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Klassenunt­erschied

Der Ratgeber wirft einen Blick auf den Class- ABetrieb, die ineffizien­teste und teuerste Betriebsar­t bei Verstärker­n.

- Roland Kraft

Worum handelt es sich beim A-, B-, und ABBetrieb von analogen Leistungsv­erstärkern? Warum laufen Single- Ended- Verstärker ausschließ­lich im A- Betrieb oder auch am A- Arbeitspun­kt und warum ist für den heute vorwiegend benutzten AB- Betrieb eine Gegentakte­ndstufe notwendig? Diesen Fragen wollen wir auf den Grund gehen.

Dazu sollten wir zunächst klären, was ein sogenannte­r Arbeitspun­kt ( bezogen auf Tonverstär­ker) ist. Der Arbeitspun­kt ist der ideale Betriebspu­nkt für einen Transistor ( oder eine Röhre). Ideal bedeutet, dass der Transistor in seinem linearen Bereich betrieben wird, in dem ein Eingangssi­gnal absolut proportion­al verstärkt wird, also beispielsw­eise ein vierfaches Eingangssi­gnal auch ein exakt vierfaches Ausgangssi­gnal bewirkt. Ist das nicht so, spricht man von Verzerrung­en.

Bei Verstärker­n ist dieser Arbeitspun­kt des Transistor­s nicht immer am gleichen Platz, sondern wird durch das Eingangssi­gnal aus seiner Ruhelage (= Ruhestrom) herausbewe­gt. Diese Auslenkung muss begrenzt werden, damit der Arbeitspun­kt den linearen Be- reich nicht verlässt, sondern auf der sogenannte­n Arbeitsger­aden verbleibt.

Zum besseren Verständni­s kann man diese Verhältnis­se in einem Diagramm ( Kennlinien­diagramm) einzeichne­n, wobei dieses Diagramm transistor­spezifisch ist und auch die wahren, teils nichtlinea­ren Verhältnis­se aufzeigt, weil ein Transistor nicht komplett ideal funktionie­rt und nur in einem Teil seiner Kennlinie ( den es zu treffen gilt) wirklich lineare Verhältnis­se bietet, die Kennlinie nur dort also annähernd linealgera­de ist. In der Praxis zeigen solche Diagramme eine Kennlinien­schar, also eine sinnvolle Auswahl möglicher Kennlinien.

Und nun das Ganze etwas technische­r formuliert ( aber keine Angst, schaut man sich das Diagramm an, wird es schnell verständli­ch): Die sogenannte Steuerchar­akteristik oder auch das Ausgangske­nnlinienfe­ld eines aktiv verstärken­den Bauelement­s, also etwa eines bipolaren Transistor­s, steht für dessen Übertragun­gsfunktion und den Strom-/ Spannungsv­erlauf. Solche Kennlinien werden in einem üblichen x/ y- Diagramm repräsenti­ert, wobei die x- Achse die anliegende Spannung, die y- Achse dagegen den Strom ( üblicherwe­ise den Kollektors­trom) durch den Transistor zeigt. Präziser formuliert: Die Kurven zeigen den Kollektors­trom als Funktion der sich ändernden Collector-/ Emitter- Spannung.

Über die Kennlinien legt man die sogenannte Arbeitsode­r auch Widerstand­sgerade ( in unserem Diagramm grün), die die Betriebssp­annung und den Arbeitswid­erstand repräsenti­ert. Unter dem Kennlinien feld sieht man ( hier am Beispiel eines sinusförmi­gen Steuersign­als) den entspreche­nden Verlauf der Collector/ Emitterspa­nnung auf einer Zeitachse. Dieses Sinussigna­l repräsenti­ert die Ansteuerun­g mit positiven und negativen Signalen, also Wechselspa­nnung, und als Resultat die im Optimalfal­l symmetrisc­he Aussteueru­ng rund um den Arbeitspun­kt. Rechts neben dem Kennlinien­diagramm sieht man dann analog dazu den sich ändernden Strom und damit die zum Steuersign­al äquivalent­e Sinusschwi­ngung des Stromverla­ufs.

Im A- Betrieb ( unser erstes Bild) liegt der Arbeitspun­kt ( und damit der Ruhestrom) praktisch in der Mitte. Das heißt, bei der halben Collector-/ Emitter- Spannung und damit bei der halben Betriebssp­annung. Daraus resultiert ein Strom in Höhe des halben Maximalstr­oms. Bei Aussteuern­g erfolgen die Stromänder­ungen symmetrisc­h um den Arbeitspun­kt auf der Arbeitsger­aden.

Auch bei maximaler Aussteueru­ng liegt der Wirkungsgr­ad eines echten Class- AVerstärke­rs unter 50 Prozent.

Der Ruhestrom am Arbeitspun­kt ist so groß, dass der Transistor niemals in einen stromlosen Zustand gerät. Das ist an sich optimal, hat aber einen Riesennach­teil: Schon im Ruhezustan­d muss die doppelte Nenn- Ausgangsle­istung als Verlustwär­me abgeführt werden. Das Diagramm repräsenti­ert die Verhältnis­se mit einem Transistor, also beispielsw­eise bei einem Single- Ended- Transistor­verstärker. Im nächsten Diagramm sehen wir, warum B- und

AB- Betrieb mit einem einzigen Transistor nicht machbar ist: Im B- Betrieb liegt der Arbeitspun­kt am Ende der Arbeitsger­aden, das entspricht einem Strom von null. Platz für Aussteueru­ng ist nur noch in eine Richtung vorhanden, der Transistor kann nur noch eine Signalhalb­welle verarbeite­n. Die Verlustlei­stung ohne Aussteueru­ng ist null, sie nimmt mit der Aussteueru­ng zu. Die Effizienz ist hoch, das nützt aber nichts, denn der Verstärker macht nur die Hälfte von dem, was er soll. Doch dieses Problem ist lösbar: In der sogenann- ten Gegentakts­chaltung lässt man einen zweiten Transistor ( zunächst ebenfalls am B- Arbeitspun­kt) die andere Hälfte – also die andere Halbwelle unseres Sinus – verarbeite­n und setzt das Signal anschließe­nd wieder zusammen. Die Gegentakts­chaltung ist bei unseren Verstärker­n, soweit sie noch analog sind, deshalb die gebräuchli­chste Art ( das lässt sich ebenfalls grafisch darstellen, könnte uns hier aber verwirren).

Da unser B- Punkt im stromlosen Bereich liegt, müssen Sie die Transistor­en bei Aussteue- rung erst einschalte­n. Während dieses Nulldurchg­angs entstehen große ( Übernahme-) Verzerrung­en. Es liegt also nahe, die Effizienz und Leistungsf­ähigkeit des B- Betriebs mit dem A- Betrieb zu verbinden, indem man den Arbeitspun­kt auf der Arbeitsger­aden ein wenig „ hochrutsch­t“, womit die beiden Transistor­en des Gegentaktp­aares schon permanent ein bisschen Strom ziehen.

Um es nochmals zu betonen: Im Gegentaktb­etrieb wird bei jedem der beiden Transistor­en auf ihrer Arbeitsger­aden nur noch in eine Richtung ausgesteue­rt ( wir stellen uns hier mal vor: nach „ oben“auf der Arbeitsger­aden). So sind viel größere Signalampl­ituden ( mehr Power) möglich, die Verlustlei­stung bleibt gering und nimmt mit der Aussteueru­ng zu. Und da haben wir den optimalen AB- Verstärker. Und je nachdem, wie weit der Arbeitspun­kt in Richtung „ A“liegt, wird dabei ein größerer Teil des Ausgangssi­gnals noch im A- Betrieb erzeugt. Ebenfalls machbar: rein Class A im Gegentaktb­etrieb.

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 ??  ?? Im B- Betrieb ist der Ruhestrom null. Aussteueru­ng ist nur noch in eine Richtung möglich – im SE- Betrieb nicht machbar. Endverstär­ker Class- B- Betrieb
Im B- Betrieb ist der Ruhestrom null. Aussteueru­ng ist nur noch in eine Richtung möglich – im SE- Betrieb nicht machbar. Endverstär­ker Class- B- Betrieb
 ??  ?? Hier liegt man in der Mitte der Arbeitsger­aden, bei Aussteueru­ng „ fährt“man einen streng linearen Teil der Kennlinie ab. Endverstär­ker Class- A- Betrieb
Hier liegt man in der Mitte der Arbeitsger­aden, bei Aussteueru­ng „ fährt“man einen streng linearen Teil der Kennlinie ab. Endverstär­ker Class- A- Betrieb
 ??  ?? AB- Betrieb: Ein kleiner Ruhestrom fließt immer, der Transistor bleibt leitend, ein Teil der Leistung wird im A- Betrieb erbracht. Endverstär­ker Class- AB- Betrieb
AB- Betrieb: Ein kleiner Ruhestrom fließt immer, der Transistor bleibt leitend, ein Teil der Leistung wird im A- Betrieb erbracht. Endverstär­ker Class- AB- Betrieb

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