Dialoge eines fiktiven Liebespaars
Die heute als „Klarinettenkonzert“in A bekannte letzte Konzertarbeit Mozarts vom Oktober 1791 ist ursprünglich nicht für die normale A-klarinette, sondern für ein etwas größeres Instrument, die sogenannte Bassettklarinette komponiert worden, die der Adressat des Werks, der Wiener Klarinettist Anton Stadler damals gemeinsam mit dem Klarinettenbauer Theodor Lotz konstruierte. Die Bassettklarinette reicht vier Halbtöne tiefer herab als die A-klarinette, und verleiht dem Instrument ein dunkleres, geheimnisvolles Timbre.
Trotzdem haben die Klarinettisten dieses Gipfelwerk längst für sich annektiert. Die mächtige Katalog-konkurrenz scheint den 39-jährigen Franzosen Julien Hervé aber nicht weiter zu belasten, denn er schafft es mit spielerischer Leichtigkeit und in einer seltenen Kombination aus lockerer Unbekümmertheit und hochkonzentrierter Sensibilität, das zutiefst menschliche Wesen dieses einzigartigen Meisterwerks, seine Zärtlichkeit und Innerlichkeit, zum Glänzen zu bringen, und uns so das Mysterium des späten Mozarts in all seiner Entrücktheit, Melancholie und Schönheit neu erleben zu lassen. Durch den Einsatz der Bassettklarinette wird auch die klangliche Disposition des Soloinstruments plausibler: denn es wechselt ja durchaus opernhaft ständig die Stimmlagen zwischen Sopran und Bariton, und kreiert den zärtlichenwortwechsel eines fiktiven Liebespaars. Für das pulsierende dramatische Fundament dieses ätherischen Abschieds sorgt das wunderbar mitfühlende, mitatmende Rotterdam Philharmonic unter dem Spanier Gustavo Gimeno.
Der geradezu anrührende Zauber des Konzerts findet seine kammermusikalisch-gebündelte Fortsetzung in der ähnlich intensiven, geradezu körperhaft plastischen Deutung des Klarinettenquintetts, bei dem Hervé von vier exzellenten Streichersolisten unterstützt wird.