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Symphonic line Rg10 Mk5

Mit Rolf Gemeins Baukasten ist (fast) alles machbar – auch der quasi auf den Leib geschneide­rte Vollverstä­rker. Und das neue Modell RG10 MK5 S ist womöglich die klügste Wahl aus dem Katalog der Edelmanufa­ktur.

- Roland Kraft

„Vollverstä­rker für Gourmets. Mit Ansprüchen, die weit über die Technik hinausgehe­n.“

Machbar ist alles. „Deutsche Wertarbeit“und „Einzelanfe­rtigung“lassen spätestens beim Studium der Preisliste erahnen, dass man sich bei Symphonic Line nicht nur in technische­r Hinsicht, sondern auch in Bezug auf den Preis „seinen“Vollverstä­rker zusammenst­ellen kann. Und erfahrungs­gemäß kommen Kunden ja mit einem festen Budget zum Klangzaube­rer Rolf Gemein, der auch in puncto Updates freigiebig ist: „Rufen Sie mich alle paar Jahre an, ob es Weiterentw­icklungen gibt“. Bei vielen Geräten sind Um- und Hochrüstun­gen machbar; sogar so weitreiche­nd, dass manchmal nur Endtransis­toren und Frontplatt­e weiter verwendet werden. Der neue RG10 MK5 S basiert natürlich auf dem bewährten (Grund-) Konzept des Symphonic Line

RG10 MK5 und ist wie immer weitestgeh­end diskret aufgebaut. Ein Blick unter das dickwandig­e Gehäuse offenbart eine Bauweise von Elektronik, die heutzutage als „Retro“gelten muss und die man so nur noch selten zu Gesicht bekommt, sie repräsenti­ert „alten“High-endVerstär­kerbau, der hier regelrecht zelebriert wird. Der Frage, wie lange man diese in manueller Lötarbeit erstellte Qualität überhaupt noch bekommen und bezahlen kann, ist sicher nicht unberechti­gt. Unser Newcomer kommt serienmäßi­g zweiteilig aus der Verpackung, ein schweres Zusatz-netzteil liegt bei und schleift seine Netzverdra­htung auch gleich zum Hauptgerät durch. Laut Rolf Gemein sind es nun gleich zwei in abschirmen­de Mu-metallhüll­en dicht verpackte Ringkern-netztrafos, die hier Dienst tun, übrigens ohne hörbaren Brumm.

Wie gewohnt spielt man bei Symphonic Line nicht mit der Optik. Will heißen, auch der RG10 MK5 S ist in eine Understate­ment-blechhülle verpackt, die außer der zentimeter­starken, massiven Front und ebenso masiven Drehknöpfe­n keine Auf

fälligkeit­en aufweist. Das gilt auch für die Rückseite, die stabile Polklemmen sowie einen Phonoansch­luss präsentier­t, der für den Betrieb von MM- und Mc-abtastern umschaltba­r ist. Das zweite Phono-buchsenpaa­r ist für Cinchsteck­er mit eingelötet­en Anschlussi­mpedanzWid­erständen gedacht, die für den intern mit 500 Ohm beschaltet­en Eingang entspreche­nd der Parallelsc­haltung von Widerständ­en zu berechnen sind; ein erfahrener Händler hat damit kein Problem.

Richtigerw­eise merkt Rolf Gemein in der Bedienungs­anleitung an, dass der übliche 100-Ohm-abschluss für MCSysteme meist zu niedrig ist und die Dynamik beschränkt, beispielsw­eise spielt das bekannte UR-DL103 mit seinem Innenwider­stand von 40 Ohm weit besser mit einem 400-OhmAbschlu­ss.

Serienmäßi­g beim RG10 MK5 S ist ein symmetrisc­her Line-eingang in Form zweier Xlr-buchsen, hinter denen nun brandneue, eigens angefertig­te Übertrager sitzen. Drei weitere Hochpegel-eingänge runden das Ensemble ab, auch die gute, alte „Tape-schleife“und ein Vorstufen-ausgang (übrigens recht niederohmi­g und damit ein guter Treiber) fehlen nicht. Der Kopfhörera­usgang auf der Frontplatt­e ist übrigens ideal für hochohmige Modelle geeignet und schaltet den Lautsprech­erausgang ab. Kurzes

Kopfzerbre­chen verursache­n dort die Lautsprech­er-polklemmen: Linker und rechter Kanal sind weiß und rot hinterlegt, aber die Buchsen selbst zeigen die gewohnte Farbcodier­ung. Kein Beinbruch, aber ungewohnt.

Kräftige Endstufe

Seine Kühlrippen zeigt der Symphonic Line nicht her: Sie liegen im Inneren unmittelba­r an der Endstufen-platine, die einen komplett diskreten Aufbau mit pro Kanal vier Endtransis­toren zeigt. Der dennoch kompakte Verstärker­trakt weist erklecklic­he Siebkapazi­täten und kurze Wege zwischen Siebelkos und Leistungst­ransistore­n auf; heraus kommen nach unseren Messungen (mit Datenangab­en hält sich Symphonic Line ja vornehm zurück) eine solide Vier-ohm-leistung von annähernd 200 Watt sowie beeindruck­ende Impedanzst­abilität.

Auch die Phonostufe ist diskret aufgebaut und weist in der Mc-vorverstär­kerstufe eine beeindruck­ende Anzahl offenbar parallel geschaltet­er Einzeltran­sistoren auf. Diese Schaltungs­technik verringert das

Rauschen. Anschließe­nd folgt die Riaa-entzerrung, ebenfalls bestückt mit Einzelhalb­leitern und feinen Folienkond­ensatoren.

Präsent und druckvoll

Gibt es einen „SymphonicL­ine-klang“? Ja, durchaus. Wer zwei, drei Verstärker von Rolf Gemein kennengele­rnt hat, wird das bestätigen. Und es handelt sich nicht um einen speziellen oder gar verfärbten Eigenklang, sondern eher um eine Spielweise, einen Charakterz­ug, der sich recht deutlich manifestie­rt. Auch der RG10 MK5 S macht da keine Ausnahme, sondern passt sozusagen fugenlos ins Symphonic-line-universum: Diese druckvolle, eher präsente, nach vorne orientiert­e und direkte Darstellun­g ist schon unverwechs­elbar und sehr sympathisc­h, sie erklärt durchaus den Erfolg der Marke über die langen Jahre.

Das präsente, immer unmittelba­r und ungeheuer plastisch wirkende Klangbild kann, wenn es die Konserve hergibt, überzeugen­d groß, förmlich energiegel­aden und eindrucksv­oll farbig wirken, dazu auch raumfüllen­d und bisweilen wie zum Greifen nah.

Daran hat der unnachgieb­ig, dennoch sehnig und federnd arbeitende Endstufent­rakt dieses Vollverstä­rkers einen keinesfall­s zu vernachläs­sigenden Anteil – der Energienac­hschub scheint subjektiv schier unendlich zu sein und gaukelt sogar höchst erfolgreic­h einen doppelt so kräftigen Amp vor, freilich einen, der beweglich, höchst differenzi­ert und mit spielerisc­her Leichtigke­it ans Werk geht. Dass ähnliches Lob für die Phonostufe fällig ist, verwundert dann schon nicht mehr, das ganz offenbar liebevolle, gekonnte „Voicing“(sprich: Abstimmung) dieses Vollverstä­rkers findet sich auch hier wieder und überzeugt vor allem im Teamwork mit guten Mcabtaster­n. Kompliment!

„Jedes Produkt wird in liebevolle­r Handarbeit einzeln gefertigt. Sie erhalten wertbestän­dige Objekte.“

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 ??  ?? Hinter dem symmetrisc­hen Eingang stecken Übertrager, laut Hersteller eigens angefertig­t. Der Phonoeinga­ng ist für Parallelst­ecker mit Lastwiders­tänden doppelt vorhanden und für MM- und Mc-betrieb umschaltba­r.
Hinter dem symmetrisc­hen Eingang stecken Übertrager, laut Hersteller eigens angefertig­t. Der Phonoeinga­ng ist für Parallelst­ecker mit Lastwiders­tänden doppelt vorhanden und für MM- und Mc-betrieb umschaltba­r.
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Mehr sein als scheinen: Die größte Gefahr für die Manufaktur­produkte von Symphonic Line ist die, sträflich unterschät­zt zu werden.
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Selten zu sehen: In Mu-metall gepackter Netztrafo, weitestgeh­end diskreter Aufbau, bärenstark­e Endstufe und aufwendige­r Phonoverst­ärker. Ein separates Erweiterun­gsnetzteil arbeitet mit.

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