Genelec 8361 a
Genelec ergänzt seine Punktstrahler um ein Spitzenmodell. Das verbirgt die Bässe hinter einer Schallwand aus Metallguss und seinen hornähnlichen Sound, überbordende Dynamik und Bassgewalten hinter einem nüchternen Studiomonitor-outfit.
Seit vor 5 Jahren mit der 8351 der erste Vertreter von Genelecs aktiver 3-Wege-punktstrahler-serie den stereoplay-hörraum erreichte, waren sich viele Redakteure einig: Dieses Bauprinzip ist aus theoretischer Sicht nahe am Optimum, dementsprechend euphorisch gerieten auch die Kommentare zur Performance.
Die Grundidee: Hochtöner und Mitteltöner bilden eine koaxiale, zentrale Punktstrahlereinheit, wobei der Konus des letztgenannten naht- und kantenlos in die Schallwand übergeht. Die Bässe nehmen hinter dieser gigantischen AluKonstruktion Platz und – voilà – alle Schallanteile kommen für das menschliche Gehör aus demselben akustischen Zentrum.
More Power does matter
Dass diese Philosophie unter dem Namen „The Ones“nun um ein Spitzenmodell erweitert wurde, war weniger auf Betreiben der Hifi-fans zurückzuführen: Eher die Studioprofis unter den GenelecNutzern wünschten sich eine Variante für noch größere Regieräume und Hörabstände, die sich dank Uniformität in Schallerzeugung und -abstrahlung auch mit kleineren Modellen in einem SurroundUmfeld problemlos kombineren lässt.
Bei der neuen 8361 kommen nicht nur ein Paar neue, annähernd rechteckige Tieftöner im Format 14x26 cm hinter der zentralen Aluschallwand zum Einsatz, was an
nähernd einer Verdoppelung der effektiven Schwingfläche im Vergleich zu den kleineren Modellen entspricht. Die beiden, die auf jeweils eine Art Druckkammer oben und unten spielen und nur per Schlitz ihre Schallanteile nach außen schicken, werden mit gigantischen 700 Watt von einer Schaltendstufe angetrieben. Ein rückwärtig endendes, mehrfach im Gehäuse verschlungenes Reflexrohr unterstützt die beiden indirekt im Bereich unter 55 Hz. Ungewöhnlich hoch fällt für diese Konstruktion die Trennfrequenz von 320 Hz aus, doch dank der d’apolitoanordnung, gern auch als virtuelle Punktschallquelle bezeichnet, soll die Mischung mit dem Schall des zentralen Punktstrahlers dennoch harmonisch ausfallen.
Koax mit Führung
Dessen nur 13 cm durchmessende Konusmembran ist auch indirekt der Grund für die hohe Trennfrequenz. Denn allzu große Bewegungen des Konus sollen vermieden werden, und die innen und außen angeflanschten, vollkommen flachen Sicken sind dafür auch gar nicht aufgelegt. Denn der Konus ist zugleich Waveguide für den Schall der zentral angeordneten Hochtonkalotte, einer 25mmaluMembran. Die Form des inneren Waveguides setzt sich nach außen in der gigantischen AluSchallwand fort, die die Schwingungsausbreitung mit steigender Frequenz zunehmend enger fokussiert und dabei jegliche Tendenz zu Kantenreflexionen und sonstigem Unbill unterdrückt, was Genelec mit der Bezeichnung „Minimum Diffraction“betont.
Beide Töner werden ebenfalls von jeweils 150 Watt starken Schaltendstufen angetrieben. Eine komplexe DSPWEIche trennt die Frequenzwege bei 2800 Hz auf, wobei zeitkorrigierende Phasenfilter die Schallanteile aller drei Wege auf die perfekt identische Zeitebene bringen.
Jetzt geht’s ab!
Fanta4’s „Unplugged“gilt als Lackmustest für den Tieftonbereich, erreicht diese Aufnahme doch nur mit hervorragendem Tiefgang, Ausgewogenheit und genau richtigem Impulsverhalten ihre rhythmische Wirkung eines rein mit akustischen Instrumenten knallenden Grooves. Ein Heimspiel für die aktive Studiobox mit Leistung satt? Ja und Nein. Beeindruckend war die Direktheit, das unmittelbare
und aberwitzig dynamische Impulsverhalten von Schlagzeug und Percussion.
Die Genelec gab den Hörern das Gefühl, in der ersten Reihe des Konzerts zu sitzen und jeden Hauch jedes Sprechsängers ins Mikrofon direkt vor die Ohren serviert zu bekommen. Doch so anmachend und durchdringend die satten Beats waren, je lauter die Tester den Regler wandern ließen, umso deutlicher kam auch das typische Feeling bei größeren beschallten Konzerten auf: Der Tiefbass geriet durchdringend, aber auch zu dominant und sandte eine nicht enden wollende Luftwelle mit jedem Bassdrumund Tommelschlag mit. Perfekt für Großkonzertliebhaber, weniger ansprechend für feinsinnige Bassliebhaber.
Das war bei Helmut Hattlers Bass auf „Fine Days“dann an Volumen untenrum eindeutig zu viel des Guten, sodass die
Tester den Pegel der beiden Boxen um -2 bzw. -4db reduzierten. Bei dieser Liveaufnahme verband sie die anspringende Lebendigkeit eines Vollbereichshorns mit feinster Detaildarstellung und einem schier endlosen Druck im Bass, als säßen die staunenden Hörer direkt neben Hattlers Bassverstärker.
Irrwitzige Dynamik
Das Klavierkonzert von Gershwin (Kirill Gerstein) sorgte ebenso für staunende Gesichtern – diese irrwitzige Anschlagdynamik, das rhythmisch Rasante im Solopart erinnerte mehr an eine Freejazz-improvisation in einem kleinen Club mit entsprechender elektronischer Verstärkung. Vielleicht auch an eine historische Hornkombination. Währenddessen trat das Orchester, fein ziseliert und ohne jegliche Schärfe durchhörbar, räumlich stark in den Hintergrund und untermalte den Solisten eher dezent. Diese schon ins Extreme gesteigerte Tiefenstaffelung sorgte für verblüffende Effekte, diente aber auch wegen des etwas massigen Tieftonfundamentes nicht immer dem rhythmischen Zusammenhalt.
Zum Ausgang tat die Genelec noch einmal das, was sie am besten kann: rocken! Queens „Hungarian Rhapsody“profitierte vom voluminöseren Tiefbass und verführte angesichts der plastischen, völlig stressfreien Höhenwiedergabe zu immer unvernünftigeren Pegeln. Dabei vermittelte die 8361A immer das Gefühl, hier wirklich live Teil des Geschehens zu sein. Ein Studiomonitor, der monitorhafte Transparenz mit den dynamischen Genen einer horngeladenen PA kombiniert. Mehr Druck und Spaß für Rock, Pop und Metal geht kaum.