Ratgeber: Audiophile Disziplinen
Nach welchen Kriterien beurteilt man Klangqualität im Hörtest? stereoplay startet eine neue Ratgeberserie. Teil zwei, passend zu den Punktstrahlern: die Grundlagen des räumlichen Hörens, Ortbarkeit und Tiefenstaffelung.
Teil zwei unserer Serie beleuchtet passend zum Punktstrahler-test die Grundlagen des räumlichen Hörens, Ortbarkeit und Tiefenstaffelung
Nach positiven Resonanzen zur Ratgeberserie rund um die audiophilen Disziplinen setzen wir diese nunmehr mit Teil zwei fort. Das räumliche Hören mit den Hauptaspekten Ortbarkeit und Räumlichkeit ist zwar hochgradig von der Raumakustik abhängig, aber auch die Boxenqualität ist entscheidend.
Hören, getrennt urteilen
Sinn macht es immer, die „fünf audiophilen Disziplinen“getrennt voneinander im Hörtest zu beurteilen, besonders bei Abbildungsaspekten sollte man ferner die verwendeten Tonaufnahmen so gut wie möglich kennen und idealerweise auf einer annähernd perfekten Studioumgebung gehört haben.
Neben der Klärung der Begrifflichkeiten gibt es noch praktische Beispiele: Für anspruchsvolle Tonträger, mit denen man das jeweilige Kriterium besonders gut herauskitzelt, und für getestete Boxen, die sich hier besonders hervorgetan haben.
Der vielleicht faszinierendste Aspekt der Hifi-wiedergabe ist die Illusion eines dreidimensionalen Klangbildes. Doch wie können wir ganze Räume hören, einzelne Schallquellen orten und Raumtiefe hören, obwohl die klassische Stereophonie nur mit zwei Lautsprechern arbeitet?
So funktioniert Stereo
Die Fähigkeiten des menschlichen Gehörs zur Ortung einer Schallquelle und zum „Erhören“der räumlichen Umgebung sind erstaunlich. Sie basieren im Wesentlichen auf zwei Effekten: Zum einen des Laufzeiteffektes, denn unser Gehirn kann die Laufzeitunterschiede des Schalls zwischen linkem und rechtem Ohr bis auf wenige Mikrosekunden genau auswerten und damit auf 2 Grad genau peilen, aus welcher horizontalen Richtung ein Schallereignis stammt.
Zum anderen werden aber auch Pegel und Frequenzgang durch unseren Kopf und die seitliche Lage der Ohren beeinflusst, womit der Gehörsinn Rückschlüsse auf die Richtung des einfallenden Schalles zieht. Beides funktioniert auch mit lediglich zwei Lautsprechern, allein aufgrund des Pegel- und/ oder Laufzeitunterschiedes.
Auch die Größe und Beschaffenheit des Raumes kann das Gehör anhand der Hallmuster berechnen, und das funktioniert ebenso wie das Gefühl relativer Entfernung auch über die Zweikanalwiedergabe, sofern genug Hallinformationen auf der Aufnahme gespeichert sind.
Viele Dimensionen
Einzelaspekte der Abbildungsqualität sind nicht immer einfach zu beschreiben: Da ist zunächst die Ortungsgenauigkeit, die besagt, wie genau und stabil eine Schallquelle zwischen den Boxen geortet werden kann, auch wenn sich ihre Frequenzverteilung ändert oder andere Schallquellen danebenstehen. Dass dies überhaupt möglich ist, ist dem psychoakustischen Prinzip der Phantomschallquellortung geschuldet. Eng verknüpft damit ist die Breitenstaffelung, die die Winkelverteilung vieler nebeneinander abgebildeter Instrumente beschreibt und damit letztlich auch die Bühnenbreite.
Auf der anderen Seite des Komplexes, der im Englischen auch als „Staging“bezeichnet wird, sind alle Phänomene der Räumlichkeit. Sie besagen, wie groß, tief und plausibel ein virtueller Raumeindruck entsteht, der idealerweise demjenigen auf der Aufnahme gespeicherten entspricht. Neben der Raumgröße zählt dabei auch die Tiefenstaffelung, die besagt, ob die gefühlte unterschiedliche Entfernung der abgebildeten
Instrumente zum Hörer in korrektem Verhältnis zueinander stehen.
Räumlichkeit und Ortungsschärfe stehen dabei in einem Konkurrenzumfeld, eine perfekt scharfe Stimmortung geht oft mit einer flachen Räumlichkeit einher und eine sehr breite/weite Raumdarstellung wiederum gebietet oft auch Abstriche bei der Ortungsgenauigkeit einzelner Schallquellen.
Je besser eine Anlage beides in Einklang bringen kann, was auch die Einbettung von Stimmen in den umgebenden Raum und die Projektion der Abbildungsebene je nach Aufnahme leicht vor oder hinter den Lautsprechern einschließt, desto besser ist die Abbildung insgesamt.