AVM CS 2.2 4T
Man kann nicht alles haben. Oder doch? AVM hebelt die Spielregeln aus. Nun kommt der Inspiration CS 2.2 als „ 4T“- Version. Mit noch mehr unter der Haube: Player, Streamer und Phono- Stufe treffen auf einen kraftvollen Amp.
Man sollte erwachsene Männer nicht allein lassen. Insbesondere wenn sie über Fantasie und Willenskraft verfügen. So traf sich ein besonderes Trio hier in München in den Räumlichkeiten des Verlages: Udo Besser, der Geschäftsführer von AVM, Andreas Eichelsdörfer, der Chefredakteur unseres Schwestermagazins AUDIO, und Bernd Theiss, der Leiter unseres Messlabors. Die drei heckten eine Verschwörung aus. Alles im Zeichen eines besonderen Jubiläums: AUDIO feiert dieses Jahr seinen 40. Geburtstag – ob es da nicht möglich wäre, dass AVM eine Sonderauflage ausbrütet?
Gedacht, gesagt, getan: Seit Kurzem gibt es den All- in- OneKubus In spiration CS 2.2 mit dem Kürzel „ 4T“im Nach- namen. Das steht ganz simpel für „ forty“, eben das stolze Alter von AUDIO.
Doch die Grundsatzfrage bleibt: Wie kann man etwas Perfektes verbessern? Beim Test des CS 2.2 jubelten unsere Autoren in stereoplay und AUDIO einvernehmlich und verteilten Bestnoten. Wir vergaben gar ein „ Highlight“obendrauf.
Weshalb waren wir so begeistert? Weil AVM hier etliche Traumkomponenten vereint hatte. Hier gibt es die höchsten Werte der Company in nur einem Gehäuse: einen superben CD- Player, einen kräftigen Vollverstärker und dazu eine Phonoplatine und eine großartige Ausbeute von Streaming- Daten.
Dazu stimmte der Preis – für überschaubares Geld gab es eine Komplettlösung auf höchstem, audiophilem Stand. Super.
Da blieben keine Wünsche offen. Eigentlich. Weshalb also ein Upgrade auf „ 4T“? Weil es möglich war, weil tatsächlich die feinen Stellrädchen noch ein paar Drehungen weiter gebracht werden konnten.
Nun stehen wir vor einem Wunderwerk. Jeder High- EndFreund, der mehrere Einzelkomponenten übereinander gehäuft hat, müsste sich ärgern. Denn durch die moderne Miniatur- Bauweise passt alles unter eine Haube. Wer in den 4T hineinblickt, findet kaum luftige Stellen. So gibt es an der Front beispielsweise ein CD- Laufwerk von TEAC. Hier werden einzig CDs ausgelesen, voll verkapselt, ruhig und souverän. Daneben liegt ein Baustein mit digitalen Endstufen – doppelte 165 Watt werden hier an die Lautsprecherklemmen weiter- geleitet. Das ist gehoben, den Lautsprecher, dem diese Kraft nicht genügt, gibt es nicht. Wir haben in unserem Test kleine Kompaktboxen angeschlossen – und waren beglückt. Aber auch großformatige Standboxen wie die 802 D3 von Bowers & Wilkins vermochte der 4T anzutreiben. In diesem Segment konnten wir nicht den Hauch einer Schwäche feststellen.
Doch was sind die Zugaben konkret? AVM hat die Phonostufe aufgewertet. Nun gibt es weitere Optionen für die Ausbeute der feinen Signale, bis ein Kiloohm hinauf.
Ganz laut plädieren wir für diesen Anschluss: Hier können selbst Skeptiker zu Vinyl- Fans erzogen werden; ein guter Plattenspieler sollte unbedingt diesen All- in- One flankieren. Der Vinylklang zeigte sich analytisch, hochdynamisch und un- gemein reich in den Informationen. So manche externe Phono- Stufe sah dagegen betagt aus.
Zugleich muss sich ein kommender Besitzer unbedingt mit den Streaming- Optionen ausein andersetzen. Ein WolfsonChip der neuesten Generation rastert im 4T. Natürlich haben wir ihn ausgiebig getestet: Das war fulminant, erreichte bei HiRes- Daten eine Aura der höchsten Entspannung und Feinzeichnung.
Noch ein Argument: AVM hat eine spannende Zugabe in das Paket gepackt – die RC 9 Fernbedienung mit Farbdisplay und Ladestation gehört zum Lieferumfang. Damit gelingt die Steuerung wunderbar, inklusive Cover- Anzeige. Wer es anders will, kann sich die maßgeschneiderte App auf sein Smartphone laden.
Das Angebot an nutzbarer Musik könnte kaum größer sein. Der 4T versteht sich auf Vinyl, auf CDs sowie auf das Streaming der eigenen Musiksammlung. Dazu gibt es noch weitere Optionen wie ein gewaltiges Angebot an Webradio- Stationen, plus die HiRes- Portale von Tidal und Qobuz.
Die Bedienungsanleitung ist mehr ein Buch als eine Papiersammlung. Noch eine Zugabe: Der 4T ist anders als der „ gemeine“2.2 im Farbton Titan erhältlich. Das ist ein Edelgrau, das die massive AluminiumHaut wunderbar zum Leuchten bringt. Doch damit nicht genug. Es gibt ein weiteres Plus: Der 4T kommuniziert auch per Bluetooth mit möglichen Musiklieferanten.
Und das alles unter einer Haube, dennoch wirkt das Design leicht: 34 Zentimeter genügen in der Breite. Wer alle Optionen zusammenzählt und sich vorstellt, diese Vielfalt würde in Einzelkomponenten verpackt, der käme auf einen Turm und eine stattliche Summe. Die der 4T unterbietet: 4990 Euro setzt AVM für den All- in- One an. Dafür muss man sparen, aber nicht hungern. Wir halten den Preis für mehr als fair. Weshalb auch der 4T gleich ein „ Highlight“von uns erhält.
Nirgends eine Härte
Als ultimative Testmusik streamten wir eine legendäre Aufnahme: Sir Georg Solti dirigiert Wagners „ Tannhäuser“. Die Decca- Bänder wurden ganz frisch in 24 Bit / 96 Kilohertz aufgelegt. Nie klang diese Referenzeinspielung besser. Schon die ersten Takte über den 4T beglückten uns: ein kleiner Kammermusiksatz der Holzblä- ser, eine elegische Melodie – und die perfekte Abgrenzung des Raums. Hier herrschte viel Analyse, im Räumlichen wie in der Obertoncharakteristik der Einzelinstrumente. Dann die Präsenz der Sängerstimmen: Wolframs „ Lied an den Abendstern“war zum Dahinschmelzen schön, ein warmer Bariton, eine klare Definition von Stimmbändern und Lunge – nirgends eine Härte, sondern feiner Samt. Schließlich das große Finale mit Chor und wuchtiger Dynamik.
Der 4T staffelte alles souverän, klangschön, informativ und im besten Sinne highendig. Unser „ Highlight“besteht auch vor den kritischsten Ohren. Andreas Günther ■