Bilder aus dem alten Russland
Mussorgskys Klavierzyklus „ Bilder einer Ausstellung“verdankt seine weltweite Popularität auch der Orchesterversion, die Maurice Ravel 1922 im Auftrag Serge Koussevitzkys anfertigte: Seither konnte sich keine weitere Bearbeitung daran messen. Jetzt aber, fast hundert Jahre später, hat das weltweit renommierte deutsche Fauré- Quartett diesen Evergreen in einer neuen Version für Klavierquartett eingespielt, die der Pianist des Ensembles, Dirk Mommertz mit seinem russischen Kollegen Grigory Gruzman eingerichtet hat. Den beiden ist ein echter, wirklich überzeugender Coup von enormer Intensität gelungen, der dem arg strapazierten Opus ganz neue, starke, authentisch anmutende Profile abtrotzt, die eine wieder auf die russischen Wurzeln des Werks zielende Lesart kultivieren und sich so klar und entschieden von Ravels französischem Klangzauber absetzen. Durch ihre betont energische, ja geradezu dramatische Interpretation unterstreichen die vier Top- Musiker die Absicht der Bearbeiter, den dunkel- bodenständigen, herben Charakter und die Modernität des Originals auf das um drei Streicher erweiterte Klangspektrum zu übertragen, und so erfährt Mussorgskys Klaviersatz hier eine märchenhaft- verwunschene, fast gespenstische Verdichtung. Man spürt jetzt die dunklen Zau- berkräfte alter russischer Mythen. 1929 beauftrage Koussevitzky auch den italienischen Komponisten Ottorino Respighi, einige Études- Tableaux Rachmaninows zu orchestrieren. Diese mit programmatischen Titeln versehene Orchestersuite hat das Fauré- Quartett ähnlich ausdrucksstark und klanglich geschärft zu einem Klavierquartett gebündelt, und so erlebt man die fünf ausgewählten Stücke aus Opus 33 und 39 in ungewohnter Farbenpracht: Auch hier gewinnen deren russische Charaktere und Stimmungen plastische Bildkraft und dramatische Kontur.