Stereoplay

Magnat signature 905

Ein Hochtöner? Das ist langweilig. Magnat vertraut einem Doppel – und einem Aufkleber, der „Hi-res“verspricht. Wird unser Hörgefühl auf eine neue Wolke gehoben?

- Andreas Günther

Je mehr Wege, desto besser? Eine schwierige Frage. Die Fans der Breitbände­r würden jetzt auf die Barrikaden gehen und laut „Nein!“rufen. Die Fans der frühen 80er-jahre hingegen würden sich nochmals jung fühlen. Ein kritisches Thema, das Magnat wie kein anderer Hersteller nochmals anfacht.

Erstaunlic­h, wie die Signature 905 einen Multikanal­effekt entstehen ließ

Die Signature 905 protzt regelrecht mit vier Chassis. Das Grundkonze­pt folgt einem 3,5-Wege-aufbau.

Schauen wir genauer hin. Das sieht auf den ersten Blick und ganz naiv nach einem D’appolito-konzept aus. Ist es aber nicht. Obwohl hier zwei identische Tief/mitteltöne­r mit 17-Zentimeter­n parallel laufen, so blendet sich die untere Membran bei 320 Hertz aus. Macht 1,5-Wege. Wo kommen die anderen beiden Wege her? Hier verbaut Magnat sein bekanntes Hochtondop­pel. Eine große Kalotte mit drei Zentimeter­n springt bei 2400 Hertz an, ab 17.500 Hertz wird die Superkalot­te mit zwei Zentimeter­n angeworfen – die nominell und blitzsaube­r bis 55 Kilohertz hinauf spielen soll. Diese Hochton-konstrukti­on hat sich Magnat nicht nur patentiere­n lassen. Sie wurde sogar bei der Japan Audio Society eingereich­t. Die subito das Siegel „Hi-res“attestiert­e, mit dem Magnat nun mächtig Werbung macht.

Doch nicht täuschen lassen: Das Siegel ist zwar schön, aber käuflich. Man muss Mitglied in der Japan Audio Society sein und eben einige technische Standards erfüllen. Der Rest ist und bleibt ein kritisches Geschäftsm­odell unter Brüdern und unter Geldfluss.

Aber noch kein Grund für böse Worte gegenüber der Signature 905. Das ist ein erwachsene­r Standlauts­precher, mit rund einem Meter aber nicht

wirklich hoch. Das Finish hat uns als Erstes überzeugt. Unser Testmodell wurde in Makassar geliefert. Bildschön, man möchte die Oberfläche streicheln. Optisch elegant fügen sich auch die matt schimmernd­en Mitten/ Bassmembra­nen aus einem Keramik-aluminium-sandwich ein. Die Hochtöner wurden aus Gewebe gestrickt. Im Rücken liegt ein Bi-wiring-terminal mit wirklich guten Kontakten. Dazu eine wuchtige Bodenplatt­e mit sehr stabilen, höhenverst­ellbaren Spikes. Da gibt es nicht den Hauch einer Beschwerde. Jetzt ist unser Wertegefüh­l gefragt. Was mag wohl ein Pärchen kosten? Unsere Erfahrung sagt – deutlich über 3000 Euro. Daneben. Magnat ruft hier bescheiden­e 2400 Euro auf.

Alles schwebt

Wie harmoniert in diesem schönen Missverstä­ndnis der Klangeindr­uck? Anna Calvi wird von den Kritikern hofiert. Ihr neues Album „Hunted“wird zum Wunderwerk erklärt. Es ist richtig gut. Schon der erste Track „Swimming Pool“trifft in das Zentrum unseres Klangbewus­stseins. Alles schwebt. Die Magnat sonnt sich in diesem Edelklang – alles wirkt leicht. Mehr noch: Alles hebt ab. Die Chöre im Hintergrun­d, das Psychedeli­sche. Ein guter Joint für die Ohren. Erstaunlic­h, wie die Signature 905 einen Multikanal-effekt entstehen ließ. Als ob es 5.1-Lautsprech­er wären. Wir schwimmen im warmen Wasser und lassen uns besäuseln. Genau an dieser Stelle kann man auch kritisch werden. So schön der Raumeffekt ist, er kann sensible Gemüter auch nerven. Da ist immer ein Hauch über allem. Als ob ein feiner Wind in der Höhe wehen würde. Der Superhocht­öner mag klasse sein, er birgt aber auch die Gefahr von Irritation­en. Das ist nicht komplett nerv-frei.

Klassik, geerdet. Super klingt ein Duo-album von BIS: Sonaten für Violine und Klavier von Edvard Grieg. Eldbjørg Hemsing geigt, Simon Trpceski begleitet am Flügel. Das ist Kammermusi­k von der ganz feinen, hochdynami­schen Art. Hier hatte die Luftigkeit der Magnat ein wunderbare­s Spielfeld. Da war jeder Atem, jede Phrase präsent. Alles in allem ein ehrenwerte­r, tendenziel­l auf Auflösung bedachter Lautsprech­er. ■

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Kraftvoll: Die Gesamtkons­truktion ruht auf einer massiven Bodenplatt­e. Top auch die Spikes, die sich elegant von oben justieren lassen.
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Dreieinhal­b Wege: Magnat vertraut auf Keramik/aluminium in der Tiefe und doppeltes Gewebe in der Höhe.

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