Gib’ mir alles!
Eine kleine Kiste. Kaum sieben Kilo schwer. Und dennoch beherbergt sie eine gewaltige Musiksammlung. Mehr, als wir uns vorstellen können. Dazu hat sie viel Sinn für die Feinheiten der Musik.
Genau in dieser Minute liegt links von mir ein Berg an CDs. Es werden über tausend sein. Denn ich habe mir vorgenommen, meine Sammlung auf Festplatte zu transferieren. Das kostet Zeit und mitunter auch Nerven. Titel müssen eingegeben, Cover müssen gefunden werden. Eine Fleißaufgabe.
Das wirft die Frage auf: Was ist uns die alte CD noch wert? Auf dem Flohmarkt hat sich mittlerweile ein Preis von einem Euro etabliert – mehr geht nicht. Manchmal begegnet man noch alten Preisetiketten. Da steht dann „ 34,99 DM“. Was für ein Preisverfall über die Jahrzehnte. Und ein klares Zeichen: Die CD ist ein Relikt.
Aber wir haben noch so viel davon. Wohin damit? Genau an diesem Punkt kommt der Aria Piccolo + ins Spiel. Er ist perfekt geschaffen für diese Problemstellung. Denn er kombiniert eine Festplatte mit einem modernen Streaming- Wandler. Er kann mit drei Terabyte eine gewaltige CD- Sammlung aufnehmen und wiedergeben. Keine weitere Komponente ist nö tig. Hier ändert sich eine komplette Welt. Waren wir früher bereits über die CD glücklich, weil wir bei Beethovens 9. Sinfonie nicht mehr die Vinyl- Plattenseite wechseln mussten, so können wir heute Wagners kompletten Ring ( 16 Stunden) ohne die geringste Unterbrechung herbeistreamen. Jetzt mögen sich zweifelnde Gemüter fragen: Drei Terabyte – genügt das für meine immense CD- Sammlung? Aber sicher. Das ist ein Füllhorn ohne Grenzen. Wer möchte, kann seinen Piccolo + auch kleiner konfigurieren: Einfach auf die Webseite des deut schen Vertriebs gehen ( www. gute- anlage. de) und beispielsweise eine SSD- Festplatte mit einem oder zwei Terabyte wählen. Dann wird es teurer, aber eben auch frei von einer kritisch- klassischen Konstruktion mit Lesekopf und magnetischen Scheiben.
Das Schöne an der Gesamtkonstruktion: Tausend CDs verschlingen Platz, die gleiche Klangqualität auf einem Piccolo + braucht nur sieben Kilogramm. Und eine App: Kein Bedienfeld offenbart beim Piccolo + die Details der hinterlegten Musiksammlung. Erst durch die App ( für iOS wie Android) erwacht die Sammlung zum Leben.
Diese visuelle Wiedererweckung ist Aria wunderbar gelungen. Die App zeigt natürlich die Fotos der Cover, dazu aber auch extrem fein die Angaben zur Aufnahme. Wenn denn gut gerippt wurde. Natürlich kann man diesen Job am PC oder Mac übernehmen und dann die Daten per Ethernet- Kabel auf den Piccolo + überspielen. Das gute Stück kommt jedoch im Liefer
Hier ändert sich eine komplette Welt. Tausend CDs verschlingen Platz, auf einem Piccolo genügen sieben Kilo.
umfang auch mit einem externen DVD- Laufwerk nach Hause. Einfach an den USB- Port anschließen, eine CD einlegen, und der Piccolo + legt mit dem Ripping los – wenn er mit dem Internet verbunden ist. Dann zieht er sich multiple Informationen über die Aufnahme.
Klasse, dass Aria mehrere Datenbanken anzapft. Neben AMG, GD3, Discogs, Freedb und Musicbrainz gibt es auch die großartige Plattform SonataDB. Hier werden insbesondere Klassikfans glücklich. Denn neben den Interpreten werden auch Komponist und Satzbezeichnung abgefragt.
Danach überantwortet der Piccolo + die Daten einem Wandler von Burr Brown. Hier kann ein Streaming bis zu 32 Bit und 384 Kilohertz in Musik übersetzt werden. Das ist äußerst zukunftstauglich, zumal es noch eine umfassende DSD- Ausbeute hinzugibt. Die Basisarchitektur ist offen. Man kann beispielsweise schnell einen USB- Stick anschließen oder ein NAS einbinden. Wer mag, kann einen großen Haus- HörzonenVerband aufbauen, der Piccolo + beherrscht auch das Multizone- Streaming. MehrkanalTracks werden per HDMI und USB ausgegeben. Als sinnvolle Zugabe gibt es noch Apples AirPlay obendrauf.
Wo der Piccolo + hingegen mager bestückt ist: Es gibt keine integrierten Streaming- Portale. Andere Hersteller sind da weiter – da gibt es Qobuz und Tidal als Mitspieler, die ganz einfach in das Streaming- Angebot eingebunden werden können. Kein Manko, aber so immerhin doch ein kleiner Haken – je nach praktischen Intentionen. Was hingegen den sensiblen Gemütern gefällt: Die kompakte Zauberkiste benötigt keinen surrenden Ventilator, die nötige Kühlung wird effektiv über das Aluminiumgehäuse erreicht.
Wer tiefer unter die Haube blickt, entdeckt kaum Überraschungen. Das wirkt luftig und aufgeräumt. Klein ist das Netzteil, klein der zentrale Prozessor. Einzig die Festplatte an der Front nimmt viel Platz ein. Die Ambitionen zeigen sich eher auf der Rückseite: Hier packt Aria neben den Cinch- Ausgang auch einen XLR- Port.
Sind wir in der Einstiegsoder in der Königsklasse? Eher im gehobenen Mittelfeld. Am Preis lässt sich einiges ablesen: Von 2500 bis 3400 Euro reicht Ambitionen: Die meisten Hersteller würden sich auf Cinch- Ausgänge beschränken, doch hier gibt es auch XLR- Verbindungen. Die Verarbeitung ist sehr fein.
die Preisspanne – abhängig von der Festplatte. So etwas kauft man nicht nebenbei. Vor allem, wenn es darum geht, seine wertvolle CD- Sammlung in einen neuen digitalen Stand zu versetzen. Die Effizienz beim Ripping ist groß, das Speicherangebot stolz. Im schönen Finale geht es aber nur um den Klang.
Höhere High- End- Klasse
Als Gradmesser aus dem Jazz haben wir eine ganz feine Interpretation zugespielt. Sie ist unser Standard, unser Liebling geworden. Till Brönner, der Trompeter, und Dieter Ilg, der Kontrabassist, haben sich für das Album „ Nightfall“getroffen. Wer etwas Gespür für eleganten Jazz hat, beschafft sich die Vinyl- Pressung oder den HiRes- Datensatz bei 24 Bit / 96 kHz. Wunderbar entspannt gehen die beiden Top- Musiker an die Arbeit. Die Aufnahme entstand in einem kleinen Saal in einem Hotel am bayerischen Alpenrand. Vom Schlafzimmer bis zum Aufnahmestudio waren es nur ein paar Meter. Sehr in- tim das Ganze. Wenn ein Streaming- Player Stress in das feine Spiel bringt, ist er schlecht. Hier geht es um Gediegenheit und winzigste Impulse. Genau dem konnte der Piccolo + nachfühlen. Das war von viel Raum umgeben, dazu die Luft zwischen Trompete und Bass – viele Informationen, viel Präzision. Wir hörten einem Player der höheren High- End- Klasse zu.
Wer so viel Gespür mitbringt, wird doch auch eine der großen Klassikaufnahmen der 80er- Jahre beleben können? Herbert von Karajan wagte sich gegen seine Überzeugung an einen Live- Mitschnitt: Mahlers Neunte, live aus der Berliner Philharmonie. Hier muss eine Quelle die Atmosphäre übermitteln. Es geht nicht um das Buchstabieren von Tönen, son- dern um einen Kosmos an SubInformationen. Auch hier verstand der Piccolo + sein Handwerk. Das war ein Hochamt der feinen Informationen. Man wurde hineingesogen in die Kraft des Augenblicks. Selten lässt eine Live- Einspielung diesen Sog zu. Die Aufnahme ist grandios, würdig zeigte sich ihr klanglicher Mitspieler.
Andreas Günther