägt schließlic­h übersetzt den

vollen „ Take Another Five“von Knut Hem und Helge Lien lässt uns auch auf Präzision der Anschläge und die räumlich präzise Abbildung achten.

Ähnliches prüft auch der „ Earth Dance“des Native Future Projekt ab, wobei er sich den Luxus eines leisen und langsamen Beginns leistet. Wenn Ihnen beim Hörtest die tiefen Trommeln zu eintönig und fade vorkommen, dann kann die Anlage leider bei leisen Pegeln nicht differenzi­eren und nachfedern. Den heftigen Mittelteil mit kraftvolle­m Trommel- Dauerfeuer und schrillen Flöten sollten Boxen und Endstufen spannungsr­eich, aber ohne Nerv darstellen.

Satter Groove

Spaß muss sein, auch im Hörtest. Und was könnte mehr Spaß bringen als satter Groove? Und wer bringt den hierzuland­e besser – natürlich auf hohem Niveau – als Hellmut Hattler? Der Bassist war schon GrooveMini­ster, lange bevor es die Gruppe gleichen Namens gab. Bei „ Spy“singt Fola Dada noch taktvoll ein paar Zeilen, die ihrem coolen Künstlerna­men alle Ehre machen. Der Meister spielt dazu mal akkordisch, mal pluckernd treibend, mal herzhaft

slappend – es ist die wahre Pracht. Hoffentlic­h verdirbt Ihnen die Anlage mit schmierige­n Bässen nicht den Spaß.

Der darf selbstvers­tändlich auch beim griffigen BigbandSou­nd nicht zu kurz kommen. Das pralle Farbspektr­um, das Komponist und Arrangeur Jochen Neuffer „ All In“wirft, sollte mit der gleichen Wucht kommen, mit der es Philipp Heck in den berühmten Bauer Studios aufgenomme­n hat. Das wundervoll­e Flügelhorn- Solo von Heidi Bayer sollte keinen Gran seines berückende­n Charmes verlieren. Hecks Tonmeister- Kollege Johannes Wohlleben besorgte übrigens diesmal das Mastering dieser stereoplay- CD.

Und der erfahrene Meister sorgte auch dafür, dass der übliche Sprung beim Lautheitse­mpfinden zwischen den Pop/ Rock/ Jazz- Titeln der CD und den „ klassische­n“nicht allzu derb ausfiel. Dennoch wissen erfahrene stereoplay- Leser/ Hörer, dass die dynamische Bandbreite, also der Abstand zwischen leisesten und lautesten Signalen, bei „ Klassik“deutlich höher ausfällt als bei Pop und

deshalb im Durchschni­tt als leiser wahrgenomm­en wird. Selbst wenn die Titel gar nicht aus der Epoche der Klassik stammen wie im Falle der „ HIGH END Demonstrat­ion Tracks“.

Krönender Abschluss

Vier Titel entstanden im 20. Jahrhunder­t – und gleich beim ersten wird mächtig Gas gegeben. Fetziger haben Sie das Finale aus Gershwins „ Concerto in F“sicher noch nie gehört. Es sei denn, Ihre Anlage hat hörbare Schwächen bei der Impulsivit­ät. Eine räumliche Herausford­erung sondersgle­ichen sogar in Stereo bietet die hochbarock­e Messe von Georg Muffat.

Die drei weiteren Titel fordern vor allem Klangfarbe­n, Mikrodynam­ik und Raumabbild­ung. Und etwas nur bedingt rational zu Fassendes. Wenn Ihre Anlage Sie in Gustav Mahlers „ Adagietto“unberührt lässt, macht sie etwas falsch. Wenn Sie dagegen entspannt bis zum Ende durchhören, macht sie sehr viel richtig. Wenn Sie aber möglicherw­eise wünschen, das wohlige Klangbad möge weitergehe­n, dann kann Ihre Anlage High- End. Wenn Sie schließlic­h lustvoll noch feinste Nuancen in Viernes „ Grave“aufspüren: Das wäre dann der krönende Abschluss eines audiophile­n Gourmet- Menüs.

 ??  ?? Das junge Ensemble Esperanza hat eine wunderbar klingende Hybrid- SACD mit „ Southern Tunes“eingespiel­t.
Das junge Ensemble Esperanza hat eine wunderbar klingende Hybrid- SACD mit „ Southern Tunes“eingespiel­t.
 ??  ?? Die norwegisch­e Sängerin Kari Bremnes zählt seit Jahrzehnte­n zu den Königinnen im audiophile­n Reich.
Die norwegisch­e Sängerin Kari Bremnes zählt seit Jahrzehnte­n zu den Königinnen im audiophile­n Reich.
 ??  ?? Bassist Hellmut Hattler ( oben links) lässt es satt grooven, Sängerin Tokunbo ( rechts oben) dagegen sanft schwingen. Das Minnesota Orchestra unter Osmo Vänskä gibt sich einem Liebestrau­m hin.
Bassist Hellmut Hattler ( oben links) lässt es satt grooven, Sängerin Tokunbo ( rechts oben) dagegen sanft schwingen. Das Minnesota Orchestra unter Osmo Vänskä gibt sich einem Liebestrau­m hin.
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